Willkommen in der virtuellen Welt in Rot

Dieser Blog dient mehrerer Funktionen:
Einerseits um mit mir selbst ins Reine zu kommen, andererseits um interessierte Leser an den wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx und Friedrich Engels heranzuführen.
Neben ideologischen Fragen werden hier bei Bedarf auch Themen aus der Alltagspolitik versucht darzustellen.

Sonntag, 12. September 2010

Basis & Überbau

Basis

Die Ökonomie ist die Grundlage, das Fundament, die reale Basis für jede Gesellschaftsordnung, für jeden Abschnitt menschlicher Geschichte, für alles menschliche Tun überhaupt. Ökonomie ist verantwortlich für alles, was der menschlichen Bedürfnisdeckung dient. Zu dieser ökonomischen Basis zählen
Eigentumsverhältnisse
Verteilungs- und Austauschverhältnisse
Verhältnisse zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen bzw ökonomischen Klassen

„In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt.“ (K. Marx, Vorwort „Zur Kritik der Politischen Ökonomie“)

Überbau

Erst nach der Ökonomie als Basis folgt der sekundäre Überbau der Gesellschaft. Dieser besteht aus
-der Politik
-der herrschenden Ideologie
-dem Recht/dem Justizwesens
-der Religion
-der Philosophie
-den Traditionen und Moralvorstellungen
All diese Formen des Überbaus werden bestimmt durch die ökonomischen (Produktions-)Verhältnisse und die ihr entsprechenden Produktivkräfte. Vertreten werden sie durch konkrete Institutionen (Parteien, Richter, Polizei, Militär, Bildungswesen, Staat...).

„... und da zeigte sich, dass alle bisherige Geschichte, mit Ausnahme der Urzustände, die Geschichte von Klassenkämpfen war, dass diese einander bekämpfenden Klassen der Gesellschaft jedesmal Erzeugnisse sind der Produktions- und Verkehrsverhältnisse, mit einem Wort, der ökonomischen Verhältnissen ihrer Epoche, dass also die jedesmalige ökonomische Struktur der Gesellschaft die reale Grundlage bildet, aus der der gesamte Überbau der rechtlichen und politischen Einrichtungen sowie der religiösen, philosophischen und sonstigen Vorstellungsweise eines jeden geschichtlichen Zeitabschnitts in letzter Instanz zu erklären sind.“ (F. Engels, MEW 19, S. 208)

Dialektik zwischen Basis & Überbau

Es wäre jedoch falsch, Basis und Überbau fix und voneinander abgetrennt zu betrachten, wie es oben der Vereinfachung halber dargestellt worden ist. Basis und Überbau wirken gegenseitig auf sich ein. Strikter Ökonomismus ist zwar ein guter Ansatz, führt aber selten zu einem wahren Ergebnis:

"Nach materialistischer Geschichtsauffassung ist das in letzter Instanz bestimmende Moment in der Geschichte die Produktion und die Reproduktion des wirklichen Lebens. Mehr haben weder Marx noch ich je behauptet. Wenn nun jemand das dahin verdreht, das ökonomische Moment sei das einzig bestimmende, so verwandelt er jenen Satz in eine nichtssagende, absurde Phrase. Die ökonomische Lage ist die Basis, aber die verschiedenen Momente des Überbaus - politische Formen des Klassenkampfes und seine Resultate - Verfassungen nach gewonnener Schlacht durch die siegende Klasse festgestellt, usw. - Rechtsnormen, und nun gar die Reflexe aller dieser wirklichen Kämpfe im Gehirn der Beteiligten, politische, juristische, philosophische Theorien, religiöse Anschauungen und deren Weiterentwicklung zum Dogmensystem, üben auch ihre Einwirkung auf den Verlauf der geschichtlichen Kämpfe aus und bestimmen in vielen Fällen vorwiegend deren Form. Es ist eine Wechselwirkung aller dieser Momente, worin schließlich ... als Notwendiges die ökonomische Bewegung sich durchsetzt." (Friedrich Engels: Brief an Joseph Bloch vom 21. September 1890. In: Marx/Engels-Werke, Bd. 37, S. 463)

Basis und Überbau im Kapitalismus

Kapitalismus die herrschende Wirtschaftsform, Liberalismus die politische Ideologie, Christentum das religiöse Deckmäntelchen, Bürgertum die herrschende Gesellschaftsordnung, parlamentarische Demokratie die Staatsform der angstfreien Bourgeoisie, Faschismus die Staatsform der angstvollen Bourgeoisie.

Auch die kapitalistischen Produktionsverhältnisse sind gekennzeichnet durch den zentralen Konflikt zwischen antagonistischen Klassen: Bourgeoisie und Proletariat. Beide Klassen verfolgen objektiv widersprüchliche Interessen: Die einen wollen die bestehende Ordnung aufrecht erhalten, die andere wollen diese stürzen und durch eine neue ersetzen. Dies ist der Grund, wieso beide Klassen trotz gemeinsamer Basis unterschiedliche Ideologien, Wertvorstellungen und Bestrebungen besitzen. Welche der beiden Ideologien nun die bestimmende ist, hängt davon ab, welche Klasse ökonomisch sowie politisch die herrschende Rolle einnimmt, welche der beiden Kräfte im gegenseitigen Klassenkampf überwiegt – unabhängig von der Größe der jeweiligen Klasse.


Und weil es so schön war, ein zusammenfassendes Abschlusszitat durch Engels:
„Die materialistische Anschauung der Geschichte geht von dem Satz aus, dass die Produktion, und nächst der Produktion der Austausch ihrer Produkte, die Grundlage aller Gesellschaftsordnung ist; dass in jeder geschichtlich auftretenden Gesellschaft die Verteilung der Produkte, und mit ihr die soziale Gliederung in Klassen oder Stände, sich danach richtet, was und wie produziert und wie das Produzierte ausgetauscht wird. Hiernach sind die letzten Ursachen aller gesellschaftlichen Veränderungen und politischen Umwälzungen zu suchen nicht in den Köpfen der Menschen, in ihrer zunehmenden Einsicht in die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit, sondern in Veränderungen der Produktions- und Austauschweise; sie sind zu suchen nicht in der Philosophie, sondern in der Ökonomie der betreffenden Epoche. Die erwachende Einsicht, dass die bestehenden gesellschaftlichen Einrichtungen unvernünftig und ungerecht sind, dass Vernunft Unsinn, Wohltat Plage geworden, ist nur ein Anzeichen davon, dass in den Produktionsmethoden und Austauschformen in aller Stille Veränderungen vor sich gegangen sind, zu denen die auf frühere ökonomische Bedingungen zugeschnittne gesellschaftliche Ordnung nicht mehr stimmt. Damit ist zugleich gesagt, dass die Mittel zur Beseitigung der entdeckten Missstände ebenfalls in den veränderten Produktionsverhältnissen selbst - mehr oder minder entwickelt - vorhanden sein müssen. Diese Mittel sind nicht etwa aus dem Kopf zu erfinden, sondern vermittelst des Kopfes in den vorliegenden materiellen Tatsachen der Produktion zu entdecken.“ (Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft. In: Marx/Engels-Werke, Bd. 20, S. 248 f.)

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