Gesellschaftliche Stellung des Staates
Der politische Staat ist der Überbau der ökonomischen Basis des Kapitalismus.
Marx´ Überlegung hierzu „mündete in dem Ergebnis, dass Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der so genannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, deren Gesamtheit Hegel, nach dem Vorgang der Engländer und Franzosen des 18. Jahrhunderts, unter dem Namen ,bürgerliche Gesellschaft‘ zusammenfasst, dass aber die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei.“ (MEW 13, S.8)
Dabei ist dieser staatliche Überbau -im Gegensatz zur Religion- keineswegs rein sekundären Charakters. Auf dem staatlichen Überbau spielt sich der Kampf der gegensätzlichen ökonomischen Klassen um die herrschende Form der Ökonomie ab. Die Eroberung der politischen Macht für die Arbeiterklasse hat uneingeschränkte Priorität für die proletarische Bewegung. Aber Eroberung der politischen Macht heisst nicht die Übernahme des herrschenden Staatsapparates, sondern dessen Vernichtung und Ersetzung durch eine neue Form des proletarischen Staates.
„Wir müssen den Regierungen erklären: Wir wissen, dass ihr die bewaffnete Macht seid, die gegen die Proletarier gerichtet ist; wir werden auf friedlichem Wege gegen euch vorgehen, wo uns das möglich sein wird, und mit den Waffen, wenn es notwendig werden sollte.“ (MEW 17, S. 652)
Dies setzt voraus, dass die organisierte Arbeiterklasse die staatlichen Machtzentren beherrschen muss, möglichst ohne dabei Rücksicht nehmen zu müssen auf eventuelle (klein-)bürgerlichen Koalitionspartnern.
„Die Eroberung der politischen Macht bleibt das Endziel und das Endziel bleibt die Seele des Kampfes. Die Arbeiterklasse darf sich nicht auf den dekadenten Standpunkt des Philosophen stellen: „Das Endziel ist mir nichts, die Bewegung ist mir alles“; nein, umgekehrt: die Bewegung als solche ohne Beziehung auf das Endziel, die Bewegung als Selbstzweck ist mir nichts, das Endziel ist uns alles.“ (Rosa Luxemburg, Reden auf dem Stuttgarter Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands)
Diktatur des Proletariats
Nach der Eroberung der politischen Macht errichtet die Arbeiterklasse die Diktatur des Proletariats. Warum nun Diktatur? Diktatur scheint ein Begriff zu sein, das für großes Entsetzen sorgt. Dabei ist gerade die Diktatur des Proletariats zentraler und notwendiger Bestandteil einer sozialistischen Gesellschaft. Wer von der Diktatur des Proletariats nicht redet, sollte vom Sozialismus schweigen. „Diktatur des Proletariats“ bezeichnet ursprünglich eine rein auf ökonomische Prinzipien reduzierte Herrschaftsform. Der Arbeiterklasse wird durch Sozialisierung der Produktionsmittel, des Grundeigentums und des Finanzkapitals die Möglichkeit gegeben, als herrschende, d.h. als aktiv gestaltende Klasse die Verantwortung über sämtliche Wirtschaftsbereiche des Staates zu übernehmen. Damit löst sie die Bourgeoisie als herrschende Klasse ab. Kapitalismus, ob in einer demokratischen oder faschistischen Staatsform integriert, ist daher notwendigerweise gleichzeitig eine Diktatur der Bourgeoisie. Die eine Diktatur löst nur die andere Diktatur ab, aber mit den großen Unterschied, dass die ökonomische Diktatur des Proletariats erstmals in der Geschichte der Menschheit von der Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt ist, also identisch ist mit einer politischen Demokratie. Der Beweis hierfür liegt bei Marx selbst: In seiner Schrift „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ preist er die Pariser Kommune als Gesellschaftsmodell der Zukunft und bezeichnete sie als Diktatur, obwohl sie rätedemokratisch organisiert war.
„Die [Pariser] Kommune musste gleich von vornherein anerkennen, dass die Arbeiterklasse, einmal zur Herrschaft gekommen, nicht fortwirtschaften könne mit der alten Staatsmaschine; dass diese Arbeiterklasse, um nicht ihrer eigenen, erst eben eroberten Herrschaft wieder verlustig zu gehen, einerseits alle die alte, bisher gegen sie selbst ausgenutzte Unterdrückungsmaschinerie beseitigen, andererseits aber sich sichern müsse gegen ihre eigenen Abgeordneten und Beamten, indem sie diese, ohne alle Ausnahme, für jederzeit absetzbar erklärte ...
Diese Sprengung der bisherigen Staatsmacht und ihre Ersetzung durch eine neue, in Wahrheit demokratische, ist im dritten Abschnitt des Bürgerkriegs (Stellungnahme von Marx zur Pariser Kommune) eingehend geschildert ...
Der sozialdemokratische Philister ist neuerdings wieder in heilsamen Schrecken geraten bei dem Wort: Diktatur des Proletariats. Nun gut, ihr Herren, wollt ihr wissen, wie diese Diktatur aussieht? Seht euch die Pariser Kommune an. Das war die Diktatur des Proletariats.“ (MEW 17, S. 623ff)
Der Diktaturbegriff hat sich in den letzten 100 Jahren zweifellos geändert und erfährt eine zurecht vollständig negative Bedeutung aufgrund des totalitären Faschismus der 30er und 40er Jahre. Doch selbst im 21. Jahrhundert können sich Marxisten nicht von diesen Diktaturbegriff verabschieden – denn der Begriff „Diktatur des Proletariats“ erzeugt eine notwendige scharfe Abgrenzung zu halbherzigen, utopisch-idealistischen Sozialisten, welche das Großkapital verstaatlichen, den größten Teil der Privatwirtschaft aber unverändert belassen wollen.
Funktion und Wesen des Staates
Um den eigentlichen Übel auf dem Grund zu gehen, müssen wir die Struktur des Staates näher bestimmen. Der Unterschied zwischen den bürgerlichen Staat und der feudalen Nation ist, dass im Feudalismus ökonomische Herrschaft noch identisch war mit politischer Herrschaft; sprich die ökonomischen Herrscher des Feudalismus (Grundherren und Herren über Leibeigene) war der Adelsstand selbst, welcher auch die Regierung im mittelalterlichen Sinn stellte. In der bürgerlichen Gesellschaft ist dies getrennt. Während die Bourgeoisie die Herrscher im Bereich der Ökonomie sind, wird die Politik beherrscht von einen Heer aus Beamten und Bürokraten, die aus jeden gesellschaftlichen Stand kommen können. Somit fehlt es der heutigen ökonomischen Herrschaft an persönlichen Charakter und so kommt es, dass einzig die Politik als bedeutendes Machtfeld gesellschaftlich anerkannt wird, während nur Wenige die Namen der bedeutensten Kapitalisten kennen. Der Staat an sich und der bürgerliche Staat insbesonders ist ein politisches Gewaltinstrument der herrschenden Klasse (hier der Bourgeoisie) zur Sicherung ihrer ökonomischen Herrschaft über die ausgebeutete Klasse (hier das Proletariat). Er ist solange nötig, wie Klassengegensätze bestehen.
"Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse." (MEW 21, S.166f)
Dies hat zur logischen Konsequenz, dass der Staat nicht -wie heute irrtümlicherweise Konsens ist- über der Gesellschaft, sondern gegen die Gesellschaft steht. Solange es den Staat selbst gibt, solange ist keine gesellschaftliche Demokratie in seiner Reinform möglich. Staatliche Demokratie bedeutet letztendlich auch nur eine Form der Herrschaft, politisch eine Herrschaft der Mehrheit zur Unterdrückung der Minderheit, ökonomisch gar ist die bürgerliche Demokratie die Herrschaft einer Minderheit zur Unterdrückung der Mehrheit. Herrschaft, Staat und Diktatur sind jeweils identische Begriffe.
Zur Charakterisierung der Bourgeoisie ist zu sagen, dass diese momentan herrschende Klasse kein einheitliches Bewusstsein besitzt. Ihre Interessen sind meist so verschieden, dass ihr einziger Konsens die Verteidigung kapitalistischer Eigentumsrechte ist. In all den anderen Fällen sorgen die Zwangsgesetze der Konkurrenz auch auf staatlicher Ebene zu unterschiedlichen Interessen einzelner Bourgeois-Gruppen. Die Lobbygruppe „Bundesverband Erneuerbare Energie e.V“ würde deshalb eine SPD-geführte Regierung unterstützen, während E.ON aus verständlichen Gründen eine eher CDU-geführte Regierung unterstützen würde.
Jede staatliche Maßnahme, jedes Gesetz ist umstritten und bringt den einen Unternehmen überwiegend Vorteile, den anderen überwiegend Nachteile. Die Politik des bürgerlichen Staates ist nicht fix festgeschrieben, sondern setzt einen permanenten Prozess voraus, den die Ermittlung des kapitalistischen Gesamtinteresses dient und nach Maßnahmen zu dessen Umsetzung sucht. Welches Interesse durchgesetzt wird, bestimmt den Einfluss der miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen auf die Medien und somit auf die Öffentlichkeit, das Parlament und die Regierung. Der durch sozialdemokratische Politiker oft attackierte Lobbyismus von Wirtschaftsverbänden als Mittel zur Erringung von Einfluss auf die Politik ist keine Verletzung der Regeln, sondern die Art und Weise, in der die Suche nach Konsens in einer parlamentarischen Demokratie stattfindet.
Dem Staat steht das Gewaltmonopol bzw. das Monopol legitimer Gewaltausübung zu, d.h. nur staatliche Organe wie Polizei, Militär usw. ist es legal erlaubt, Gewalt anzuwenden (eine Ausnahme bildet die Notwehr).
Überhaupt gibt es einen Zusammenhang zwischen einem Erstarken der sich selbst bewussten Arbeiterklasse und der herrschenden bürgerlichen Staatsform. Der bürgerliche Staat ist demokratisch, solange die nationale Bourgeoisie keine Angst hat, durch revolutionäre Bewegungen vernichtet zu werden, solange sie sich sicher ist, dass ihre herrschende Funktion nicht gefährdet wird durch eine bewusst-revolutionäre Arbeiterklasse. Der bürgerliche Staat ist aber faschistisch, wenn die Gefahr des Umsturzes tatsächlich besteht, wie dies 1932 der Fall gewesen ist; damals in Gestalt einer stetig stärker werdenden Kommunistischen Partei. Der gelenkte Übergang zum Faschismus war die einzige Möglichkeit der Bourgeoisie, einen derart repressiven, reaktionären Herrschaftsapparat zu schaffen, der imstande war, die von der KPD ausgehenden Gefahren zu ersticken und zu kontrollieren. Dabei musste die deutsche Bourgeoisie Eingeständnisse an die faschistische Partei machen, wie z.B. einer erhöhte staatliche Lenkung der Wirtschaft und das Aushölen der bourgeoisen Ideologie (den Liberalismus).
Verschwörungstheorien, die besagen, die Politik sei Marionette des Kapitals, sind falsch. Sie wird nicht durch abstrakte Hintertürchen-Personen gesteuert, sondern ist Ausdruck der gegenwärtigen gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse. Der Staat ist ein einfaches Werkzeug der Bourgeoisie, nicht durch den Einfluss von außen, sondern durch seiner Struktur und Funktion an sich.
„Die zentralisierte Staatsmacht, mit ihren allgegenwärtigen Organen stehende Armee, Polizei, Bürokratie, Geistlichkeit, Richterstand, Organe, geschaffen nach dem Plan einer systematischen und hierarchischen Teilung der Arbeit stammt her aus den Zeiten der absoluten Monarchie. ... Während der nachfolgenden Herrschaftsformen wurde die Regierung unter parlamentarische Kontrolle gestellt, d.h. unter die direkte Kontrolle der besitzenden Klassen. Einerseits entwickelte sie sich jetzt zu einem Treibhaus für kolossale Staatsschulden und erdrückende Steuern und wurde vermöge der unwiderstehlichen Anziehungskraft ihrer Amtsgewalt, ihrer Einkünfte und ihrer Stellenvergebung der Zankapfel für die konkurrierenden Fraktionen und Abenteurer der herrschenden Klassen andererseits änderte sich ihr politischer Charakter gleichzeitig mit den ökonomischen Veränderungen der Gesellschaft. In dem Maß, wie der Fortschritt der modernen Industrie den Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit entwickelte, erweiterte, vertiefte, in demselben Maß erhielt die Staatsmacht mehr und mehr den Charakter einer öffentlichen Gewalt zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, einer Maschine der Klassenherrschaft.“ (K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 336.)
Doch wie sieht die bürgerliche Staatsform im gegenwärtigen 21. Jh. aus, welche die Arbeiterklasse erobern muss? Welche Funktionen hat die bürgerlich-parlamentarische Demokratie, der Sozialstaat und der Rechtsstaat, kurz, die „Freiheitlich-Demokratische Grundordnung“ (FDGO) allgemein?
Parlamentarische Demokratie
Die bürgerliche Demokratie, wie sie heute in der Bundesrepublik Deutschland existiert, ist die ideale Herrschaftsform der Bourgeoisie. Sie bietet verschiedene Möglichkeiten zur Einflussnahme: Beamtenkorruption, Staatsschulden und die daraus resultierende Abhängigkeit des Staates von der Börse („Allianz zwischen Staat und Börse“).
Die Demokratie, die durchaus besteht, spiegelt sich insofern wider, dass alle Bürger periodisch alle vier Jahre eine Partei und die Kandidaten einer Partei wählen können. Sie gefährdet momentan keineswegs die kapitalistische Wirtschaftsform, solange kein Klassenbewusstsein der Arbeiter besteht, solange das Proletariat noch nicht reif ist zu seiner Selbstbefreiung und damit die herrschende Ordnung als einzig mögliche anerkennt. Allerdings sind die bestehenden politischen Rechte zumindest theoretisch -warum sie es praktisch nicht sind, sehen wir weiter unten- ausreichend, um die Diktatur der Bourgeoisie legal auszuhebeln – vorausgesetzt, das Proletariat entwickelt wieder ein Klassenbewusstsein, der Klassenkampf wird von unten angeheizt und eine marxistische Partei erlangt die Mehrheit an Stimmen. Bislang ist keine der drei Voraussetzungen gegeben.
Doch wie ist es möglich, dass der Staat ein Instrument der herrschenden Klasse ist, wenn doch gerade der liberale Staat Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz und freiheitliche Bürgerrechte garantiert?
Ich halte die verbreitete Theorie, dass diese Grundsätze nur bürgerliche Propaganda wären und sich der bürgerliche Anspruch von der Wirklichkeit stark unterscheide, für eine Verschwörungstheorie von idealistischen Sozialisten und lehne sie ab – auch wenn es unbestritten ist, dass die schwarz-gelbe Regierung gerade Gesetze für Besserverdiener erlässt und einzelne Kapitalfraktionen (wie die Atomindustrie) versuchen, Einfluss auf die Regierung zu nehmen.
Diese idealistischen Sozialisten wollen bürgerliches Recht und Grundwerte nicht abschaffen und ersetzen, sondern es tatsächlich erfüllen. Hierzu zählen der linke SPD-Flügel und der Großteil der Linkspartei-Mitglieder. Die Konsequenz hierraus wäre, dass diese Sozialisten nur eine andere Verwendung bzw. Politik des Staates fordern, welches das Gemeinwohl stärker betont und mehr auf die sozialen Rechte der unteren Klassen achtet. Diese reformistischen Einstellungen, meist verkleidet unter der Worthülse des „demokratischen Sozialismus“, versuchen deshalb Regierungsbeteiligungen ihrer Partei zu erreichen, um eine „bessere“ Politik durchzuführen. Wenn DIE LINKE. 2013 in einer Koalition mitregieren wird, so wird sie von ihren eigenen Ansprüchen enttäuscht werden. Der rechte Flügel wird diese Enttäuschungen als notwendige Komprommise in einer demokratischen Koalition rechtfertigen; der linke Flügel wird sich verärgert über den „Verrat“ des rechten Flügels und wegen den Ärger auf sich selbst absondern.
Es liegt an der Struktur der bürgerlichen Demokratie, dass ein Ändern der Verhältnisse, geschweige denn ein durch Reformen unterstützter Übergang zum Sozialismus innerhalb der Existenz des bürgerlichen Staates, nicht möglich ist. Auch wenn ein Politiker noch so soziale, humanistische und edle Absichten hat: Ist er erst an der Regierung oder in einflussreicher Stelle innerhalb der parlamentarischen Opposition, wird er gezwungen sein, sich -wie jeder seiner Vorgänger auch- am kapitalistischen Gesamtinteresse zu orientieren (bestes gegenwärtiges Beispiel: Präsident Obama). Dies liegt (wenigstens meistens) nicht daran, weil dieser von der Wirtschaft bestochen worden wäre oder in sonstiger Abhängigkeit zu ihr steht, sondern weil verschiedene strukturbedingte Verhältnisse und Einflüsse ihn in seinem Handlungsrahmen einengen:
Um eine regierungsfähige Mehrheit zu erhalten, müssen möglichst viele Interessen und Werthaltungen angenommen werden, die sich auch gegenseitig widersprechen (Beispiel „Volkspartei“). Der Wahlkampf wird dann nicht dadurch bestimmt, möglichst viele Verbesserungsvorschläge einzubringen, sondern die angenommenen Widersprüche möglichst verdeckt zu halten oder versucht zu widerlegen.
Teile der Medien müssen einen respektieren bzw. ernst nehmen und unterstützen. Als Voraussetzung müssen die gemachten Verbesserungsvorschläge „realisierbar und umsetzbar“ sein.
Ebenso müssen Koalitionspartner gefunden werden, welche die Verbesserungsvorschläge ebenso für „realisierbar und umsetzbar“ halten.
Vor dem möglichen Regierungsantritt durchläuft jede Partei also bereits einen ausführlichen Erziehungsprozess, in dessen Verlauf die Notwendigkeit zur Anpassung am kapitalistischen Gesamtinteresse immer deutlicher hervortritt (beispielsweise den Druck, den die SPD auf die Linkspartei ausübt, wenn sie von dieser „Regierungsfähigkeit“ fordert oder den Druck des Innenministers de Maizières, der eine weitere staatliche Beobachtung der Partei vom 2011 zu beschließenden Parteiprogramm der Linkspartei abhängig macht). Man merkt, umfassende Demokratie ist schon deshalb im Kapitalismus nicht möglich, weil dieser den politischen Akteuren einen engen Handlungsrahmen vorlegt, außerhalb dessen keine „realisierbare“, weil systemsschädigende Maßnahmen möglich seien. Wer Mehrheiten erreichen will, muss sich dem Druck der angepassten Parteien und der Medien ebenfalls anpassen, da das Wählerverhalten sehr stark von der herrschenden Medienlandschaft – und sei sie noch so monoton – beeinflusst oder sogar kontrolliert wird.
Eine weitere wichtige Funktion des bürgerlichen Staates ist seine Rolle als ideeller Gesamtkapitalist:
Der Staat ist wie ein jedes private Wirtschaftsunternehmen auch auf eine funktionierende Kapitalakkumulation angewiesen. Steuereinnahmen müssen die Sozialausgaben und sonstige Haushaltsabgaben decken bzw. übertreffen, will der Staat den Sozialstaat aufrecht erhalten, seine Wirtschaft nachhaltig fördern und internationale Handlungsfähigkeit sicherstellen. Man erkennt, wie bereits oben erwähnt, dass der bürgerliche Staat nicht allein durch verschiedene Einflüsse der Konzernen und Finanzwelt zu dem gemacht wird, was er ist, sondern in seinem Wesen bereits automatisch an die kapitalistische Wirtschaftsweise gebunden ist und den Interessen der Bourgeoisie entsprechen muss („systemische Imperative der Kapitalverwertung“).
Nicht selten setzen daher linke Parteien, wenn sie endlich in der Regierung angekommen sind, in wesentlichen Punkten die Politik der gerade abgelösten Vorgänger fort. Auch DIE LINKE. wird sich an diesen Gesetzen halten müssen, falls sie nicht bereit ist, aus diesem automatischen Teufelskreis auszubrechen – diese Erfahrungen mussten bereits SPD und Bündnis90/Die Grünen im 20. Jh. machen.
„Alle Regierungen, seien sie noch so unabhängig, sind in letzter Instanz nur die Vollstrecker der ökonomischen Notwendigkeiten der nationalen Lage. Sie mögen diese Aufgabe in verschiedener Weise gut, schlecht oder leidlich besorgen; sie mögen die ökonomische Entwicklung beschleunigen oder hemmen, aber schließlich müssen sie ihr doch folgen.“ ( MEW 38, S. 365)
„In der Tat, man muss jeder historischen Kenntnis ermangeln, um nicht zu wissen, dass es die Regierungen sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mussten, aber niemals die Regierungen es gewesen sind, welche den wirtschaftlichen Verhältnissen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die zivile Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse.“ (MEW 4, S. 109)
Die bürgerlich-parlamentarische Demokratie ist also die ideale Staatsform des Kapitalismus. Nur sie ist in der Lage, Interessen der Bourgeoisie so perfekt zu tarnen, dass sie auch im Interesse der arbeitenden Bevölkerung ständen. Legitimation ist dann am meisten erreicht, wenn staatliche Politik durch Abgeordnete eines Parlamentes abgesegnet wird, die von den Werktätigen selbst gewählt worden sind. Sozialleistungskürzungen zum Beispiel werden in privaten Medien unter unterschiedlichen Geschichtspunkten diskutiert und innerhalb Institutionen demokratischer Willensbildung (Parteien, Parlamente, Ausschüsse) beschlossen und durchgesetzt. Dies erschafft den Gesetzen eine erhebliche Legitimation, was umso weniger den staatlichen Repressionsapparat zu deren Umsetzung notwendig macht. Eine Ausschaltung demokratischer Institutionen und der Pressefreiheit sind daher mit erheblichen materiellen Kosten verbunden und nicht im Interesse der Bourgeoisie. Entwickelte kapitalistische Länder fördern also eine Demokratie und lehnen autoritäre Herrschaftsordnung wie Militärdiktaturen aus Eigeninteresse ab.
Die Legitimation und damit auch die Sicherung der herrschenden Ordnung ist auch deshalb in der Demokratie am höchsten, weil periodisch wiederkehrende freie, geheime, gleiche und unmittelbare Wahlen den Bürgern die Möglichkeit geben, unliebe Politiker und Regenten abzuwählen und durch neue Namen zu ersetzen. Die jeweilige Regierung legitimiert ihre Gesetze dadurch, dass sie gewählt und deshalb von der mehrheitlichen Bevölkerung gewollt sei. Steigt der Unmut der Bevölkerung gegenüber den sinkenden sozialen Verhältnissen z.B. während einer Wirtschaftskrise, so erreichen Wahlen einerseits die Abwahl der scheinbar Verantwortlichen und bietet somit ein Ventil, andererseits lenken Wahlen aber auch gezielt von systemischen Problemen in Politik und Ökonomie ab und lenken die Aufmerksamkeit der unruhigen Bevölkerung gegen einzelne Politiker und Parteien. Auch hier erkennt man den grundlegenden Gegensatz zwischen bürgerlicher und sozialistischer Definition des Wortes „Demokratie“: Die bürgerliche Definition bedingt die Möglichkeit zur Abwahl der Regierung, die sozialistische Definition bedingt die direkte Herrschaft der Mehrheit des Volkes über den Staatsapparat. Innerhalb bürgerlicher Gesellschaften ist das Maximum an Demokratie bereits hergestellt.
Auch die Gewaltenteilung steht -anders als es uns bürgerliche Medien tagtäglich einzureden versuchen- im Gegensatz zur Demokratie. Die Trennung der Judikativen von der Legislativen erlaubt es, dass denkbare demokratisch gefasste Beschlüsse zur Aufhebung der bürgerlichen Eigentumsordnung durch eine scheinbar unabhängige, in der Realität aber bürgerlichen Justiz aufgehoben werden können.
Der Rechtsstaat
Der Rechtsstaat ist der eigentliche Garant kapitalistischer Verhältnisse:
Der Begriff „Gleichheit“ ist rechtlich gewährleistet. Jeder hat die gleichen Rechte und Pflichten, egal ob Lohnarbeiter oder Kapitalist. Dies mag auf dem ersten Blick zufriedenstellend klingen, verliert aber an Symphathie, wenn man bedenkt, dass gerade durch die gesetzliche Gleichheit das Eigentum des Kapitalisten an seinen privaten Produktionsmittel gegenüber dem eigentumslosen Lohnarbeiter gesichert wird. Jeder, ob HartzIV-Empfänger oder DB-Chef, kann Aktien kaufen, der Tellerwäscher kann zum Millionär werden und der Millionär kann zum Tellerwäscher werden. Abstrakte rechtliche Gleichheit erzeugt so konkrete soziale Ungleichheit. Das durch das Grundgesetz garantierte Eigentum ist der Garant zur Verteidigung kapitalistischer Verhältnisse.
Jeder Privateigentümer muss den anderen als solchen anerkennen, Aneignung fremden Eigentums ist nur erlaubt durch Kauf, Tausch, Vererbung oder Schenkung. Diese Neutralität des Staates gegenüber seinen Bewohnern ist nicht nur eine Wortphrase, wie manche Linkspolitiker glauben, sondern tatsächliche Realität.
Der Begriff „Freiheit“ beschreibt ökonomisch vorallem das freie Verhältnis des Lohnarbeiters zu seinem Kapitalisten: Er kann sich seinen Arbeitgeber frei aussuchen und kündigen, wenn es ihm passt. Allerdings eben mit der Einschränkung, dass die Lohnarbeiter ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um überhaupt überleben zu wollen. Persönliche Unabhängigkeit bedeutet im Kapitalismus trotzdem systematische Abhängigkeit. Der Zwang der eigentumslosen Lohnarbeiter, zur Sicherung ihrer Existenz ihre Arbeitskraft an einen beliebigen Arbeitgeber zu verkaufen, garantiert erst die Möglichkeit des kapitalistischen Produktionsprozesses. Sein Lohn reicht gerade zur eigenen oder familiären Reproduktion.
