Willkommen in der virtuellen Welt in Rot

Dieser Blog dient mehrerer Funktionen:
Einerseits um mit mir selbst ins Reine zu kommen, andererseits um interessierte Leser an den wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx und Friedrich Engels heranzuführen.
Neben ideologischen Fragen werden hier bei Bedarf auch Themen aus der Alltagspolitik versucht darzustellen.

Donnerstag, 16. September 2010

Historischer Materialismus (1/6)

Der historische Materialismus ist die wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Gesellschaft in einem geschichtlichen Zusammenhang. Die Theorie von Marx besagt, dass die menschliche Geschichte durch einen Ewigkeitskampf zwischen den unteren und den oberen Klassen geprägt ist (Klassenkampf). Diese Klassenkämpfe sind die Triebkräfte jeder menschlichen Entwicklung.
Die sozialen Verhältnisse einer Gesellschaft befinden sich in einer stetigen Bewegung und Wandlung.
Dies wird damit begründet, dass dieser Klassenkampf ein ökonomischer Kampf ist. Jede Gesellschaftsordnung baut auf eine steigernde Produktion und den Austausch seiner Produkte auf. Die Produktivkräfte werden quantitativ ausgebaut und qualitativ verbessert, bis sie nicht mehr mit den herrschenden Produktionsverhältnissen in Einklang stehen. Daraus erfolgt ein revolutionärer Prozess, der die gegenwärtige Entwicklungsstufe auflöst und eine neue begründet, in der die Produktionsverhältnisse ein volles Entfalten der vorhandenen Produktivkräfte ermöglichen können. Gleichzeitig verändert sich währenddessen die soziale Struktur der Gesellschaft, denn mit den herrschenden Produktionsverhältnissen wird auch die herrschende Klasse gestürzt und durch die revolutionäre Klasse abgelöst. Der Klassenkampf beginnt von neuem, die unteren, unterdrückten Klassen streben nach der Herrschaft bzw. nach ihrer Befreiung von den unterdrückenden Klasse(n). Klassenkampf ist also der Inhalt der Weltgeschichte und der Schlüssel zum Fortschritt.
Die vorliegende Ausführung beschränkt sich aufgrund von Zeitmangel und seiner besonderen Bedeutung zumeist auf den europäischen Teil der Erde.

I.)Die Urgesellschaft bzw. der Urkommunismus, die klassen- und staatslose Gesellschaft, in der es kein Geldsystem gab, die Produktionsmittel lagen im Besitz der Gemeinschaft, es gab keine ökonomische Ausbeutung.

Die Urgesellschaft war die historisch erste Gesellschaftsform menschlichen Zusammenlebens nach der Menschwerdung des Affen. Diese Form des Zusammenlebens fand nicht ein abruptes Ende, sondern herrscht dort, wo sich die Produktivkräfte nicht weiterentwickeln konnten, noch heute vor (so in den Urwäldern Afrikas und Südamerikas). Man erkennt hierran bereits die geologische Bedeutung für die Entwicklung des Menschen. Da ich aus modern-westlicher Perspektive das Geschehen betrachte, schreibe ich trotz der regional begrenzten Gegenwart mancher Urgesellschaft-Gemeinschaften in der Vergangenheitsform.

Ökonomische Basis

Da in dieser Gesellschaft keine bzw. nur wenige Instrumente, Werkzeuge etc. zur Erleichterung der Handarbeit entwickelt wurden, beschränkte sich ihre Arbeit größtenteils auf die Nahrungsbeschaffung nach dem Jäger-Sammler-Prinzip. Dies hat zur Folge, dass sich die Menschen -im Gegensatz zu späteren Gesellschaftsformen- auf tropische und subtropische Landflächen konzentrierten.
Als ökonomische Revolution -vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine im Frühkapitalismus- kann man die Nutzung des Feuers ansehen. Die bewusste Nutzung des Feuers vereinfachte die Nahrungsbeschaffung, da nun Fleischnahrung viel besser genutzt werden konnte, zudem gab die Wärme des Feuers den Menschen die Möglichkeit, sich in nördlichere Klimagebiete auszubreiten. Erst jetzt begann die globale Besiedlung der Erde.
Weitere bedeutende Erfindungen waren Jagdwaffen (Speere, Keule, Pfeil & Bogen), welche die Nahrungsproduktivität nochmals steigern konnte. Nachdem einzelne Gemeinschaften sogar ein Überfluss an Nahrung „produzieren“ konnten, war die Möglichkeit geboten, sich auch materiell weiterzuentwickeln: Sehnen, Felle und Leder hebten den Lebensstandart.

