Willkommen in der virtuellen Welt in Rot

Dieser Blog dient mehrerer Funktionen:
Einerseits um mit mir selbst ins Reine zu kommen, andererseits um interessierte Leser an den wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx und Friedrich Engels heranzuführen.
Neben ideologischen Fragen werden hier bei Bedarf auch Themen aus der Alltagspolitik versucht darzustellen.

Freitag, 17. Dezember 2010

Weihnachtslied - chemisch gereinigt

Jedes Jahr ein Muss: Erich Kästners Interpretation der Weihnachtszeit und dessen Hinweis, dass "das Fest der Freude und der Liebe" nicht für alle Glück und Frieden bedeutet. Denn selbst an Heiligabend herrscht nicht überall der materielle Überfluss, den die meisten Gymnasiasten gewohnt zu sein scheinen. Geschrieben wurde es um 1928.


"Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man's bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist's noch nicht so weit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bißchen durch die Straßen!
Dort gibt's Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
Macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengrün mit Osrambirnen -
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
Denn im Ofen fehlt's an Holz!
Stille Nacht und heil'ge Nacht -
Weint, wenn's geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt für's Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!"

Sonntag, 12. Dezember 2010

Das Ende der Weimarer Republik - Eine persönliche Analyse

Für das Scheitern der Weimarer Republik, der ersten staatlich organisierten parlamentarischen Demokratie auf deutschen Boden, scheint es auf den ersten Blick mehrere Anlässe zu geben, welche der Historiker Eberhard Kolb zieltreffend auflistet. Dazu gehören autoritär-preußische Traditionen, republikferne Beamten, die Bürde der Kriegsschuld, außenpolitische Probleme, ökonomische Instabilität, Führersehnsucht und soziale Missstände. Abschließend erklärt Kolb, dass man seine Aneinanderreihung von „Ursachen“ noch verschieden gewichten müsste, um auf die Antwort zu kommen.
Wesentlich schlimmer fällt die Analyse von Hagen Schulze aus, welcher das Scheitern allein an das Denken und den Einstellungen der damaligen Menschen festmacht. Das Bewusstsein wäre nicht demokratiefähig gewesen, Verantwortliche hätten schlichtweg „falsch gedacht und deshalb falsch gehandelt“. Diese durchweg idealistische Auffassung hätte er auch mit dem bekannten Filmzitat von Forrest Gump zusammenfassen können: „Dumm ist, wer dummes tut.“ Ungeklärt bleibt hier die Frage, wieso die Menschen falsche Einstellungen zur Weimarer Republik hatten, woraus diese erwachsen sind und inwiefern der Lauf der Geschichte durch einzelne Bewusstseinsänderungen aufgehalten werden sollten.
Heinrich Winkler beginnt seine Analyse überzeugend, konzentriert sich letztlich aber zu sehr auf den Rechtsrutsch der bürgerlichen Parteien in der Endphase der Weimarer Republik, was eher als Sympton des Scheiterns anzusehen ist und nicht als Ursache.

Jeder der drei unterschiedlichen Analysen lassen meines Erachtens einen wichtigen Punkt viel zu unberücksichtigt: Die Gefahr für die Weimarer Republik, ausgehend von der KPD und dem Proletariat. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Etablierung des revolutionären Proletariats in der gesellschaftlichen wie politischen Mitte und dem Erstarken des Faschismus.
So unterschiedliche politische Ziele die Pro-Parteien der Weimarer Republik hatten (von der SPD, die den Sozialstaat ausbauen wollte, bis hin zur DNVP, welche die Rückkehr des Kaisers forderte), es herrschte ein breiter Konsens in ökonomischen Fragen: der Privatbesitz an Produktionsmitteln wurde nicht in Frage gestellt, das kapitalistische Wirtschaftssystem galt als alternativlos. Nun aber gab es eine neue Partei, die KPD, welche die ökonomische Hegemonie der Kapitalisten beenden und die Produktionsmittel in gesellschaftliches /staatliches Eigentum überführen wollte. Das hätte tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen bedeutet, welche den Interessen der Arbeitgeber logischerweise im Widerspruch standen. Bedingt durch die Entstehung der Sowjetunion im Osten war die Gefahr einer kommunistischen Revolution in Deutschland permanent, und die Kapitalisten sahen sich Existenzängsten ausgesetzt. Der erste Versuch dieser Revolution scheiterte im Spätherbst/Winter 1918/1919, als dessen Folge entstand die Weimarer Republik, welche die Herrschaft des Bürgertums vorerst sicherte. Gegen Ende der Republik wurde die Kampfstärke und die Mandatsanzahl der KPD immer höher, 1932 wurde die KPD in Berlin sogar stärkste Partei. Nach der Rettung in die bürgerliche Demokratie suchten die Kapitalisten nun ihr Heil im Faschismus, welcher stets versprach, die kommunistische Pest mit Stumpf und Stiel ausrotten zu wollen. Hitler und die NSDAP wurden massiv von der Großindustrie finanziell unterstützt, ein Großteil der deutschen Medien betrieb antikommunistische und rechtsorientierte Hetze (als Beispiel dient Hugenberg, welcher als Großindustrieller ein riesiges Pressekonzern besaß und selbst aktiv in Politik und öffentliche Meinungsbildung mitarbeitete).
Der Faschismus ist also der letzte Fluchtort des Kapitalismus, ein Wirtschaftssystem, was schlichtweg nichtmehr in der Lage war, seine Stellung durch das Instrument der parlamentarischen Demokratie zu verteidigen.
Der Sieg des Faschismus sollte zudem ein Kreuzzug gegen die Sowjetunion werden, um die rote Gefahr aus dem Osten zu bannen – wie es Hitler bereits 1925 unverholen verkündete.

Eine zweite wichtige Ursache für das Scheitern waren die Symphatien des Kleinbürgertums für den Faschismus. Dieses befürchtete stets, im Klassenkampf zwischen Arbeiter- und Kapitalistenklasse zerrieben zu werden. Das Kleinbürgertum und die Mittelschicht entwickelten eine massive Angst vor der Arbeiterklasse und einem Sozialismus, der ihren sozialen Abstieg bedeuten würde. Gleichsam besaß das Kleinbürgertum aber auch eine Abneigung gegen den Kapitalismus, was sich in eine pseudo-antikapitalistische, nationalsozialistische Ideologie ausartete. Sie befürworteten den Antisemitismus als den „Sozialismus der Dummen“ (August Bebel) und liefen dem Faschismus so in die Arme.

Als Ursache Nummer drei sehe ich die in den 20er Jahren enorm gesteigerte technische Revolution. Es gab Erfindungen und Neuerungen ungeheuren Ausmaßes, die Gesellschaft wurde morderner (Radio, Kino, elektrischer Strom, Flugzeuge). Doch die Gesellschaft hatte keine Möglichkeit, diesen Fortschritt zu verdauen, ihr wurde ja stetig das Streben nach traditionellen und vergangenen Werten gelehrt. Preußische Tugenden aus dem 18. und 19. Jahrhundert, Gottesfurcht und militärische Disziplin etc. waren Werte, die nichtmehr mit der Modernität einhergingen. Materielle Modernität traf auf geistige Antimodernität. Es verwundert daher nicht, dass die Menschen nach einer Gesellschaftsform wie dem Faschismus strebten, welcher konsequent die Werte von 1789 verneinte und den liberalen Grundgedanken bekämpfte. Die kapitalistische Zivilisation erbrach so 1933 die unverdaute Barbarei.

Die Entwicklung in der Weimarer Zeit verlief nicht unvorhergesehen, abrupt oder plötzlich. Die Tendenzen zum Rechtsruck der bürgerlichen Parteien und das Erstarken der NSDAP waren vorangekündigt. Der 30.Januar 1933 war Folge des Scheiterns der Novemberrevolution von 1918, nichts als die Vollendung eines Kreislaufes. Die SPD bekämpfte die Aufstände der Arbeiter und schlug die Revolution nieder. Die Macht ging von der Arbeiterklasse an das Bürgertum zurück. Die SPD eröffnete somit eine Phase der Konterrevolution, welche von der NSDAP schließlich abgeschlossen wurde. Rettete sich der Kapitalismus anfangs durch die Sozialdemokratie vor dem Sozialismus, so rettete sie sich schließlich durch den Faschismus vor der misstrauischer werdenden Sozialdemokratie.

Montag, 6. Dezember 2010

Der I. Weltkrieg als ökonomische Notwendigkeit des Kapitalismus & Imperialismus

Der Begriff des Imperialismus steht außenpolitisch stets im Zusammenhang zum Kolonialismus (Bestreben entwickelter Staaten, jenseits der eigenen Grenzen unterentwickelte Gebiete politisch, wirtschaftlich und kulturell zu beherrschen). So kommt es, dass man mit dem Imperialismus heute auch eine Zeitepoche verbindet (1880-1914), wo europäische Großmächte ihre Kolonien expansiv ausweiteten und dabei in gegenseitiger Konkurrenz standen (deshalb antagonistische Expansion). Der Antagonismus (unversöhnlicher Widerspruch bzw. Gegensatz, Vergleich Bourgeoisie & Proletariat) ist dafür verantwortlich, dass im Zuge des Imperialismus keine staatliche Monopolstellung zustande kam und auch kein einheitlicher Weltimperialismus entstand, weshalb die nationalstaatlichen Widersprüche der ersten ökonomischen Globalisierung in den I.Weltkrieg mündeten.
Die Bourgeoisie war damals noch nicht so weit entwickelt wie heute, sie stehen ja im ständigen wirtschaftlichen Wettbewerb und müssen sich „bekämpfen“, um als Einzelbourgeois Gewinn zu erzielen. Heute hat die Bourgeoisie erkannt, dass nationalsstaatliche Konkurrenz kein Mittel zur Gewinnmaximierung ist. Die nationale Bourgeoisie (des 20. Jahrhunderts) wurde zur internationalen Bourgeoisie (des 21. Jahrhunderts). Die heutige Globalisierung ist das Gegenteil der damaligen antagonistischen Expansion und die Lehre aus den Weltkriegen.

Der I.Weltkrieg war deshalb eine historische Notwendigkeit, da der Kapitalismus 1914 einer große ökonomische Blase glich, welche durch den Krieg geplatzt ist (Beginn der Weltwirtschaftskrise nicht 1929, sondern 1914).
Diese ökonomische Blase kam auch deshalb zustande, weil der im Imperialismus entstandene Nationalismus Staaten zwang, auch wenig ertragreiche Kolonien zu okkupieren, nur um den Ruf als Großmacht zu festigen. Die politische Eroberung verschiedener Kolonien war ökonomisch zum Teil kontraproduktiv (Verwaltung & Besatzung > wirtschaftlicher Ertrag, Ressourcenausbeutung), da die Spekulation nach Gewinn ein größerer Antrieb war als nüchterne wirtschaftliche Einschätzungen (→ Spekulationsblase → ökonomische Instabilität → I.Weltkrieg). Der ökonomische Unsinn des Protektionismus durch Imperialismus beweist die Tatsache, dass für jedes imperialistische Land der Tauschhandel und die Kapitalinvestitionen mit ihren Kolonien nur eine sekundäre Rolle spielte, primär war immer noch der Handel mit den Nationalstaaten untereinander (Import und Export mit Kolonien reichte nie über 20%, Frankreich investierte mehr Kapital in Russland als in seinen Kolonien). Bevor der imperialistische Antagonismus in den I.Weltkrieg mündete, stand 84,4% der Erdoberfläche unter weißer Herrschaft, 1/5 der Weltfläche waren Kolonien. Das British Empie besaß 30 Millionen Km², Frankreich 8 Millionen Km² und Deutschland 3 Millionen Km² (2010: 357.023 Km²).
1914 ist die kapitalistische Weltordnung zusammengebrochen. Das nahm die Form eines Krieges an, aber dem Ausbruch des militärischen Konflikts zwischen den europäischen Mächten lag der Zusammenbruch der ökonomischen Grundlagen zugrunde, auf denen die vorherige relative Stabilität beruht hatte.

Nach dem kapitalistischen Zusammenbruch von 1914 folgte eine Ära der Revolutionen – Russland, Deutschland, Ungarn, überall wurden rote Fahnen geschwungen. Als Lenin 1915 die objektiven Bestandteile einer revolutionären Situation untersuchte, war sein Name erst wenigen Menschen bekannt. Den Verrat der internationalen Sozialdemokratie trotzend vertrat Lenin die Meinung, dass mit dem Ausbruch des Krieges die sozialistische Revolution endlich weltweit auf der Tagesordnung steht. Der Zusammenbruch der kapitalistischen Wirtschaft muss nicht nur durch einfache Wirtschaftskrise deutlich gemacht werden; er kann auch im nationalstaatlichen Krieg enden. Der I. Weltkrieg war das Fanal einer möglichen neuen Epoche, in der die herrschende Ordnung umgestürzt werden konnte. Das Jahr 1914 signalisierte so den ersten großen Zusammenbruch der kapitalistischen Ordnung.
Als die kapitalistische Wirtschaftsordnung bereits Ende des 19. Jahrhunderts stark wankte (Große Depression; sie waren vor allem von fallenden Preisen und Profitraten gekennzeichnet), konnte sie sich durch den ökonomischen Imperialismus retten (Märkte, Bodenschätze und andere Rohstoffe). Die Große Depression dauerte bis Mitte der 1890er Jahre, woraufhin die kapitalistische Kurve wieder nach oben ging. Die Profite begannen zu steigen, die Märkte dehnten sich aus. 1914 allerdings war die koloniale Aufteilung der Welt abgeschlossen, das Kapital hatte keine territoriale Rückzugsmöglichkeiten mehr. Der Markt war aufgeteilt, der Wettbewerb erreichte seine höchste Steigerungsform. Von nun an konnten sich die imperialistischen Großmächte vom Markt nur noch mit mechanischen, also gewaltsamen Mitteln vertreiben.

"Indem der Kapitalismus allen Ländern seine Wirtschafts- und Verkehrsweise aufdrängt, hat er die ganze Welt in einen einzigen ökonomischen und politischen Organismus verwandelt. Wie der moderne Kredit Tausende von Unternehmern durch ein unsichtbares Band verknüpft und dem Kapital eine erstaunliche Beweglichkeit verleiht, viele kleine Privatbankrotts verhindert, damit aber zugleich die allgemeinen Wirtschaftskrisen zu unerhörten Ausmaßen steigert - so hat auch die ganze ökonomische und politische Arbeit des Kapitalismus, sein Welthandel, sein System monströser Staatsschulden sowie die politischen Gruppierungen von Nationen, die alle Kräfte der Reaktion in eine Art weltweite Aktiengesellschaft einbeziehen, nicht nur allen einzelnen politischen Krisen entgegengewirkt, sondern auch den Boden für eine soziale Krise von unerhörten Ausmaßen bereitet." (Leo Trotzki: Ergebnisse und Perspektiven,, Die Permanente Revolution, Frankfurt 1971, S. 111f)

Der Ausweg war nur der Weltkrieg, in der überflüssiges Produktionsmaterial vernichtet werden konnte und genügend Arbeitskräfte verschwanden, um das drohende Heer der Arbeitslosen zu verhindern. Der I.Weltkrieg war eine Revolte der Produktivkräfte gegen die nationalstaatliche Struktur des Weltkapitalismus. Der einzige weitere Ausweg wäre die Antwort der Proletariats auf die inneren Widersprüche des Kapitals gewesen – die soziale Revolution. Doch diese Möglichkeit wurden von den sozialdemokratischen Parteien Europas – mit Ausnahme der serbischen – durch ihren Klassenverrat verhindert.
Der Ausbruch des Kriegs signalisierte das Ende des Aufschwungs, der nach dem Ende der Großen Depression begonnen hatte. Allerdings beendete nicht der Krieg den Aufschwung, sondern das Ende des Aufschwungs endete im Krieg, da die Produktivkräfte in Europa sich nicht mehr unter gegebenen Umständen weiter entwickeln konnten.

"Im technologischen Sinn entwickelte sich Europa mit ungeheurer Geschwindigkeit und Macht von 1893 bis 1913, es wurde während der 20 Jahre vor dem imperialistischen Krieg sozusagen wirtschaftlich reich. Mit Beginn des Jahres 1913 - und dies können wir positiv ausdrücken - kam die Entwicklung des Kapitalismus ein Jahr vor Ausbruch des Krieges mit seinen Produktivkräften zum Stillstand, weil die Produktivkräfte an die Grenzen stießen, die ihnen das kapitalistische Eigentum und die kapitalistische Form der Aneignung gesetzt hatten. Der Markt war aufgeteilt, der Wettbewerb erreichte seine höchste Steigerungsform und von da ab versuchten die kapitalistischen Länder einander vom Markt nur mit mechanischen Mitteln zu vertreiben.
Es ist nicht der Krieg, der die Produktivkräfte in Europa zum Erliegen brachte, sondern vielmehr entstand der Krieg selbst aus der Unmöglichkeit, die Produktivkräfte in Europa unter kapitalistischen Bedingungen weiter zu entwickeln."
(Leo Trotzki, Die ersten fünf Jahre der Komintern)

Die wirtschaftliche Entwicklung Europas in den 1920ern bestätigte Trotzkis Analyse. Trotz Weltkrieg konnten die ökonomischen Vorkriegsbedingungen nicht mehr wiederhergestellt werden, was sich in manchen Ländern auch mit dem Sturz der politischen Ordnung direkt ausdrückte. Die Entwicklung der 20er Jahre ist in ganz Europa gekennzeichnet durch den Kampf der Industrie, das Produktionsniveau der Vorkriegszeit auch mit US-amerikanischer Kredithilfe wieder zu erreichen. Dies gelang Mitte der 20er Jahre. Und nach drei Jahren Wachstum geriet die deutsche Wirtschaft, die größte Europas, 1928-29 wieder in die Rezession, bevor auch die restliche Weltwirtschaft 1929 ins Chaos stürzte.

Quellen: Zeit & Mensch, http://www.wsws.org/de/2009/feb2009/bea1-f27.shtml (Eröffnungsbericht von Nick Beams auf der SEP Sommerschule: Der Wirtschaftszusammenbruch von 2008 und seine revolutionäre Bedeutung)

Samstag, 27. November 2010

Funktion & Wesen des bürgerlichen Staates und dessen Überwindung durch das Proletariat

Gesellschaftliche Stellung des Staates

Der politische Staat ist der Überbau der ökonomischen Basis des Kapitalismus.
Marx´ Überlegung hierzu „mündete in dem Ergebnis, dass Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der so genannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, deren Gesamtheit Hegel, nach dem Vorgang der Engländer und Franzosen des 18. Jahrhunderts, unter dem Namen ,bürgerliche Gesellschaft‘ zusammenfasst, dass aber die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei.“ (MEW 13, S.8)
Dabei ist dieser staatliche Überbau -im Gegensatz zur Religion- keineswegs rein sekundären Charakters. Auf dem staatlichen Überbau spielt sich der Kampf der gegensätzlichen ökonomischen Klassen um die herrschende Form der Ökonomie ab. Die Eroberung der politischen Macht für die Arbeiterklasse hat uneingeschränkte Priorität für die proletarische Bewegung. Aber Eroberung der politischen Macht heisst nicht die Übernahme des herrschenden Staatsapparates, sondern dessen Vernichtung und Ersetzung durch eine neue Form des proletarischen Staates.

„Wir müssen den Regierungen erklären: Wir wissen, dass ihr die bewaffnete Macht seid, die gegen die Proletarier gerichtet ist; wir werden auf friedlichem Wege gegen euch vorgehen, wo uns das möglich sein wird, und mit den Waffen, wenn es notwendig werden sollte.“ (MEW 17, S. 652)

Dies setzt voraus, dass die organisierte Arbeiterklasse die staatlichen Machtzentren beherrschen muss, möglichst ohne dabei Rücksicht nehmen zu müssen auf eventuelle (klein-)bürgerlichen Koalitionspartnern.

„Die Eroberung der politischen Macht bleibt das Endziel und das Endziel bleibt die Seele des Kampfes. Die Arbeiterklasse darf sich nicht auf den dekadenten Standpunkt des Philosophen stellen: „Das Endziel ist mir nichts, die Bewegung ist mir alles“; nein, umgekehrt: die Bewegung als solche ohne Beziehung auf das Endziel, die Bewegung als Selbstzweck ist mir nichts, das Endziel ist uns alles.“ (Rosa Luxemburg, Reden auf dem Stuttgarter Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands)

Diktatur des Proletariats

Nach der Eroberung der politischen Macht errichtet die Arbeiterklasse die Diktatur des Proletariats. Warum nun Diktatur? Diktatur scheint ein Begriff zu sein, das für großes Entsetzen sorgt. Dabei ist gerade die Diktatur des Proletariats zentraler und notwendiger Bestandteil einer sozialistischen Gesellschaft. Wer von der Diktatur des Proletariats nicht redet, sollte vom Sozialismus schweigen. „Diktatur des Proletariats“ bezeichnet ursprünglich eine rein auf ökonomische Prinzipien reduzierte Herrschaftsform. Der Arbeiterklasse wird durch Sozialisierung der Produktionsmittel, des Grundeigentums und des Finanzkapitals die Möglichkeit gegeben, als herrschende, d.h. als aktiv gestaltende Klasse die Verantwortung über sämtliche Wirtschaftsbereiche des Staates zu übernehmen. Damit löst sie die Bourgeoisie als herrschende Klasse ab. Kapitalismus, ob in einer demokratischen oder faschistischen Staatsform integriert, ist daher notwendigerweise gleichzeitig eine Diktatur der Bourgeoisie. Die eine Diktatur löst nur die andere Diktatur ab, aber mit den großen Unterschied, dass die ökonomische Diktatur des Proletariats erstmals in der Geschichte der Menschheit von der Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt ist, also identisch ist mit einer politischen Demokratie. Der Beweis hierfür liegt bei Marx selbst: In seiner Schrift „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ preist er die Pariser Kommune als Gesellschaftsmodell der Zukunft und bezeichnete sie als Diktatur, obwohl sie rätedemokratisch organisiert war.

„Die [Pariser] Kommune musste gleich von vornherein anerkennen, dass die Arbeiterklasse, einmal zur Herrschaft gekommen, nicht fortwirtschaften könne mit der alten Staatsmaschine; dass diese Arbeiterklasse, um nicht ihrer eigenen, erst eben eroberten Herrschaft wieder verlustig zu gehen, einerseits alle die alte, bisher gegen sie selbst ausgenutzte Unterdrückungsmaschinerie beseitigen, andererseits aber sich sichern müsse gegen ihre eigenen Abgeordneten und Beamten, indem sie diese, ohne alle Ausnahme, für jederzeit absetzbar erklärte ...
Diese Sprengung der bisherigen Staatsmacht und ihre Ersetzung durch eine neue, in Wahrheit demokratische, ist im dritten Abschnitt des Bürgerkriegs (Stellungnahme von Marx zur Pariser Kommune) eingehend geschildert ...
Der sozialdemokratische Philister ist neuerdings wieder in heilsamen Schrecken geraten bei dem Wort: Diktatur des Proletariats. Nun gut, ihr Herren, wollt ihr wissen, wie diese Diktatur aussieht? Seht euch die Pariser Kommune an. Das war die Diktatur des Proletariats.“
(MEW 17, S. 623ff)

Der Diktaturbegriff hat sich in den letzten 100 Jahren zweifellos geändert und erfährt eine zurecht vollständig negative Bedeutung aufgrund des totalitären Faschismus der 30er und 40er Jahre. Doch selbst im 21. Jahrhundert können sich Marxisten nicht von diesen Diktaturbegriff verabschieden – denn der Begriff „Diktatur des Proletariats“ erzeugt eine notwendige scharfe Abgrenzung zu halbherzigen, utopisch-idealistischen Sozialisten, welche das Großkapital verstaatlichen, den größten Teil der Privatwirtschaft aber unverändert belassen wollen.

Funktion und Wesen des Staates

Um den eigentlichen Übel auf dem Grund zu gehen, müssen wir die Struktur des Staates näher bestimmen. Der Unterschied zwischen den bürgerlichen Staat und der feudalen Nation ist, dass im Feudalismus ökonomische Herrschaft noch identisch war mit politischer Herrschaft; sprich die ökonomischen Herrscher des Feudalismus (Grundherren und Herren über Leibeigene) war der Adelsstand selbst, welcher auch die Regierung im mittelalterlichen Sinn stellte. In der bürgerlichen Gesellschaft ist dies getrennt. Während die Bourgeoisie die Herrscher im Bereich der Ökonomie sind, wird die Politik beherrscht von einen Heer aus Beamten und Bürokraten, die aus jeden gesellschaftlichen Stand kommen können. Somit fehlt es der heutigen ökonomischen Herrschaft an persönlichen Charakter und so kommt es, dass einzig die Politik als bedeutendes Machtfeld gesellschaftlich anerkannt wird, während nur Wenige die Namen der bedeutensten Kapitalisten kennen. Der Staat an sich und der bürgerliche Staat insbesonders ist ein politisches Gewaltinstrument der herrschenden Klasse (hier der Bourgeoisie) zur Sicherung ihrer ökonomischen Herrschaft über die ausgebeutete Klasse (hier das Proletariat). Er ist solange nötig, wie Klassengegensätze bestehen.

"Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse." (MEW 21, S.166f)

Dies hat zur logischen Konsequenz, dass der Staat nicht -wie heute irrtümlicherweise Konsens ist- über der Gesellschaft, sondern gegen die Gesellschaft steht. Solange es den Staat selbst gibt, solange ist keine gesellschaftliche Demokratie in seiner Reinform möglich. Staatliche Demokratie bedeutet letztendlich auch nur eine Form der Herrschaft, politisch eine Herrschaft der Mehrheit zur Unterdrückung der Minderheit, ökonomisch gar ist die bürgerliche Demokratie die Herrschaft einer Minderheit zur Unterdrückung der Mehrheit. Herrschaft, Staat und Diktatur sind jeweils identische Begriffe.

Zur Charakterisierung der Bourgeoisie ist zu sagen, dass diese momentan herrschende Klasse kein einheitliches Bewusstsein besitzt. Ihre Interessen sind meist so verschieden, dass ihr einziger Konsens die Verteidigung kapitalistischer Eigentumsrechte ist. In all den anderen Fällen sorgen die Zwangsgesetze der Konkurrenz auch auf staatlicher Ebene zu unterschiedlichen Interessen einzelner Bourgeois-Gruppen. Die Lobbygruppe „Bundesverband Erneuerbare Energie e.V“ würde deshalb eine SPD-geführte Regierung unterstützen, während E.ON aus verständlichen Gründen eine eher CDU-geführte Regierung unterstützen würde.

Jede staatliche Maßnahme, jedes Gesetz ist umstritten und bringt den einen Unternehmen überwiegend Vorteile, den anderen überwiegend Nachteile. Die Politik des bürgerlichen Staates ist nicht fix festgeschrieben, sondern setzt einen permanenten Prozess voraus, den die Ermittlung des kapitalistischen Gesamtinteresses dient und nach Maßnahmen zu dessen Umsetzung sucht. Welches Interesse durchgesetzt wird, bestimmt den Einfluss der miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen auf die Medien und somit auf die Öffentlichkeit, das Parlament und die Regierung. Der durch sozialdemokratische Politiker oft attackierte Lobbyismus von Wirtschaftsverbänden als Mittel zur Erringung von Einfluss auf die Politik ist keine Verletzung der Regeln, sondern die Art und Weise, in der die Suche nach Konsens in einer parlamentarischen Demokratie stattfindet.

Dem Staat steht das Gewaltmonopol bzw. das Monopol legitimer Gewaltausübung zu, d.h. nur staatliche Organe wie Polizei, Militär usw. ist es legal erlaubt, Gewalt anzuwenden (eine Ausnahme bildet die Notwehr).

Überhaupt gibt es einen Zusammenhang zwischen einem Erstarken der sich selbst bewussten Arbeiterklasse und der herrschenden bürgerlichen Staatsform. Der bürgerliche Staat ist demokratisch, solange die nationale Bourgeoisie keine Angst hat, durch revolutionäre Bewegungen vernichtet zu werden, solange sie sich sicher ist, dass ihre herrschende Funktion nicht gefährdet wird durch eine bewusst-revolutionäre Arbeiterklasse. Der bürgerliche Staat ist aber faschistisch, wenn die Gefahr des Umsturzes tatsächlich besteht, wie dies 1932 der Fall gewesen ist; damals in Gestalt einer stetig stärker werdenden Kommunistischen Partei. Der gelenkte Übergang zum Faschismus war die einzige Möglichkeit der Bourgeoisie, einen derart repressiven, reaktionären Herrschaftsapparat zu schaffen, der imstande war, die von der KPD ausgehenden Gefahren zu ersticken und zu kontrollieren. Dabei musste die deutsche Bourgeoisie Eingeständnisse an die faschistische Partei machen, wie z.B. einer erhöhte staatliche Lenkung der Wirtschaft und das Aushölen der bourgeoisen Ideologie (den Liberalismus).
Verschwörungstheorien, die besagen, die Politik sei Marionette des Kapitals, sind falsch. Sie wird nicht durch abstrakte Hintertürchen-Personen gesteuert, sondern ist Ausdruck der gegenwärtigen gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse. Der Staat ist ein einfaches Werkzeug der Bourgeoisie, nicht durch den Einfluss von außen, sondern durch seiner Struktur und Funktion an sich.

„Die zentralisierte Staatsmacht, mit ihren allgegenwärtigen Organen stehende Armee, Polizei, Bürokratie, Geistlichkeit, Richterstand, Organe, geschaffen nach dem Plan einer systematischen und hierarchischen Teilung der Arbeit stammt her aus den Zeiten der absoluten Monarchie. ... Während der nachfolgenden Herrschaftsformen wurde die Regierung unter parlamentarische Kontrolle gestellt, d.h. unter die direkte Kontrolle der besitzenden Klassen. Einerseits entwickelte sie sich jetzt zu einem Treibhaus für kolossale Staatsschulden und erdrückende Steuern und wurde vermöge der unwiderstehlichen Anziehungskraft ihrer Amtsgewalt, ihrer Einkünfte und ihrer Stellenvergebung der Zankapfel für die konkurrierenden Fraktionen und Abenteurer der herrschenden Klassen andererseits änderte sich ihr politischer Charakter gleichzeitig mit den ökonomischen Veränderungen der Gesellschaft. In dem Maß, wie der Fortschritt der modernen Industrie den Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit entwickelte, erweiterte, vertiefte, in demselben Maß erhielt die Staatsmacht mehr und mehr den Charakter einer öffentlichen Gewalt zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, einer Maschine der Klassenherrschaft.“ (K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 336.)

Doch wie sieht die bürgerliche Staatsform im gegenwärtigen 21. Jh. aus, welche die Arbeiterklasse erobern muss? Welche Funktionen hat die bürgerlich-parlamentarische Demokratie, der Sozialstaat und der Rechtsstaat, kurz, die „Freiheitlich-Demokratische Grundordnung“ (FDGO) allgemein?

Parlamentarische Demokratie

Die bürgerliche Demokratie, wie sie heute in der Bundesrepublik Deutschland existiert, ist die ideale Herrschaftsform der Bourgeoisie. Sie bietet verschiedene Möglichkeiten zur Einflussnahme: Beamtenkorruption, Staatsschulden und die daraus resultierende Abhängigkeit des Staates von der Börse („Allianz zwischen Staat und Börse“).
Die Demokratie, die durchaus besteht, spiegelt sich insofern wider, dass alle Bürger periodisch alle vier Jahre eine Partei und die Kandidaten einer Partei wählen können. Sie gefährdet momentan keineswegs die kapitalistische Wirtschaftsform, solange kein Klassenbewusstsein der Arbeiter besteht, solange das Proletariat noch nicht reif ist zu seiner Selbstbefreiung und damit die herrschende Ordnung als einzig mögliche anerkennt. Allerdings sind die bestehenden politischen Rechte zumindest theoretisch -warum sie es praktisch nicht sind, sehen wir weiter unten- ausreichend, um die Diktatur der Bourgeoisie legal auszuhebeln – vorausgesetzt, das Proletariat entwickelt wieder ein Klassenbewusstsein, der Klassenkampf wird von unten angeheizt und eine marxistische Partei erlangt die Mehrheit an Stimmen. Bislang ist keine der drei Voraussetzungen gegeben.
Doch wie ist es möglich, dass der Staat ein Instrument der herrschenden Klasse ist, wenn doch gerade der liberale Staat Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz und freiheitliche Bürgerrechte garantiert?
Ich halte die verbreitete Theorie, dass diese Grundsätze nur bürgerliche Propaganda wären und sich der bürgerliche Anspruch von der Wirklichkeit stark unterscheide, für eine Verschwörungstheorie von idealistischen Sozialisten und lehne sie ab – auch wenn es unbestritten ist, dass die schwarz-gelbe Regierung gerade Gesetze für Besserverdiener erlässt und einzelne Kapitalfraktionen (wie die Atomindustrie) versuchen, Einfluss auf die Regierung zu nehmen.
Diese idealistischen Sozialisten wollen bürgerliches Recht und Grundwerte nicht abschaffen und ersetzen, sondern es tatsächlich erfüllen. Hierzu zählen der linke SPD-Flügel und der Großteil der Linkspartei-Mitglieder. Die Konsequenz hierraus wäre, dass diese Sozialisten nur eine andere Verwendung bzw. Politik des Staates fordern, welches das Gemeinwohl stärker betont und mehr auf die sozialen Rechte der unteren Klassen achtet. Diese reformistischen Einstellungen, meist verkleidet unter der Worthülse des „demokratischen Sozialismus“, versuchen deshalb Regierungsbeteiligungen ihrer Partei zu erreichen, um eine „bessere“ Politik durchzuführen. Wenn DIE LINKE. 2013 in einer Koalition mitregieren wird, so wird sie von ihren eigenen Ansprüchen enttäuscht werden. Der rechte Flügel wird diese Enttäuschungen als notwendige Komprommise in einer demokratischen Koalition rechtfertigen; der linke Flügel wird sich verärgert über den „Verrat“ des rechten Flügels und wegen den Ärger auf sich selbst absondern.
Es liegt an der Struktur der bürgerlichen Demokratie, dass ein Ändern der Verhältnisse, geschweige denn ein durch Reformen unterstützter Übergang zum Sozialismus innerhalb der Existenz des bürgerlichen Staates, nicht möglich ist. Auch wenn ein Politiker noch so soziale, humanistische und edle Absichten hat: Ist er erst an der Regierung oder in einflussreicher Stelle innerhalb der parlamentarischen Opposition, wird er gezwungen sein, sich -wie jeder seiner Vorgänger auch- am kapitalistischen Gesamtinteresse zu orientieren (bestes gegenwärtiges Beispiel: Präsident Obama). Dies liegt (wenigstens meistens) nicht daran, weil dieser von der Wirtschaft bestochen worden wäre oder in sonstiger Abhängigkeit zu ihr steht, sondern weil verschiedene strukturbedingte Verhältnisse und Einflüsse ihn in seinem Handlungsrahmen einengen:
Um eine regierungsfähige Mehrheit zu erhalten, müssen möglichst viele Interessen und Werthaltungen angenommen werden, die sich auch gegenseitig widersprechen (Beispiel „Volkspartei“). Der Wahlkampf wird dann nicht dadurch bestimmt, möglichst viele Verbesserungsvorschläge einzubringen, sondern die angenommenen Widersprüche möglichst verdeckt zu halten oder versucht zu widerlegen.
Teile der Medien müssen einen respektieren bzw. ernst nehmen und unterstützen. Als Voraussetzung müssen die gemachten Verbesserungsvorschläge „realisierbar und umsetzbar“ sein.
Ebenso müssen Koalitionspartner gefunden werden, welche die Verbesserungsvorschläge ebenso für „realisierbar und umsetzbar“ halten.
Vor dem möglichen Regierungsantritt durchläuft jede Partei also bereits einen ausführlichen Erziehungsprozess, in dessen Verlauf die Notwendigkeit zur Anpassung am kapitalistischen Gesamtinteresse immer deutlicher hervortritt (beispielsweise den Druck, den die SPD auf die Linkspartei ausübt, wenn sie von dieser „Regierungsfähigkeit“ fordert oder den Druck des Innenministers de Maizières, der eine weitere staatliche Beobachtung der Partei vom 2011 zu beschließenden Parteiprogramm der Linkspartei abhängig macht). Man merkt, umfassende Demokratie ist schon deshalb im Kapitalismus nicht möglich, weil dieser den politischen Akteuren einen engen Handlungsrahmen vorlegt, außerhalb dessen keine „realisierbare“, weil systemsschädigende Maßnahmen möglich seien. Wer Mehrheiten erreichen will, muss sich dem Druck der angepassten Parteien und der Medien ebenfalls anpassen, da das Wählerverhalten sehr stark von der herrschenden Medienlandschaft – und sei sie noch so monoton – beeinflusst oder sogar kontrolliert wird.

Eine weitere wichtige Funktion des bürgerlichen Staates ist seine Rolle als ideeller Gesamtkapitalist:
Der Staat ist wie ein jedes private Wirtschaftsunternehmen auch auf eine funktionierende Kapitalakkumulation angewiesen. Steuereinnahmen müssen die Sozialausgaben und sonstige Haushaltsabgaben decken bzw. übertreffen, will der Staat den Sozialstaat aufrecht erhalten, seine Wirtschaft nachhaltig fördern und internationale Handlungsfähigkeit sicherstellen. Man erkennt, wie bereits oben erwähnt, dass der bürgerliche Staat nicht allein durch verschiedene Einflüsse der Konzernen und Finanzwelt zu dem gemacht wird, was er ist, sondern in seinem Wesen bereits automatisch an die kapitalistische Wirtschaftsweise gebunden ist und den Interessen der Bourgeoisie entsprechen muss („systemische Imperative der Kapitalverwertung“).
Nicht selten setzen daher linke Parteien, wenn sie endlich in der Regierung angekommen sind, in wesentlichen Punkten die Politik der gerade abgelösten Vorgänger fort. Auch DIE LINKE. wird sich an diesen Gesetzen halten müssen, falls sie nicht bereit ist, aus diesem automatischen Teufelskreis auszubrechen – diese Erfahrungen mussten bereits SPD und Bündnis90/Die Grünen im 20. Jh. machen.

„Alle Regierungen, seien sie noch so unabhängig, sind in letzter Instanz nur die Vollstrecker der ökonomischen Notwendigkeiten der nationalen Lage. Sie mögen diese Aufgabe in verschiedener Weise gut, schlecht oder leidlich besorgen; sie mögen die ökonomische Entwicklung beschleunigen oder hemmen, aber schließlich müssen sie ihr doch folgen.“ ( MEW 38, S. 365)

„In der Tat, man muss jeder historischen Kenntnis ermangeln, um nicht zu wissen, dass es die Regierungen sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mussten, aber niemals die Regierungen es gewesen sind, welche den wirtschaftlichen Verhältnissen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die zivile Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse.“ (MEW 4, S. 109)

Die bürgerlich-parlamentarische Demokratie ist also die ideale Staatsform des Kapitalismus. Nur sie ist in der Lage, Interessen der Bourgeoisie so perfekt zu tarnen, dass sie auch im Interesse der arbeitenden Bevölkerung ständen. Legitimation ist dann am meisten erreicht, wenn staatliche Politik durch Abgeordnete eines Parlamentes abgesegnet wird, die von den Werktätigen selbst gewählt worden sind. Sozialleistungskürzungen zum Beispiel werden in privaten Medien unter unterschiedlichen Geschichtspunkten diskutiert und innerhalb Institutionen demokratischer Willensbildung (Parteien, Parlamente, Ausschüsse) beschlossen und durchgesetzt. Dies erschafft den Gesetzen eine erhebliche Legitimation, was umso weniger den staatlichen Repressionsapparat zu deren Umsetzung notwendig macht. Eine Ausschaltung demokratischer Institutionen und der Pressefreiheit sind daher mit erheblichen materiellen Kosten verbunden und nicht im Interesse der Bourgeoisie. Entwickelte kapitalistische Länder fördern also eine Demokratie und lehnen autoritäre Herrschaftsordnung wie Militärdiktaturen aus Eigeninteresse ab.
Die Legitimation und damit auch die Sicherung der herrschenden Ordnung ist auch deshalb in der Demokratie am höchsten, weil periodisch wiederkehrende freie, geheime, gleiche und unmittelbare Wahlen den Bürgern die Möglichkeit geben, unliebe Politiker und Regenten abzuwählen und durch neue Namen zu ersetzen. Die jeweilige Regierung legitimiert ihre Gesetze dadurch, dass sie gewählt und deshalb von der mehrheitlichen Bevölkerung gewollt sei. Steigt der Unmut der Bevölkerung gegenüber den sinkenden sozialen Verhältnissen z.B. während einer Wirtschaftskrise, so erreichen Wahlen einerseits die Abwahl der scheinbar Verantwortlichen und bietet somit ein Ventil, andererseits lenken Wahlen aber auch gezielt von systemischen Problemen in Politik und Ökonomie ab und lenken die Aufmerksamkeit der unruhigen Bevölkerung gegen einzelne Politiker und Parteien. Auch hier erkennt man den grundlegenden Gegensatz zwischen bürgerlicher und sozialistischer Definition des Wortes „Demokratie“: Die bürgerliche Definition bedingt die Möglichkeit zur Abwahl der Regierung, die sozialistische Definition bedingt die direkte Herrschaft der Mehrheit des Volkes über den Staatsapparat. Innerhalb bürgerlicher Gesellschaften ist das Maximum an Demokratie bereits hergestellt.
Auch die Gewaltenteilung steht -anders als es uns bürgerliche Medien tagtäglich einzureden versuchen- im Gegensatz zur Demokratie. Die Trennung der Judikativen von der Legislativen erlaubt es, dass denkbare demokratisch gefasste Beschlüsse zur Aufhebung der bürgerlichen Eigentumsordnung durch eine scheinbar unabhängige, in der Realität aber bürgerlichen Justiz aufgehoben werden können.

Der Rechtsstaat

Der Rechtsstaat ist der eigentliche Garant kapitalistischer Verhältnisse:
Der Begriff „Gleichheit“ ist rechtlich gewährleistet. Jeder hat die gleichen Rechte und Pflichten, egal ob Lohnarbeiter oder Kapitalist. Dies mag auf dem ersten Blick zufriedenstellend klingen, verliert aber an Symphathie, wenn man bedenkt, dass gerade durch die gesetzliche Gleichheit das Eigentum des Kapitalisten an seinen privaten Produktionsmittel gegenüber dem eigentumslosen Lohnarbeiter gesichert wird. Jeder, ob HartzIV-Empfänger oder DB-Chef, kann Aktien kaufen, der Tellerwäscher kann zum Millionär werden und der Millionär kann zum Tellerwäscher werden. Abstrakte rechtliche Gleichheit erzeugt so konkrete soziale Ungleichheit. Das durch das Grundgesetz garantierte Eigentum ist der Garant zur Verteidigung kapitalistischer Verhältnisse.
Jeder Privateigentümer muss den anderen als solchen anerkennen, Aneignung fremden Eigentums ist nur erlaubt durch Kauf, Tausch, Vererbung oder Schenkung. Diese Neutralität des Staates gegenüber seinen Bewohnern ist nicht nur eine Wortphrase, wie manche Linkspolitiker glauben, sondern tatsächliche Realität.

Der Begriff „Freiheit“ beschreibt ökonomisch vorallem das freie Verhältnis des Lohnarbeiters zu seinem Kapitalisten: Er kann sich seinen Arbeitgeber frei aussuchen und kündigen, wenn es ihm passt. Allerdings eben mit der Einschränkung, dass die Lohnarbeiter ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um überhaupt überleben zu wollen. Persönliche Unabhängigkeit bedeutet im Kapitalismus trotzdem systematische Abhängigkeit. Der Zwang der eigentumslosen Lohnarbeiter, zur Sicherung ihrer Existenz ihre Arbeitskraft an einen beliebigen Arbeitgeber zu verkaufen, garantiert erst die Möglichkeit des kapitalistischen Produktionsprozesses. Sein Lohn reicht gerade zur eigenen oder familiären Reproduktion.

„Die Sphäre der Zirkulation oder des Warenaustausches, innerhalb deren Schranken Kauf und Verkauf der Arbeitskraft sich bewegt, war in der Tat ein wahres Eden der angebornen Menschenrechte. Was allein hier herrscht, ist Freiheit, Gleichheit, Eigentum und Bentham. Freiheit! Denn Käufer und Verkäufer einer Ware, z.B. der Arbeitskraft, sind nur durch ihren freien Willen bestimmt. Sie kontrahieren als freie, rechtlich ebenbürtige Personen. Der Kontrakt ist das Endresultat, worin sich ihre Willen einen gemeinsamen Rechtsausdruck geben. Gleichheit! Denn sie beziehen sich nur als Warenbesitzer aufeinander und tauschen Äquivalent für Äquivalent. Eigentum! Denn jeder verfügt nur über das Seine. Bentham! Denn jedem von den beiden ist es nur um sich zu tun. Die einzige Macht, die sie zusammen und in ein Verhältnis bringt, ist die ihres Eigennutzes, ihres Sondervorteils, ihrer Privatinteressen.“ (MEW 23, S. 189f.)
Bentham war ein englischer Philosoph, der eine auf dem Nützlichkeitsprinzip begründete Ethik vertrat.

Der bürgerliche Rechtsstaat setzt einen formalen Rahmen um das System der kapitalistischen Ausbeutung und erzwingt die Einhaltung diesen Rahmens durch sein Gewaltmonopol. Deshalb ist es unumgänglich für jeden Marxisten, diesen bürgerlichen Rechtsstaat den Kampf anzusagen – was nicht bedeutet, dass ein sogenannter „Unrechtsstaat“ diesen Rechtsstaat ersetzen sollte.
In der Anfangsphase der kapitalistischen Entwicklung hatte der Staat noch eine ganz andere Funktion. Er musste eben diese Entwicklung garantieren, indem er bei der Verwandlung des Großteil seines Volkes in Lohnarbeiter half und den Kapitalismus im entstehenden Prozess stützte. Nur mit der Unterstützung staatlicher Gewaltmaßnahmen hatte der Kapitalismus überhaupt die Chance, sich nachhaltig zu etablieren.

Dies alles hat Adam Smith in seiner Aufzählung staatlicher Pflichten im liberalen System nicht erkannt. Jedoch muss eine staatliche Pflicht, die bereits Smith genannt hatte, hier nochmal Erwähnung finden: Der Staat hält auch alle Institutionen am Leben, die zwar gesellschaftlich notwendig sind, jedoch kein profitablen Gewinn abwerfen können, die eine Privatisierung dieser Einrichtung bedingen. Er gewährleistet all jene materiellen Bedingungen der kapitalistischen Gesellschaft, die der Kapitalismus selbst nicht übernehmen kann. Hierzu zählen Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, allgemein sämtliche Infrastrukturnetze, Zentralbank und Forschungseinrichtungen. Somit trägt der bürgerliche Staat in seinem Wesen automatisch Sorge dafür, dass er die Voraussetzung bietet für eine mögliche profitable Akkumulation der Privatwirtschaft.

Der Sozialstaat

Die Durchsetzung des Sozialstaates, begonnen unter der Kanzlerschaft Bismarcks und perfektioniert unter dem bürgerlichen Politökonomen Ludwig Erhard, ist nicht Folge einer Ablehnung der sozialen Missstände vonseiten der herrschenden Elemente, auch der oppositonelle Druck der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften ist nicht primär für den Sozialstaat verantwortlich. Er entspringt vielmehr der simplen Logik, dass der Kapitalismus -will er möglichst reibungslos funktionieren- genügend Lohnarbeiter zu seiner Akkumulation benötigt.
Nun hängt dem Kapital der leidige Missstand an, dass er stets danach strebt, aus seinen Lohnarbeitern ein Maximum an Arbeitskraft herauszupressen (z.B. Forderungen nach erhöhter Leistungsbereitschaft, Arbeitszeitverlängerung, Lohnsenkungen usw...). Dies würde dazu führen, dass die Lohnarbeiter nichtmal mehr die Zeit/Kraft finden, ihre alltägliche Reproduktion vollständig auszuführen. Der Konkurrenzdruck untereinander zwingt die Unternehmer zur permanenten Lohndrückung und ständiger Ausnutzung jedermöglichen Einsparung in Form von z.B. Kurzarbeit, Annahme von Leih- und Zeitarbeitern, um eine immer steigende Verwertung zu erhalten. Dieser Trieb ist verantwortlich dafür, dass das Kapital die Tendenz besitzt, die Grundlage seiner Akkumulation, die Arbeitskraft, zu zerstören. Und da selbst die Anzahl an potenziellen Lohnarbeitern begrenzt ist, muss der Staat durch soziale Zwangsgesetze diesen Prozess abmildern und das Arbeitskraftreservoir schützen. Dies geschieht durch z.B. staatlich geregelte feste Arbeitszeiten, Mindestlöhne, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, aber auch durch die Errichtung staatlicher Krankenkassen und den Ausbau öffentlicher Krankenhäuser. Der Sozialstaat sorgt demnach dafür, dass Arbeiter, wenn sie krank, vorübergehend körperlich beschädigt oder arbeitslos sind, trotzdem in arbeitsfähigen Zustand erhalten bleiben, sodass ihre Arbeitskraft erneut verwertbar bleibt.
Die Rolle des Sozialstaates muss ambivalent behandelt werden. Zum einen schränkt er die Verwertungsmöglichkeiten zwar ein und schützt die arbeitende Klasse, andererseits schützt er ebenso den kapitalistischen Verwertungsprozess nachhaltig und legt somit die Grundlage für eine dauerhafte Ausbeutung der arbeitenden Klasse.
Woher kommen die finanziellen Mittel des Sozialstaates? Sie kommen aus Sozialversicherungsbeiträgen und Steuereinnahmen. Jeder Bürger zahlt an seinem Staat die nötigen Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Leistungen; Leistungen, die zur Reproduktion und somit zur kapitalistischen Produktionsweise notwendig sind. Nun zahlen Reiche (also zumeist Kapitalisten selbst) aber prozentual mehr ein als Arme. Ein Verdienst christlicher Moralvorstellungen und sozialdemokratischer Politik. Der einzelne Kapitalist sieht nicht die Notwendigkeit des Sozialstaates für die Sicherung seines eigenes Ausbeutungsverhältnis, sondern nur die staatlich erzwungene Verminderung seiner Akkumulationsrate. Umso natürlicher ist sein organisierter Widerstand gegen diese Sozialabgaben (in Form der „Freien Demokratischen Partei“, des „Deutschen Instituts für Wirtschaft“, der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“...)
Andererseits wäre es falsch, den Sozialstaat als Errungenschaft der Arbeiterklasse aufzufassen. Das Leben im Sozialstaat ist für den Lohnarbeiter zwar ertäglicher, doch auch nur deshalb, weil die Bourgeoisie hierraus selbst Vorteile für ihre Profitrate erkennt. Nicht nur die Arbeitnehmer profitieren vom Sozialstaat, aus den oben benannten Gründen (Sicherung der möglichst langfristigen Existenz als Lohnarbeiter) ist der Sozialstaat für die Arbeitgeberseite noch viel wertvoller. Umso unverständlicher ist es, wie linke Sozialdemokraten und Linkspolitiker den Sozialstaat als ersten Schritt zur Überwindung des Kapitalismus feiern können, wenn dieser durch den Sozialstaat doch erst langfristig abgesichert und stabilisiert worden ist.
Eine ebenso wichtige Funktion des Sozialstaates ist die Disziplinierung des Arbeiters: Leistungen des Arbeitslosengeldes oder der Rente hängen vom vorherigen Lohn ab, Auszahlung des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe hängen von den Bemühungen ab, wie sich der Arbeitslose selbst aktiv um Beschaffung von einem neuen Arbeitsplatz bemüht. Der Sozialstaat entbindet nicht, sondern fördert noch den Zwang des Proletariers zum Verkauf seiner Arbeitskraft an einen Privateigentümer.

Zum Abschluss ein zusammenfassendes Zitat:
„Denn betrachtet man Staat und Kapital materialistisch, ist weniger die Frage entscheidend, wer von beiden „Arsch-“ und wer „-Loch“ ist, wichtiger ist die Einsicht, dass der kapitalistische Gesamtzusammenhang auch in Zukunft als Garant für das Hervorbringen von Scheiße zu gelten hat. Was das Schweinesystem verdient ist nicht der Dialog, sondern ein unmissverständliches: "Fuck You!". In diesem Sinne: Für den Kommunismus!“ (nach: http://top-berlin.net/?page_id=27)

Mittwoch, 24. November 2010

Der Nationalismus

(Hierbei handelt es sich um einen Gastbeitrag von Laurenz G., welcher meine volle Zustimmung findet.)

I.) Der Nationalismus an sich ist zu unterteilen in zwei Formen: Den progressiven und den reaktionären. Ersterer zeichnet sich durch die Forderung eines Nationalstaates aus und ist progressiv in dem Sinne, dass ein Volk definiert als wie eine Nation verstandene Gesellschaft entweder in mehrere Staaten aufgeteilt ist, oder Teil eines größeren Vielvölkerstaates ist. Der Nationalismus ist hier die Forderung nach Selbstbestimmung, beispielsweise sind da die Bewegung zu Zeiten des Deutschen Bundes zwischen 1815 und 1866 zu nennen, als Deutschland in Partikularstaaten geteilt war, oder die unterschiedlichen Volksgruppen in der Sowjetunion, die nach deren Zusammenbruch ihre Unabhängigkeit (zurück-)erlangten, wobei man hier nicht immer zwingend von Nationalstaaten sprechen kann, da die Grenzen der neuen Länder nicht nach gesellschaftlichen, sondern nach den alten politischen Grenzen innerhalb der UdSSR gezogen wurden. Warum ist dieser Nationalismus als positiv zu bezeichnen? Per definitionem ist ein Staat ein Konstrukt einer politischen Ordnung, das Macht über ein bestimmtes Territorium und das dort lebende Volk ausübt. Unter der Prämisse, ein Staat müsse zum Wohle eben dieses Gebietes und der Bevölkerung handeln, stellt sich die Frage, wie seine Grenzen gezogen werden müssen, dass die Entscheidung des Staates für alle den größtmöglichsten Nutzen hätte - heute würde man sagen, am ehesten dem Willen der dort lebenden Menschen entsprechen würde (logischerweise unterscheiden sich die Menschen kulturell und gesellschaftlich an unterschiedlichen Orten). Hier hat sich in den letzten Jahrhunderten die Nation als Gesellschaft in sich als passendster Umriss für ein Staatskonstrukt erwiesen - in einer Nation findet sich die größte Schnittmenge an kulturellen Übereinstimmungen. Daraus schließt man, dass ein Nationalstaat die Basis für eine funktionierende demokratische Politik ist.

II.) Diese Art von Nationalismus, eben der progressive, ist nicht nach Idealen und Fantasien ausgerichtet, sondern nach der reinen Nützlichkeit. Was darauf aufbaut ist der reaktionäre Nationalismus, dieser erfüllt eine Funktion ähnlich wie die Religion als Beeinflussung und Lenkung einer Gesellschaft, wobei der Mensch von weltlichem Leiden, das heißt existenten Problemen, abgelenkt wird, indem ihm nationalistische und leicht glaubbare Illusionen vorgehalten werden. Der Mensch handelt nun nicht mehr danach, was das prüfbar beste sei, sondern nach seiner eigenen, subjektiven Vorstellung eines Konstruktes, das auf die materielle Welt keine Einflüsse hat. Der reaktionäre Nationalismus dient somit, wieder ebenso wie die Religion, im Kapitalismus dem Erhalt der bestehenden Strukturen, indem der Menschen von deren Fehlern abgelenkt wird; im Falle der Religion wird ihm die Vorstellung eines besseren Lebens nach dem Tode gegeben, die ihn dazu bringt, die Leiden des Weltlichen zu ertragen und zu dulden; im Falle des Nationalismus entsteht jedoch eine perfidere Täuschung: so wird die Herabwertung des Individuums indoktriniert, wofür ein als existent deklariertes Gebilde, was mit der Nation als Gesellschaft nichts mehr zutun hat, als oberstes Leitbild gepriesen wird. Da von oben nach unten gelehrt, hat die herrschende Klasse die Kontrolle über verschiedene Interpretationsrichtungen und Ausprägungen des reaktionären Nationalismus - je nachdem, wie es ihrer Politik gerade am besten kommt.

III.) Um auf den progressiven Nationalismus zurückzukommen: Die Erkenntnis vorausgesetzt, dass eine natürliche ebenso wie kulturelle Evolution stattfindet, bildet der Nationalstaat nur eine bestimmte Stufe innerhalb der kulturellen Weiterentwicklung eines Ordnungskonstrukts, von dem aus höhere Formen erstrebt werden können. So kann kein Vielvölkerstaat eine Grundlage für internationalistisch ausgeprägte Politik sein, denn einzelne Nationen innerhalb dessen werden sich im Handeln der Regierung als benachteiligt ansehen, etwas anderes ist de facto kaum möglich, und die Forderung nach einem eigenen Nationalstaat käme auf, was das Ende des Vielvölkerstaates bezeichnen würde. Wenn sich jedoch eine Gruppe von freien und souveränen Nationalstaaten zusammenschließt, immer noch unter der Wahrung eigener Interessen, weil sich aus der Gesamtmenge der staatlichen Grundeinstellungen eine ähnlich große Schnittmenge ergibt, wie die der Anschauungen und Auffassungen des Volkes innerhalb des Staates - ein Beispiel bietet das weitestgehend demokratisch geprägte Europa und dessen weiträumige Vereinigung in der EU - so stellt der Internationalismus ein Verlangen nach der Überwindung politischer, also zwischengesellschaftlich bestehender Grenzen dar, da eben diese Gesellschaften bereits beginnen, ineinander überzugehen. Dem reaktionären Nationalismus wäre diese Entwicklung ein Dorn im Auge, aufgrund der ihm eigenen verfälschten Vorstellungen verteidigt er das Festhalten an einem völlig unabhängigen und unbeeinflussten Nationalstaat - das vermeintliche Bilden von Nationalbewusstsein dient in solchen Situationen oft dem Individuum als Ersatz für Selbstbewusstsein - egal, ob sich dieser Konservatismus gegen die kulturelle Evolution stellt. Die Aufgabe des progressiven Nationalismus, die Befriedigung des Bedürfnisses nach einem erfolgreichen Nationalstaat, wäre erfüllt, indem das internationalistische Begehren aufkommt. Er wird als überflüssig empfunden und der Entwicklung kann unbehindert ihr Lauf gelassen werden.

IV.) Es ist also nicht korrekt, zu sagen, Nationalismus sei grundsätzlich falsch - es gilt zu differenzieren. Nationalistische Politik muss, wie jede andere auch, weltbezogen sein und sich nicht an Weltvorstellungen und Dogmen orientieren, sie darf der kulturellen Evolution nicht im Weg stehen, sondern hat diese zu fördern, nämlich durch die Erfüllung ihrer eigensten Funktion: Die Errichtung eines Nationalstaates und dessen erfolgreiche Lenkung zum Wohl der dort als Volk lebenden Gesellschaft, um auch so Grenzen innerhalb einer Gesellschaft und ebenso zwischen diesen abzubauen. Falsch ist es allerdings, an so einem Prinzip festzuhalten, noch nachdem es gemessen an seinen Aufgaben erfüllt ist - und das ist es heutzutage schon längst.

Freitag, 19. November 2010

Historischer Materialismus (6/6)

VI.)Der Kommunismus wird die letzte Entwicklungsstufe des Menschen sein, in der es keine Klassen, Staaten, Geldsysteme, Ausbeutung, Wirtschaftskrisen, Waren mehr gibt.

Kommunismus als Beschränkung der individuellen Freiheit

Kommunismus und Planwirtschaft kommen für viele als eine unzumutbare Beschränkung vor, weil es da nicht Geld gibt, mit dem einem potentiell alle Möglichkeiten offen stehen und man sich nichts von einem sagen lassen muss. Diese Menschen bemerken aber nicht, dass zu der Freiheit im Kapitalismus auch die Not gehört, angewiesen zu sein darauf, für fremdes Eigentum zu arbeiten, weil es einem eben an gerade diesem Geld mangelt, das einem alle Tore öffnet. Planwirtschaft dagegen lebt nicht davon, dass alle sich aneinander privat zu bereichern versuchen, sondern bestimmen selbst kollektiv die Produktion, bestimmen Zweck der Produktion, ordnen sich aber auch dem Plan dann unter. Das begreifen sie dann als eine Vorgabe, die auch auf Verbindlichkeiten beruht und man nicht einfach spontan nach seinem Willen doch auf die notwendige Arbeit verzichten kann usw. Lieber leben diese Menschen dann in der Not, in der sie selbst entscheiden können, ob sie unter der Brücke schlafen wollen, arbeiten oder schauen, ob sich mit Arbeitslosengeld leben lässt. Sie bemerken nicht, dass ihr Leben im Kapitalismus - „das System der Freiheit“ - nicht von einem selbst abhängt, sondern stets nur davon, ob man für fremden Dienst gebraucht wird oder nicht.

Errungenschaften im Kommunismus

- beträchtliche Steigerung im Entwicklungsstand der Produktivkräfte und im Niveau der Arbeitsproduktivität
- verbesserter Umfang und Struktur der materiell-technischen Basis
- Abschaffung des staatlichen Eigentums an Produktionmitteln und Ersetzung durch eine einheitlich kommunistische Eigentumsform
- Klassenloser Gesellschaftstyp, Abschaffung sozialer Schichten
- Aufhebung des sozialen Unterschieds zwischen Stadt und Land
- Aufhebung der sozialen Unterschiede zwischen geistiger und körperlicher Arbeit
- „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“

Das Prinzip der Leistung wird also durch das Prinzip der Bedürftigkeit ersetzt. Der Übergang vom sozialistischen zum kommunistischen Verteilungsprinzip kann nur erfolgen, wenn die materiell-technische Basis im Kapitalismus und schließlich im Sozialismus weit genug ausgebaut worden ist, wenn die Qualität der Produktivkräfte eine Entwicklungsstufe erreicht haben, die eine bedarfsgerechte Verteilung zulassen.

„In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“ (MEW 19, S. 21)

Dies beinhaltet auch, dass die Arbeit -welches wie ursprünglich ein Lebensbedürfnis des Menschen wird- wieder als ein befreiender Akt angesehen werden kann, dass der Mensch aus eigenen Antrieb sein gesellschaftlichen Anteil an Arbeit durchführt, weil er ein Interesse daran hat, die planmäßige Produktion aufrecht zu erhalten.

„Auf dieser Grundlage wird sich der Charakter der Arbeit grundlegend wandeln und die Arbeit zum ersten Lebensbedürfnis der Menschen werden. Der Arbeitsprozess wird zur wichtigsten Sphäre, in der die Individuen ihre Fähigkeiten, Talente und Neigungen allseitig entfalten und betätigen können. Der Kommunismus ist die Gesellschaft, "worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist." (MEW 4, S. 482)

Dass diese Moral heute weitgehend fehlt, ist logisch. Allerdings liegt dies nicht an ehernen menschlichen Charakterschwächen. Der Mensch ist weder von Grund auf „böse“ (nach dem Philosophen Hobbes) noch von Grund auf „gut“ (nach dem Philosophen Rousseau), sondern das Produkt der gesellschaftlichen Einflüsse auf den Menschen (nach dem Wissenschaftler Marx). Die moralische Einstellung, die dem Menschen heute zum Kommunismus fehlen mag, entwickelt sich erst mit dessen Herstellung. Es gibt immer nur die Moral der jeweiligen Gesellschaft, aber keine allgemeine Moral.

„Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“ (MEW 13, S. 7-11)

Absterben des Staates

Ebenso bedeutend ist das Absterben des Staates. Aber auch dies lässt sich am Besten mit den Originalworten Friedrich Engels´ und Karl Marx´ erklären:

„Das Proletariat ergreift die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum. Aber damit hebt es sich selbst als Proletariat, damit hebt es alle Klassenunterschiede und Klassengegensätze auf und damit auch den Staat als Staat. Die bisherige, sich in Klassengegensätzen bewegende Gesellschaft hatte den Staat nötig, d.h. eine Organisation der jedesmaligen ausbeutenden Klasse zur Aufrechterhaltung ihrer äußern Produktionsbedingungen, also namentlich zur gewaltsamen Niederhaltung der ausgebeuteten Klasse in den durch die bestehende Produktionsweise gegebnen Bedingungen der Unterdrückung (Sklaverei, Leibeigenschaft oder Hörigkeit, Lohnarbeit). Der Staat war der offizielle Repräsentant der ganzen Gesellschaft, ihre Zusammenfassung in einer sichtbaren Körperschaft, aber er war dies nur, insofern er der Staat derjenigen Klasse war, welche selbst für ihre Zeit die ganze Gesellschaft vertrat: im Altertum Staat der sklavenhaltenden Staatsbürger, im Mittelalter des Feudaladels, in unsrer Zeit der Bourgeoisie. Indem er endlich tatsächlich Repräsentant der ganzen Gesellschaft wird, macht er sich selbst überflüssig. Sobald es keine Gesellschaftsklasse mehr in der Unterdrückung zu halten gibt, sobald mit der Klassenherrschaft und dem in der bisherigen Anarchie der Produktion begründeten Kampf ums Einzeldasein auch die daraus entspringenden Kollisionen und Exzesse beseitigt sind, gibt es nichts mehr zu reprimieren, das eine besondre Repressionsgewalt, einen Staat, nötig machte. Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Repräsentant der ganzen Gesellschaft auftritt - die Besitzergreifung der Produktionsmittel im Namen der Gesellschaft, ist zugleich sein letzter selbständiger Akt als Staat. Das Eingreifen einer Staatsgewalt in gesellschaftliche Verhältnisse wird auf einem Gebiete nach dem andern überflüssig und schläft dann von selbst ein. An die Stelle der Regierung über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht "abgeschafft", er stirbt ab.“ (MEW 19, S. 210-228)

„Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingung des Klassengegensatzes, der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf. An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation (= freiwilliger Zusammenschluss), worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“ (Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 482)

Gesellschaftliche Planung der Produktion

Zur Ökonomie ist -neben den vergesellschafteten Produktionsmitteln- zu sagen, dass sowohl der Tausch und damit auch die Ware sowie letztendlich das Geld als Tauschmittel selbst verschwinden. Verausgabung der Arbeitskraft in die Produktion sowie die Verteilung der Produkte wird nichtmehr vom Markt (wie im Kapitalismus) noch vom Staat (wie im Sozialismus) geregelt, sondern von der Gesellschaft selbst in bewusster und planmäßiger Art und Weise.
Dieses hat zwei Intentionen: Zum einen eine quantitativ gerechtere Verteilung, zum anderen die Emanzipation von einem verselbstständigten anonymen und objektiven Zwang gegenüber dem Individuum (Ende der Herrschaft des Produkts über den Produzenten). Erst dann können die Mitglieder eines „Vereins freier Menschen“ ihre gesellschaftlichen Angelegenheiten wirklich selbst regeln und gestalten. Die Intentionen eines Marxisten gehen also über einfache Verteilungsfragen weit hinaus. Ihr Ziel ist die vollständige Emanzipation des Menschen. Ein Punkt, den die Gegner des Kommunismus noch nie verstanden haben.
Erstmals ist es mit der kommunistischen Gesellschaftsform möglich, dass Geschichte nicht das zufällige Produkt verschiedener menschlicher Handlung ist, sondern der Mensch wird in der Lage sein, Geschichte bewusst zu verwirklichen:

"Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten. Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion wird ersetzt durch planmäßige bewußte Organisation. Der Kampf ums Einzeldasein hört auf. Damit erst scheidet der Mensch, in gewissem Sinn, endgültig aus dem Tierreich, tritt aus tierischen Daseinsbedingungen in wirklich menschliche. Der Umkreis der die Menschen umgebenden Lebensbedingungen, der die Menschen bis jetzt beherrschte, tritt jetzt unter die Herrschaft und Kontrolle der Menschen, die zum ersten Male bewußte, wirkliche Herren der Natur, weil und indem sie Herren ihrer eignen Vergesellschaftung werden [...] Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewußtsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maß auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. Es ist der Sprung der Menschheit aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit." (MEW 19, S. 210-228)

Recht & Gesetz

Die kommunistische Gesellschaft lebt nicht in archaischen Zuständen. Recht und Gesetz sterben zwar mit dem Staat selbstverständlich zwangsweise mit ab, aber selbst Mitglieder kommunistischer Gesellschaften müssen ihr gemeinschaftliches Leben regeln – vielmehr noch, sie müssen sogar auf kleinster Ebene selbstverantwortlich in den jeweiligen Betrieben ihre Produktion organisieren, sie müssen die gesellschaftliche Produktion koordinieren, sie müssen Sorge dafür tragen, dass die heute verschiedenartigen Interessen von Konsumenten und Produzenten identisch werden, sie müssen Rechte von Minderheiten gegenüber von Attacken anderer Gruppen schützen sowie Diskriminierungen jeglicher Art vorbeugen und ggf. bestrafen können.


Fazit

Die gesamte menschliche Entwicklung ist eine Geschichte von Klassenkämpfen. Der Klassenkampf ist die entscheidende Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung in allen antagonistischen Klassengesellschaften. Der Klassenkampf ist die notwendige Folge des Klassenantagonismus und der daraus entspringenden gegensätzlichen Klasseninteressen zwischen den Grundklassen einer ökonomischen Gesellschaftsformation der Ausbeutergesellschaften. Er ist eine objektive Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung.
Zu beachten gilt, dass die Übergänge von einer Gesellschaftsform zu einer anderen nicht bruchartig, sondern fließend verlaufen, sodass es für bestimmte Zeit Mischformen geben kann. Desweiteren kann die Entwicklung bei falscher oder voreiliger Umsetzung rückwärts verlaufen, beispielsweise durch Konterrevolution.
Die Entwicklung zum Kommunismus ist ebenfalls objektive Gesetzesmäßigkeit, somit unvermeidbar und nur temporär abhängig, da es Gesetz der Natur ist, dass sich die Menschheit -wie viele sonstige Lebesformen auch- zu einer immer höheren, komplexeren Stufe weiterentwickelt. Mit dem Kommunismus schließt sich also der menschliche Entwicklungszyklus, weil bestimmte Formen der ursprünglichen Urgesellschaft wiederhergestellt sind, wenn auch auf einer völlig anderen, qualitativen Ebene.

„Und auch wenn eine kommunistische Gesellschaft nur schwer zu erreichen sein mag – angesichts der sozialen Verheerungen, die der globale Kapitalismus durch Krisen und Arbeitslosigkeit sowohl in den entwickelten Ländern als auch in den Ländern der sogenannten „Dritten Welt“ anrichtet, während gleichzeitig ein historisch noch nie da gewesenes Niveau materiellen Reichtums existiert; angesichts der von der kapitalistischen Produktion bewirkten Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, die längst nicht mehr nur lokal stattfindet, sondern bereits den Planeten als Ganzes betrifft (wie beim Klimawandel deutlich sichtbar wird); angesichts immer neuer Kriege, die auch von den „demokratischen“ bürgerlichen Staaten ausgehen oder gefördert werden; angesichts all dessen also – gibt es genug Gründe, den Kapitalismus abzuschaffen und ihn durch einen „Verein freier Menschen“ zu ersetzen“ (nach Michael Heinrich in „Kritik der pol. Ökonomie – Eine Einführung“). Die Probleme des 21. Jahrhunderts, zu dem zusätzlich noch der erstarkende Rechtspopulismus zu nennen ist, verdeutlicht, dass der Kampf für den Sozialismus keine Frage des persönlichen Willens ist, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit.


„Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände.
In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung hervor.
Die Kommunisten arbeiten endlich überall an der Verbindung und Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder.
Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.
Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

(MEW 4 , S. 459-493)

Verwendete Materialen:

- Friedrich Engels: Grundsätze des Kommunismus ; Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft
- Georg Fülberth: „Kapitalismus“
- M. Heinrich: Kritik der pol. Ökonomie – Eine Einführung
- http://www.porta-vitae.net/Wissenswertes/Vortr%E4ge/Mittelalterliche%20Gesellschaft/Mittelalterliche%20Gesellschaft.html
- http://www.stamokap.org/histomat.html#45
- http://www.stamokap.org/marx-grundlagen.html
- http://www.mxks.de/files/ag/proletariat.html

Samstag, 13. November 2010

Erlebnisbericht Wendland 2010

Organisiert wurde die Hinreise von einem unparteilichen Marburger Anti-Atom-Bündnis, mit dem ich auch schon im September zu einer Großdemonstration gegen die Energiepolitik der Regierung in Berlin gefahren bin. Im Vorfeld der Protestaktionen, genauer in den Herbstferien, habe ich bereits an ein Aktionstraining teilgenommen, wo man durch einen erfahrenen „Trainer“ auf die Aktionsformen zum Castor-Transport vorbereitet wurde: Z.B. wie man sich am besten von der Polizei während einer Blockaderäumung wegtragen lässt, wie man eine Polizeikette durchfließt, wie es mit Nahrung und Schlafmöglichkeiten aussieht etc. etc. Auch habe ich während des Aktionstrainings drei Jugendliche aus Marburg kennengelernt, mit denen ich mich schließlich zu einer Bezugsgruppe für die Blockade-Aktion auf der Landtstraße zusammengeschlossen habe.
Mein Anreiz zur Teilnahme an den Protesten setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen:
- zuallererst meine tiefe Empörung aufgrund der bevorstehenden Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke durch die schwarz-gelbe Regierung und das damit verbundene Aufkündigen des Atomkompromisses von 2001
- die ungelöste Endlagerfrage: Es gibt einfach kein „Abstellplatz“ für jahrhundertelang radioaktiv strahlenden Atommüll. Der Entschluss, trotzdem die Produktion von noch mehr Atommüll zu tolerieren, erscheint mir kurzsichtig und unverantwortlich
- die durch die Laufzeitverlängerung hervorgerufene Verzögerung in der Entwicklung Erneuerbarer Energien
- und schließlich meine politische Überzeugung, dass ein objektiver Widerspruch herrscht zwischen parlamentarischer Demokratie und dem Willen der Bevölkerung. Durch die Teilnahme an den Protesten wollte ich verdeutlichen, dass beides nicht zwangsweise identisch ist und die Demokratie damit nur eingeschränkt gilt

Am Samstag sind schließlich von Marburg fünf Busse losgefahren. Leider kamen wir aufgrund von Staus und Parkplatzmangel zwei Stunden zu spät zur Kundgebung. Sei´s drum – ich konnte für die nächsten Tage mein letztes Stück Fleisch essen. Anschließend sind wir -der Organisation sei Dank- per Shuttle-Bus in das Zeltlager Gedelitz gefahren, wo ich mein Zelt aufgebaut habe. Dort hat sich meine Bezugsgruppe auch mit einer erfahreneren Bezugsgruppe aus Hamburg zusammengeschlossen. Unser Name lautete „Blauwahl“.
Sonntagmorgen ist schließlich das gesamte Camp (~1.500 Menschen) Richtung Landstraße zwischen Gorleben und dem Endlager gezogen. Da wir mit einer Polizeikette vor der Landstraße rechneten, haben wir uns in 5 Finger aufgeteilt. Diese 5-Finger-Taktik wurde schon erfolgreich in Heiligendamm ausprobiert und sorgt dafür, dass man eine Polizeikette ohne größere Verluste gewaltfrei durchfließen kann. Jeder Finger besteht aus mindestens 100, in unserem Fall ca. 300 Menschen. Diese Finger laufen in gespreizter Laufrichtung friedlich auf die Polizeikette zu. Kurz vor dem Erreichen der Polizeikette lösen sich die Finger auf, sodass im letzten Moment eine ausgestreute Menschenmenge die Polizeikette möglichst in die Länge zieht. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass möglichst viele gewaltfrei durch die Polizeikette durchkommen bzw. durch“fließen“ können, am Größten. Doch zu unserer Überraschung war die Landstraße leergefegt. Ohne größere Probleme konnten wir diesen wichtigen Abschnitt besetzen. Dies lag daran, dass der Großteil der eingesetzten ca. 16.500 Polizisten mit der Abwehr der „Castor? Schottern!“-Aktion beschäftigt war. Wenn auch den Berichten zufolge das Schottern nicht sehr erfolgreich gewesen sein sollte, so haben diese uns doch den Rücken freihalten können.
Meine Bezugsgruppe (Ich, drei aus Marburg, vier aus Hamburg) hat sich für einen längerfristigen Aufenthalt eingerichtet: Der von uns besetzte Straßenabschnitt wurde mit einer Plastikfolie und gold-silbernen Wärmedecken unterlegt, damit die Kälte im Boden blieb. Anschließend kam noch eine Matraze darauf, eine Isomatte, schließlich der Schlafsack, im Schlafsack noch eine gold-silberne Wärmedecke und eine zusätzliche Plastikplane als Regenschutz. Wir waren für die Nächte unter freien Himmel also gut gerüstet, sodass wir weder geschwitzt noch besonders gefroren haben.
Bis Montagabend kamen noch ca. 2.500 Menschen, die meisten davon von den abgeschlossenen „Castor?Schottern!“-Aktionen, zu uns – sofern sie noch Energie hatten. x-tausendmalquer hat sich vollständig mit den Schotter-Aktionen solidarisiert und Schotterer zu unserer Blockade willkommen geheißen, sofern sie sich aber am gewaltfreien Aktionskonsens des zivilen Ungehorsams halten würden. Dieser Aktionskonsens von x-tausendmalquer beinhaltet u.a.: Gewaltfreiheit, Respekt gegenüber dem Polizisten als Menschen, Ungehorsamkeit gegenüber Vorschriften zum Schutz des Castor-Transportes, Widerstand gegen Polizeiwillkür und -ganz wichtig- hierarchiefreie Strukturen. Dies wurde versucht dadurch zu erreichen, dass für jede zu treffende Entscheidung bereits innerhalb der Bezugsgruppe diskutiert und sich dann auf ein Gruppenkonsens geeinigt wurde, welcher wiederum im Sprecherrat durch den Gruppensprecher vertreten wurde. Dieses basisdemokratische Prinzip von x-tausendmalquer hat mich beeindruckt. Der Sprecher einer Bezugsgruppe wurde von jedem Gruppenmitglied gewählt, dieser vertrat dann die vorher besprochenen Meinungen und Interessen jeden Gruppenmitgliedes im sg. Sprecher/Innenrat. Im Sprecherrat wurde alles Organisatorische besprochen und abgestimmt. Die Ergebnisse des Sprecherrates wurden wiederum nach der Sitzung vom Sprecher jedem Basisgruppen-Mitglied mitgeteilt. Dieses Prinzip wurde konsequent verfolgt uns sorgte für ein großes Vertrauen der Protestler gegenüber den Organisatoren.

Die Zeit ging auf der Landstraße relativ schnell vorüber. Man konnte neue, meist gleichgesinnte Menschen kennen lernen, mit seiner Bezugsgruppe Karten spielen, Transparente anschauen, den Polizisten beim Frieren zuschauen, nochmal an Aktionstrainings zur bevorstehenden Räumung teilnehmen, mit anderen Protestlieder trällern, sich an Feuertonnen aufwärmen und und und... Sonntagabends haben es die Organisatoren von x-tausendmalquer trotz der Illegalität unserer Aktion geschafft, eine kleine Bühne auf der Landstraße aufzustellen und eine DJ-Band zu engagieren, welche die jungen Teilnehmern einen Abend mit Disco-Feeling verwöhnt haben.
Nicht minder gut organisiert war die Versorgung der Blockierer. Für jeden der x-tausend Teilnehmer gab es stets heiße Getränke (Kräutertee, Schwarzer Tee, Kaffee, manchmal auch heiße Schokolade), mittags gab es warme Mahlzeiten (natürlich nur vegan), morgens und abends konnte man sich ausreichend Brote schmieren. Unabhängig von den eigentlichen Organisatoren wurde sogar ein Pizza-Stand aufgebaut, wofür man aber verständlicherweise lange anstehen musste – andererseits, man hatte ja eh nichts besseres zu tun. Ein paar Bürger von Gorleben waren sogar solidarisch genug, um morgens mit beschmierten Broten herumzulaufen und diese an hungrige Frühaufsteher zu verteilen. Montagnachmittags habe ich persönlich mit anderen Mitgliedern meiner Bezugsgruppe die Blockierer mit Waffeln -teils vegan, teils mit Ei und Milch- versorgt. Die Blauwahl-Mitglieder aus Hamburg hatten ein spezielles Waffeleisen mitgebracht: Ein durch eine Autobatterie angetriebener Ventilator verwandelte ein kleines, durch Kastanien genährtes Feuer zu einer ausreichend großen Stichflamme, um das oben hängende Waffeleisen zu erhitzen. Das Waffeleisen selbst war eine Spezialkonstruktion aus Österreich, in welche in der Oberseite das Logo „Atomkraft? Nein Danke!“ eingraviert ist.
Für die Folgen des Essens standen Dixi-Toiletten parat. Die Polizei war sogar tolerant genug, diese einmal täglich per Spezial-LKW absaugen zu lassen.
Ein riesiges Glück hatten wir mit dem Wetter. Sonntag gab es größtenteils Sonnenschein, Montag war es zwar bewölkt, es regnete aber nicht. Regenjacke und -hose konnten also im Rucksack bleiben. Einziges Problem war der bereits am Abend einsetzende Morgentau, den wir z.T. nasse Schlafsäcke zu verdanken hatten.

Die Handy-Netze waren nicht immer voll funktionsfähig, aber x-tausendmalquer informierte uns regelmäßig durch Lautsprecherdurchsagen vom aktuellen Geschehen rund um unserer Blockade-Aktion. Für große allgemeine Erheiterung sorgte z.B. die Nachricht, dass ein Bauer ca. 2000 Schafe und Ziegen auf die Straße getrieben hat, sodass die Polizei erstmals mit tierischen Blockierern konfrontiert gewesen ist. Noch erfolgreicher allerdings war die sehnlich erwartete Greenpeace-Aktion: Getarnt als Bier-LKW blockierte er eine entscheidende Kreuzung und schaffte es, sich innerhalb weniger Sekunden im Boden einzubetonieren – samt zwei Aktivisten, deren kompletter Unterkörper ebenfalls einbetoniert gewesen war. 13 Stunden brauchte die Polizei, um dieses doch sehr spezielles Problem schadenslos zu lösen.
Montagabend lag schließlich bereits diese dumpfe Vorahnung in der Luft, dass die folgende Nacht die letzte Nacht auf der Straße sein würde. Und so war es auch, gegen 21 Uhr forderte die Polizei zum Verlassen der Blockade auf. Allerdings zog es sich mit der Räumung doch noch hin, denn die Wendländer Bauern haben mit Treckern wichtige Zufahrtsstraßen der Polizei blockiert, sodass die Anzahl an Polizisten vor Ort nicht für eine Räumung ausreichte. Erst gegen drei Uhr nachts waren wohl genügend Polizisten aus Sachsen anwesend – die Räumung begann. Doch da sie nur von einer Seite räumten, und unsere Blauwahl-Gruppe eher am anderen Ende der Blockade saß bzw. lag, konnte trotz Räumung noch gut und gern zwei Stunden geschlafen werden. Gegen fünf Uhr bin ich schließlich aufgestanden und habe meine Sachen in aller Ruhe im Rucksack verstaut, den Schlafsack zusammengestaut und schließlich auf die Polizei gewartet. Inzwischen hat die (Bundes-)Polizei angefangen auch am anderen Ende der Blockade zu räumen. Dies wurde leider erst sehr spät bemerkt, sodass die Polizei aufgrund fehlender Presse ruppig und ungeduldig gegen Blockade-Teilnehmer vorgehen konnte. Letztendlich mussten diese Bundespolizisten selbst von Lautsprechern der eigenen Polizei zur Mäßigung aufgerufen werden. Gegen halb sieben schließlich war es soweit, zwei fertig aussehende Bundespolizisten haben mit gespielter Freundlichkeit gefragt, ob ich denn freiwillig mitkommen würde. Ich verneinte natürlich, und so haben sie mich ein paar Meter weiter weg auf einen angrenzenden Fahrradweg getragen, wo sich meine Bezugsgruppe auch wieder gesammelt hatte. Anschließend sind wir gemeinsam zurück ins Zeltlager Gedelitz gegangen, denn den Strahlen des Castor-Transportes wollten wir uns nicht unnötig aussetzen.
Zur Räumung muss gesagt werden, dass die Polizei dort freundlich, deeskalierend und rücksichtsvoll agiert hat, wo Presse und Fotoapparate präsent waren, und dort unverhältnismäßig, ruppig und eilig agiert hat, wo diese fehlten. Es war also nicht verwunderlich, dass Blockierer regelmäßig die Presse zu sich gerufen haben.
Zurück im Camp habe ich mich endlich mal wieder umziehen können, habe das Zelt abgebaut, nochmal was gegessen und ein letztes Mal mit der kompletten Bezugsgruppe zusammengesessen, wo jeder von uns ein Resümee abgegeben hat, wie er die letzten Tage empfand. Die Marburger Mitglieder unserer Bezugsgruppe und ich haben letztlich gemeinsam den Rückweg gen Südwesten angetreten. Gegen 20 Uhr war ich wieder zu Hause in Biedenkopf.
Jetzt, einige Tage später und mit genügend zeitlichen Abstand, kann ich die Blockade-Aktion ruhigen Gewissens als Erfolg bewerten. Nicht nur konnte ich Protest zeigen und den Druck auf die Regierung zusammen mit ca. 5000 Mitaktivisten erhöhen, sondern die Tage im Wendland haben auch mir ganz persönlich einiges gebracht. Ich konnte neue Erfahrungen sammeln, die man eben nur sammeln kann, wenn man zwei Tage und zwei Nächte ununterbrochen auf der Landtstraße verbringt, ich konnte neue Menschen kennen lernen und Bekanntschaften schließen und auch einfach alles, was einem sonst im Alltag verfolgt, mal hinter mich lassen. Obwohl auf einer Landstraße „eingeengt“, war es doch ein bisher unbekanntes Gefühl der inneren Freiheit, welches mir hoffentlich auch zukünftig Antrieb sein wird. Von dem Bereich der Hygiene mal abgesehen: Die Castorblockade hat sich gelohnt und ich würde es sofort wiederholen.
Überraschend positiv waren auch die Reaktionen mir persönlich gegenüber im heimatlichen Hinterland. In die 11.Jahrgangsstufe wurde ich eingeladen, um einen mündlichen Erlebnisbericht abzugeben, mehrere Lehrer haben sich interessiert bekundigt, ein Biolehrer an meiner Schule hat gar selber Erlebnisse aus den 90er Jahren im Wendland mit mir ausgetauscht. Es ist wirklich nicht so, dass die Schule bzw. das Lehrerkollegium Teilnahme an politischen Aktionen auch während der Schulzeit strikt ablehnend gegenüber stände.
Nachtrag: Soeben kommt die Meldung, dass diverse Unions-Landesminister dafür sind, die zusätzlichen Polizeikosten auf die Demonstranten abzuwälzen. Es stimmt mich nachdenklich, dass der umweltbewusste und generell politische Protest von der Regierung nicht gewürdigt wird, wo sie doch sonst die angebliche Politikverdrossenheit der Jugend, die in Wahrheit aber eine Parteienverdrossenheit ist, bedauern. Anstatt die Möglichkeiten an politischer Partizipation auch außerhalb der Wahlkabinen zu fördern, versucht es die bürgerliche Regierung nun, diese einzuschränken und Aktivisten einzuschüchtern. Die Kriminalisierung Andersdenkender ist eigentlich Wesensmerkmal eines sg. Unrechtsstaates. Die Opposition in und außerhalb des Parlamentes, besondern die SPD, muss aufpassen, dass der Rechtsstaat und Möglichkeiten zur demokratischer Teilhabe nicht immer weiter eingeschränkt werden. Käme der Vorschlag der Justiz- bzw. Innenminister von Niedersachen und Bayern durch, dass Demonstranten für ihren Protest zahlen müssen, wäre dies ein eklatanter Eingriff in demokratische Grundrechte des mündigen Bürgers.


Links:
https://www.x-tausendmalquer.de/
http://www.castor2010.de/
Online-Artikel:
http://www.tagesschau.de/inland/castorkosten100.html
http://www.taz.de/1/archiv/detailsuche/?tx_hptazsearch_pi1[search_term]=castor&tx_hptazsearch_pi2[submit_button].x=0&tx_hptazsearch_pi2[submit_button].y=0
http://www.jungewelt.de/suche/index.php?and=castor&x=0&y=0&search=Suchen
Bilder:
http://www.publixviewing.de/index.php?cont=news&id=83&n=1
http://www.taz.de/index.php?id=bildergalerie&tx_gooffotoboek_pi1[fid]=1&tx_gooffotoboek_pi1[srcdir]=Castor-2010&tx_gooffotoboek_pi1[func]=combine
Videos:
http://www.spiegel.de/flash/flash-24723.html

Samstag, 30. Oktober 2010

Historischer Materialismus (5/6)

V.)Laut Marx soll der Sozialismus als den Kapitalismus ablösende Gesellschaftsform die nächste Entwicklungsstufe bilden. Hier soll die Diktatur des Proletariats herrschen und den Kommunismus vorbereiten.

Ab jetzt findet an dieser "Broschüre" ein Einschnitt statt. Ziel ist nunmehr nicht mehr die wissenschaftliche Beschreibung der bisherigen Gesellschaftszustände, sondern eine Vorausdeutung der künftigen menschlichen Entwicklung, soweit sie sich an der bisherigen Entwicklung ablesen lässt.

Strategie & Taktik zum Erreichen des Sozialismus

Das Mittel zum Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ist der Klassenkampf. Dabei gilt es, die objektiven Bestandteile des Klassenkampfes zu analysieren und demnach den Klassenkampf einen subjektiven Charakter zu Gunsten der Arbeiterklasse zu geben.
Hauptinteresse des revolutionären Marxismus muss es sein, alle revolutionären Kräfte zumindest auf nationaler Ebene in einer Organisation zu bündeln. Sowohl Zersplitterung der revolutionären Kräfte als auch Einheit mit reformistisch-opportunistischen Kräften erweist sich für das Erreichen des großen Ziels als schädlich. Die Eigentumsfrage steht im Mittelpunkt jeder revolutionären Bewegung.
Viel konkreter lassen sich Strategie und Taktik allgemein nicht benennen. Letztendlich muss jede revolutionär-sozialistische Bewegung selbst entscheiden, wie sie vorgeht. Ihre Strategie und Taktik sind verknüpft an objektive wie subjektive Bedingungen, das derzeitige Klassenverhältnis und die Form des zu stürzenden Staates in ihrem jeweiligen Land.
Strategie & Taktik einer Revolutionsbewegung dürfen nicht starr sein. Das Kräfteverhältnis zwischen den antagonistischen Klassen ist einem beständigen Wandel unterworfen, deren Veränderung sich die Bewegung anpassen muss.
Allgemeines Ziel sollte aber stets sein, die Arbeiterklasse mit anderen progressiven Bewegungen unterdrückter Klassen zu verbünden. Je breiter das Bündnis mit anderen Teilen der Volksmasse, desto leichter und friedlicher wird der Kampf um die soziale Befreiung sein.
"Die marxistische Taktik besteht in der Verbindung verschiedener Kampfmethoden, im geschickten Übergang von einer zur anderen, in der beständigen Erhöhung des Bewusstseins der Massen und des Umfangs ihrer kollektiven Aktionen." (Lenin, Werke, Bd. 20, S. 206)
Die verschiedenen Kampfmethoden können jeweils gänzlich unterschiedlich sein: Parlamentarisch oder außerparlamentarisch, friedlich oder gewalttätig, legal und illegal – je nachdem, wie es die konkret-historische Situation aktuell für am besten hält.
Angesichts der weiter zunehmenden Internationalisierung ökonomischer (z.B. Globalisierung), politischer (z.B. Europäische Union) und sozialer (z.B. Attac) Prozesse in der Welt gewinnt der proletarische Internationalismus der sozialistischen Bewegung für die Strategie & Taktik der einzelnen nationalen Abteilungen der Arbeiterklasse und ihrer revolutionär-marxistischen Kräfte sowie der internationalen sozialistischen Bewegung insgesamt außerordentlich an Bedeutung.

Sozialistische Revolution

Eine Revolution ist eine grundlegende qualitative Umgestaltung der Gesellschaft als Ganzes oder einzelner und wesentlicher gesellschaftlicher Bereiche, eine der wichtigsten Phasen und Formen der gesellschaftlichen Entwicklung.
Wie wir bereits feststellen konnten, sind soziale Revolutionen in antagonistischen Klassengesellschaften eine gesetzmäßige Erscheinung. Ursache einer solchen Revolution sind die weiterentwickelten Produktivkräfte, welche mit den herrschenden Produktionsverhältnissen nicht länger vereinbar sind. Die herrschende Klasse versucht dennoch mit allen Mitteln -vorallem mit dem der Staatsgewalt- ihre überlebte Herrschaft trotzdem durch reaktionäre Politik abzusichern und zu verteidigen.

Während der sozialistischen Revolution muss die proletarische Klasse die politische Macht erobern, den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen und diesen durch einen eigenen Ersetzen. Deshalb ist jede soziale auch zugleich eine politische Revolution – denn nur so kann sie ihre Interessen endgültig durchsetzen. Erst danach können sich auch die Eigentumsverhältnisse den Zustand der Produktivkräfte anpassen, das heisst hier konkret: Können die Produktions- und Zirkulationsmittel vergesellschaftet werden.

Aber selbst nach einer sozialistischen Revolution ist die gesetzmäßige Entwicklung nicht sichergestellt. Bei Fehlern in der politischen Führung des revolutionären Staates kann es passieren, dass die bereits entmachtete Klasse doch noch ihre Herrschaft zurück erkämpfen kann. Dies nennt man dann Konterrevolution (Vgl. 1973 in Chile, 1989/1990 in Europa).

Der Unterschied der sozialistischen Revolution zu allen anderen vorherigen Revolutionen ist der, dass die sozialistische Revolution erstmals wirklich eine Volksrevolution ist. Sie versucht, die Interessen der Mehrzahl der Bevölkerung – nämlich die der Werktätigen – durchzusetzen. Vorangegangene Revolutionen, wie die bürgerliche Revolution, wurden zwar von der Mehrzahl der Bevölkerung getragen, dienten letztendlich aber nur dem Interesse einer Minderheit (wie der Bourgeoisie). Deswegen können künftige Revolutionen nur demokratisch sein. Verläuft die postrevolutionäre Entwicklung dennoch nicht demokratisch -z.B. durch eine Ein-Parteiendiktatur mit einem mächtigen Mann an der Spitze- so verfängt sie sich in einem soziopolitischen Widerspruch und wird an diesem letztendlich auch zu Gunsten des konterrevolutionären Bürgertums zu Grunde gehen (Vgl. 1989/1990).
Desweiteren unterscheidet sich die sozialistische Revolution weiterhin durch ein markantes Moment von den übrigen Revolutionstypen: Dank der wissenschaftlichen Erarbeitung der menschlichen Entwicklungsgeschichte durch Karl Marx und Friedrich Engels sind sich die revolutionären Kräfte ihrer Ziele und Absichten erstmals vor Ausbruch der Revolution bewusst. Sie läuft so darauf hinaus, jede Form der Ausbeutung ein Ende zu setzen, sowie die klassen-, herrschafts- und staatenlose Gesellschaft einzuleiten.

Führer der sozialistischen Revolution ist das Proletariat, das sich auf das feste Bündnis mit allen werktätigen Klassen und Schichten des Volkes stützt und die Diktatur des Proletariats errichtet. Dazu ist es notwendig, die Bourgeoisie politisch zu entmachten, den alten Staatsapparat vollständig zu beseitigen, ihn durch eine völlig neue politische Organisation der Gesellschaft, deren Hauptinstrument der sozialistische Staat ist, zu ersetzen. Während die bürgerliche Revolution im Wesentlichen mit der Erringung der politischen Macht endet, beginnt die sozialistische Revolution mit diesem Akt. Das sozialistische (gesellschaftliche) Eigentum an den Produktionsmitteln, die ökonomische Grundlage der sozialistischen Produktionsweise, kann erst mit Hilfe der Diktatur des Proletariats hergestellt werden. Die sozialistische Staatsmacht ist nicht nur ein Mittel zur Vernichtung der alten Ordnung, sondern vor allem Instrument, um die sozialistische Umgestaltung politisch, ökonomisch und kulturell zu vollziehen.

Die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Revolution sind:
-Errichtung der Diktatur des Proletariats in der einen oder anderen Form
-Führung der werktätigen Massen durch die Arbeiterklasse
-Bündnis der Arbeiterklasse mit anderen werktätigen Schichten
-Beseitigung der eventuell vorhandenen nationalen Unterdrückung
-Herstellung von Gleichberechtigung zwischen den Völkern
-Verteidigung der Errungenschaften des Sozialismus gegen die Anschläge äußerer und innerer Feinde
-Solidarität der Arbeiterklasse des gegebenen Landes mit der Arbeiterklasse der anderen Länder
-proletarischer Internationalismus
-Beseitigung des kapitalistischen Eigentums und Herstellung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln
-planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft
-Aufbau des Sozialismus, Hebung des Lebensniveaus der Werktätigen
-Revolution auf dem Gebiet der Ideologie und Kultur
-Heranbildung einer sozialistischen Intelligenz aus der Arbeiterklasse
-maximale Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts

Daraus wird ersichtlich, dass die sozialistische Revolution einen langen historischen Prozess umfasst und die Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ebenfalls revolutionären Charakter trägt. Der Sozialismus hat die Aufgabe, die Widersprüche des Kapitalismus und die von ihm erzeugten Widersprüche zu überwinden und so den Kommunismus vorzubereiten.

Zu den Elementen des subjektiven Faktors der Revolution gehören:
-das revolutionäre Bewusstsein der Werktätigen, ihre Bereitschaft und Entschlossenheit, den Kampf bis zum Ende zu führen
-die Hegemonie der Arbeiterklasse
-die Organisiertheit der Klasse, die es ermöglicht, alle Kräfte zu konzentrieren, die in der Lage sind, für den Sieg der Revolution zu kämpfen, solidarisch und einheitlich, nicht zersplittert zu handeln
-Schutz der Errungenschaften des Sozialismus gegen Anschläge äußerer und innerer Feinde
-die Führung der Werktätigen durch eine marxistische Kampforganisation, die erfahren, kampfgestählt und fähig ist, die richtige Strategie und Taktik des Kampfes auszuarbeiten und sie in die Tat umzusetzen

Diktatur des Proletariats

Von allen Punkten scheint der Begriff „Diktatur des Proletariats“ am zwiespältigsten zu sein. Worum es sich bei diesen Begriff handelt und warum diese notwendig für die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft ist, wird nun behandelt.
Nach der erfolgreichen sozialistischen Revolution errichtet die siegreiche Arbeiterklasse die Diktatur des Proletariats.
Warum nun Diktatur? Diktatur scheint ein Begriff zu sein, welcher für großes Entsetzen sorgt. Dabei ist gerade die Diktatur des Proletariats zentraler und notwendiger Bestandteil einer sozialistischen Gesellschaft. „Diktatur des Proletariats“ bezeichnet ursprünglich eine rein auf ökonomische Prinzipien reduzierte Herrschaftsform. Der Arbeiterklasse wird durch Sozialisierung der Produktionsmittel, des Grundeigentums und des Finanzkapitals die Möglichkeit gegeben, als herrschende, d.h. als aktiv gestaltende Klasse die Verantwortung über sämtliche Wirtschaftsbereiche des Staates zu übernehmen.
Damit löst sie die Bourgeoisie als herrschende Klasse ab. Kapitalismus, ob in einer demokratischen oder faschistischen Staatsform integriert, ist daher notwendigerweise gleichzeitig eine Diktatur der Bourgeoisie. Die eine Diktatur löst nur die andere Diktatur ab, aber mit den großen Unterschied, dass die ökonomische Diktatur des Proletariats erstmals in der Geschichte der Menschheit von der Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt ist, also identisch ist und sein muss mit einer politischen Demokratie. Der Beweis hierfür liegt bei Marx selbst: In seiner Schrift „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ preist er die Pariser Kommune als Gesellschaftsmodell der Zukunft und bezeichnete sie als Diktatur, obwohl sie rätedemokratisch organisiert war. Für Marxisten sind Diktatur, Herrschaft und Staat identische Begriffe.
Der sozialistische Staat wird damit auch zum Hauptinstrument zur Niederhaltung der bürgerlichen Konterrevolution und zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Mit der Errichtung der Diktatur des Proletariats befreit sich die Arbeiterklasse selbst sowie alle anderen werktätigen Klassen und Schichten aus der ökonomischen Unterdrückung durch die ehemaligen Ausbeuterklassen. Die Arbeiterklasse benutzt ihre Diktatur, um die Hauptproduktionsmittel der Gesellschaft in gesellschaftliches Eigentum zu überführen und die ökonomische Macht des Kapitals zu brechen. Daher bedeutet die Errichtung der Diktatur des Proletariats zugleich die Einführung der bis dahin umfassendsten Demokratie, der sozialistischen Demokratie für die werktätigen Massen des Volkes.
Besonders das letzte Jahrhundert hat gezeigt, dass sich die gestürzte Bourgeoisie mit dem Verlust ihrer Macht nicht abfinden will, sondern alle möglichen offenen und versteckten Versuche unternimmt, ihre verlorenen Positionen zurückzugewinnen, die alten Machtverhältnisse wiederherzustellen und die Diktatur des Proletariats zu beseitigen. Diese Bedrohung muss die herrschende Arbeiterklasse durch staatliche Zwangsmaßnahmen zur Selbstverteidigung begegnen: Sie kann vom Entzug politischer Rechte über gerichtliche Verfahren bis zum Einsatz militärischer Mittel reichen, um den zuverlässigen Schutz der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung zu gewährleisten.
Diese Auffassung über die Notwendigkeit einer „Diktatur des Proletariat“ unterscheidet Marxisten von allen sonstigen bürgerlichen wie utopisch-sozialistischen Ideologen: Marxisten sind nur diejenigen, die die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats erstrecken.
Wegen ihrer zentralen Bedeutung für den siegreichen Kampf der Arbeiterklasse um ihre sozioökonomische Befreiung ist die Diktatur des Proletariats bis heute Gegenstand wütender Angriffe und Verleumdungen der Bourgeoisie und der ihr zur Verfügung stehenden Manipulationsinstrumente sowie ihrer loyal gegenüberstehen politischen Organisationen einschließlich der rechten Sozialdemokratie. Sie versuchen durch die mechanische und undialektische, vom Klasseninhalt der Macht abstrahierende Gegenüberstellung der Begriffe "Diktatur" und "Demokratie" den demokratischen Charakter der Diktatur des Proletariats in Abrede zu stellen und den Klassencharakter des bürgerliche Staates als Diktatur der Bourgeoisie zu verschleiern.

"Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats." (MEW 19, S. 28)

Der Sozialismus

Der Sozialismus ist die erste (niedere) Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation, die auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln und der politischen Herrschaft der Arbeiterklasse im Bündnis mit anderen werktätigen Klassen und Schichten beruht. Der Sozialismus muss vollständig verwirklicht werden, um auf dieser Basis eine tatsächlich klassenfreie Gesellschaft zu erreichen.

Folgende Merkmale kennzeichnen des Sozialismus:
-das Ziel der Produktion: die immer bessere Befriedigung der wachsenden materiellen und geistigen Bedürfnisse der Werktätigen
-die Herrschaft des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, die Beseitigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen
-die Planmäßigkeit der Beziehungen zwischen den Menschen und Kollektiven in der Produktion, in der Verteilung, in der Gestaltung der gesellschaftlichen Beziehungen
-die Allgemeinheit der Arbeit, die Einbeziehung jedes arbeitsfähigen Mitglieds der Gesellschaft entsprechend seinen Fähigkeiten in den Arbeitsprozess

Im Sozialismus zählt das Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“. Jeder macht das, was er kann und wird entsprechend entlohnt – und das schließt unterschiedliche Entlohnungen selbst im Sozialismus mit ein.

Auch im Sozialismus wird es Missstände geben und werden Missstände erzeugt – das System bleibt ein menschliches System, und ist somit selbstverständlich auch mit Fehlern behaftet. Die Menschen werden nicht zu Göttern, nur weil sie im Sozialismus leben. Auch wird nicht aus dem Nichts Milch und Honig fließen. Im Gegenteil, jedes Gesellschaftsmitglied wird mehr soziale Freiheit bekommen, was aber auch mehr Verantwortung sich selbst und den anderen Gesellschaftsmitgliedern gegenüber mit einschließt – kurz, der Sozialismus wird anstrengend.

"Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt." (MEW 19, S. 20)