„Die Sphäre der Zirkulation oder des Warenaustausches, innerhalb deren Schranken Kauf und Verkauf der Arbeitskraft sich bewegt, war in der Tat ein wahres Eden der angebornen Menschenrechte. Was allein hier herrscht, ist Freiheit, Gleichheit, Eigentum und Bentham. Freiheit! Denn Käufer und Verkäufer einer Ware, z.B. der Arbeitskraft, sind nur durch ihren freien Willen bestimmt. Sie kontrahieren als freie, rechtlich ebenbürtige Personen. Der Kontrakt ist das Endresultat, worin sich ihre Willen einen gemeinsamen Rechtsausdruck geben. Gleichheit! Denn sie beziehen sich nur als Warenbesitzer aufeinander und tauschen Äquivalent für Äquivalent. Eigentum! Denn jeder verfügt nur über das Seine. Bentham! Denn jedem von den beiden ist es nur um sich zu tun. Die einzige Macht, die sie zusammen und in ein Verhältnis bringt, ist die ihres Eigennutzes, ihres Sondervorteils, ihrer Privatinteressen.“ (MEW 23, S. 189f.)
Bentham war ein englischer Philosoph, der eine auf dem Nützlichkeitsprinzip begründete Ethik vertrat.
Der bürgerliche Rechtsstaat setzt einen formalen Rahmen um das System der kapitalistischen Ausbeutung und erzwingt die Einhaltung diesen Rahmens durch sein Gewaltmonopol. Deshalb ist es unumgänglich für jeden Marxisten, diesen bürgerlichen Rechtsstaat den Kampf anzusagen – was nicht bedeutet, dass ein sogenannter „Unrechtsstaat“ diesen Rechtsstaat ersetzen sollte.
In der Anfangsphase der kapitalistischen Entwicklung hatte der Staat noch eine ganz andere Funktion. Er musste eben diese Entwicklung garantieren, indem er bei der Verwandlung des Großteil seines Volkes in Lohnarbeiter half und den Kapitalismus im entstehenden Prozess stützte. Nur mit der Unterstützung staatlicher Gewaltmaßnahmen hatte der Kapitalismus überhaupt die Chance, sich nachhaltig zu etablieren.
Dies alles hat Adam Smith in seiner Aufzählung staatlicher Pflichten im liberalen System nicht erkannt. Jedoch muss eine staatliche Pflicht, die bereits Smith genannt hatte, hier nochmal Erwähnung finden: Der Staat hält auch alle Institutionen am Leben, die zwar gesellschaftlich notwendig sind, jedoch kein profitablen Gewinn abwerfen können, die eine Privatisierung dieser Einrichtung bedingen. Er gewährleistet all jene materiellen Bedingungen der kapitalistischen Gesellschaft, die der Kapitalismus selbst nicht übernehmen kann. Hierzu zählen Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, allgemein sämtliche Infrastrukturnetze, Zentralbank und Forschungseinrichtungen. Somit trägt der bürgerliche Staat in seinem Wesen automatisch Sorge dafür, dass er die Voraussetzung bietet für eine mögliche profitable Akkumulation der Privatwirtschaft.
Der Sozialstaat
Die Durchsetzung des Sozialstaates, begonnen unter der Kanzlerschaft Bismarcks und perfektioniert unter dem bürgerlichen Politökonomen Ludwig Erhard, ist nicht Folge einer Ablehnung der sozialen Missstände vonseiten der herrschenden Elemente, auch der oppositonelle Druck der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften ist nicht primär für den Sozialstaat verantwortlich. Er entspringt vielmehr der simplen Logik, dass der Kapitalismus -will er möglichst reibungslos funktionieren- genügend Lohnarbeiter zu seiner Akkumulation benötigt.
Nun hängt dem Kapital der leidige Missstand an, dass er stets danach strebt, aus seinen Lohnarbeitern ein Maximum an Arbeitskraft herauszupressen (z.B. Forderungen nach erhöhter Leistungsbereitschaft, Arbeitszeitverlängerung, Lohnsenkungen usw...). Dies würde dazu führen, dass die Lohnarbeiter nichtmal mehr die Zeit/Kraft finden, ihre alltägliche Reproduktion vollständig auszuführen. Der Konkurrenzdruck untereinander zwingt die Unternehmer zur permanenten Lohndrückung und ständiger Ausnutzung jedermöglichen Einsparung in Form von z.B. Kurzarbeit, Annahme von Leih- und Zeitarbeitern, um eine immer steigende Verwertung zu erhalten. Dieser Trieb ist verantwortlich dafür, dass das Kapital die Tendenz besitzt, die Grundlage seiner Akkumulation, die Arbeitskraft, zu zerstören. Und da selbst die Anzahl an potenziellen Lohnarbeitern begrenzt ist, muss der Staat durch soziale Zwangsgesetze diesen Prozess abmildern und das Arbeitskraftreservoir schützen. Dies geschieht durch z.B. staatlich geregelte feste Arbeitszeiten, Mindestlöhne, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, aber auch durch die Errichtung staatlicher Krankenkassen und den Ausbau öffentlicher Krankenhäuser. Der Sozialstaat sorgt demnach dafür, dass Arbeiter, wenn sie krank, vorübergehend körperlich beschädigt oder arbeitslos sind, trotzdem in arbeitsfähigen Zustand erhalten bleiben, sodass ihre Arbeitskraft erneut verwertbar bleibt.
Die Rolle des Sozialstaates muss ambivalent behandelt werden. Zum einen schränkt er die Verwertungsmöglichkeiten zwar ein und schützt die arbeitende Klasse, andererseits schützt er ebenso den kapitalistischen Verwertungsprozess nachhaltig und legt somit die Grundlage für eine dauerhafte Ausbeutung der arbeitenden Klasse.
Woher kommen die finanziellen Mittel des Sozialstaates? Sie kommen aus Sozialversicherungsbeiträgen und Steuereinnahmen. Jeder Bürger zahlt an seinem Staat die nötigen Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Leistungen; Leistungen, die zur Reproduktion und somit zur kapitalistischen Produktionsweise notwendig sind. Nun zahlen Reiche (also zumeist Kapitalisten selbst) aber prozentual mehr ein als Arme. Ein Verdienst christlicher Moralvorstellungen und sozialdemokratischer Politik. Der einzelne Kapitalist sieht nicht die Notwendigkeit des Sozialstaates für die Sicherung seines eigenes Ausbeutungsverhältnis, sondern nur die staatlich erzwungene Verminderung seiner Akkumulationsrate. Umso natürlicher ist sein organisierter Widerstand gegen diese Sozialabgaben (in Form der „Freien Demokratischen Partei“, des „Deutschen Instituts für Wirtschaft“, der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“...)
Andererseits wäre es falsch, den Sozialstaat als Errungenschaft der Arbeiterklasse aufzufassen. Das Leben im Sozialstaat ist für den Lohnarbeiter zwar ertäglicher, doch auch nur deshalb, weil die Bourgeoisie hierraus selbst Vorteile für ihre Profitrate erkennt. Nicht nur die Arbeitnehmer profitieren vom Sozialstaat, aus den oben benannten Gründen (Sicherung der möglichst langfristigen Existenz als Lohnarbeiter) ist der Sozialstaat für die Arbeitgeberseite noch viel wertvoller. Umso unverständlicher ist es, wie linke Sozialdemokraten und Linkspolitiker den Sozialstaat als ersten Schritt zur Überwindung des Kapitalismus feiern können, wenn dieser durch den Sozialstaat doch erst langfristig abgesichert und stabilisiert worden ist.
Eine ebenso wichtige Funktion des Sozialstaates ist die Disziplinierung des Arbeiters: Leistungen des Arbeitslosengeldes oder der Rente hängen vom vorherigen Lohn ab, Auszahlung des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe hängen von den Bemühungen ab, wie sich der Arbeitslose selbst aktiv um Beschaffung von einem neuen Arbeitsplatz bemüht. Der Sozialstaat entbindet nicht, sondern fördert noch den Zwang des Proletariers zum Verkauf seiner Arbeitskraft an einen Privateigentümer.
Zum Abschluss ein zusammenfassendes Zitat:
„Denn betrachtet man Staat und Kapital materialistisch, ist weniger die Frage entscheidend, wer von beiden „Arsch-“ und wer „-Loch“ ist, wichtiger ist die Einsicht, dass der kapitalistische Gesamtzusammenhang auch in Zukunft als Garant für das Hervorbringen von Scheiße zu gelten hat. Was das Schweinesystem verdient ist nicht der Dialog, sondern ein unmissverständliches: "Fuck You!". In diesem Sinne: Für den Kommunismus!“ (nach: http://top-berlin.net/?page_id=27)
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Gott segne Sie.