Soviel zu den materiellen Grundbedingungen der Urgesellschaft. Der ebenso richtige Name „Urkommunismus“ erklärt sich dadurch, dass man sich die damaligen Produktionsverhältnisse anschaut: Der niedrige ökonomische Entwicklungsstand bedingte die Arbeit Aller zu ihren höchstmöglichen Leistungen. So war die Aneignung von Privatbesitz an Produktionsmittel unmöglich. In der Regel produzierte keiner mehr als er für sein eigenes Überleben benötigte, sodass sich auch niemand Fremdes sich dieses „Mehrprodukt“ aneignen konnte. Allerdings benötigte man notwendigerweise die Hilfe anderer Gemeinschaftsmitglieder, um ein wildes Tier erlegen zu können. Bis dies niemand alleine konnte, waren ökonomische Privilegien nicht durchsetzbar. Die Menschen hatten ein Gemeinbesitz an den Produktionsmitteln (Handwaffen) und den Konsum. Da die Ökonomie als Basis eine Gleichheit aller bedingte, spiegelte sich dies auch größtenteils im ideologischen Überbau wider: Zumindest innerhalb einer Gemeinschaft (bzw. Sippe, Clan usw.) herrschte rechtliche und soziale Gleichheit. Dies wiederum hatte zur Folge, dass weder Klassen noch Staaten vonnöten waren, welcher die Herrschaft der einen Klasse über die andere Klasse abszusichern hatte. Der Urkommunismus war eine klassen- und herrschaftslose Gesellschaft auf primitiven Produktivitätsniveau.

Ideologischer Überbau

So schön dies bisher klingen mag, auch die niedrige Produktivität spiegelte sich im Überbau wider: Da die Menschen keine Zeit hatten, sich naturwissenschaftlich fortzubilden (der gesamte Zeitbedarf ging in die Produktion der Lebensgrundlagen), konnten sie sich auch viele natürlichen Vorgänge auf der Erde nicht erklären. Anstatt nach den Ursachen für z.B. eines Blitzes, Erdbebens, Tages- und Jahreszeitenwechsels zu fragen, erklärten sie sich vieles mit der Existenz von Naturgöttern, d.h. übermenschlichen Wesen, welche die Vorgänge auf der Erde regeln würden. Schnell etablierte sich so ein gesellschaftlicher Konsens, dass es Aufgabe des Menschen sei, diesen höherstehenden Göttern bei Laune zu halten und ihnen Respekt zu erweisen. Naturkatastrophen erklärten sich die primitiven Menschen dadurch, dass sie die Götter nicht milde stimmen konnten. Die Folgen waren religiöse Rituale, in denen den Göttern auch materielle Opfer erbracht werden mussten. Diese Opfer waren von Gemeinschaft zu Gemeinschaft unterschiedlich: Opfer waren Kleintiere bishin zu menschlichen Babys und Erwachsenen.
Die Naturreligionen gehen einher mit dieser speziell primitiven Produktionsweise.
Da wir in einer Epoche der weiblichen Emanzipation leben -was eine frühere Unterdrückung der Frau vorraussetzt- untersuchen wir kurz die Stellung der Frau bzw. das geschlechterspezifische Zusammenleben im Urkommunismus: Dieses war geprägt vom fehlenden bewussten Zusammenhang zwischen Sex und Geburt. Es herrschte regelloser Geschlechtsverkehr. Die logische Folge ist, dass eine Form der Familie damals nicht existierte, sondern die unterste Form des Zusammenlebens bereits die Gemeinschaft war. Diese Gemeinschaft war auch nicht im Gegensatz zu späteren Gesellschaftsformen patriarchalisch, sondern matriarchalisch geprägt. Dies erklärt sich dadurch, dass die Mütter praktisch das scheinbare Monopol auf die Reproduktion der Menschen besaßen – eben weil der Zusammenhang zwischen Sex und Geburt und damit die Rolle des Vaters in dem Reproduktionsakt fehlte.

Entwicklung der Produktivkraft und Transformation in die nächste Ebene

Nachdem die Entwicklungen im Bereich der ökonomischen Basis (Nutzung des Feuers, Erfindungen verbesserter Handwaffen...) und das erfolgreiche Erlernen des Umgangs mit natürlichen Ressourcen wie Metall und Erzen den Menschen mehr Möglichkeiten bot und die Nahrungsgrundlage endlich abgesichert werden konnte, begannen die Menschen, sesshaft zu werden. Die zwei bedeutenden Momente dieser Gesellschaftsform waren Ackerbau und Viehzucht. Das besondere, bzw. das revolutionäre Moment diesen Gesellschaftszustandes war die erstmalig konsequent durchgeführte Teilung der Arbeit: Das Individuum vollführte entweder Ackerbau oder Viehzucht. Die Produktivkräfte entwickelten sich weiter, und diese Fortentwicklung bedingte eine veränderte Produktionsweise des Menschen. Genau dies sprengte den Rahmen der Urgesellschaft, der ideologische Überbau wurde von der Entwicklung bzw. der Umwälzung der ökonomischen Basis überholt. Es begann die regional unterschiedlich schnell vollziehende Transformation vom Urkommunismus zur sesshaften Sklavenhaltergesellschaft der Antike. Es war die erste grundlegende Revolution der Menschheitsgeschichte. Jedoch gilt es zu beachten (und das gilt für diese wie für jede andere folgende Transformation), dass dieser Umbruch keine Totalität besaß: Reste der alten Gesellschaftsformen überleben meist sehr viel länger, als die diese negierende neue Gesellschaftsform. Als Beispiel gilt das Gemeingut an Grund & Boden, welches erst endgültig mit dem Aufkommen der kapitalistischen Gesellschaftsform unterging.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen