Willkommen in der virtuellen Welt in Rot

Dieser Blog dient mehrerer Funktionen:
Einerseits um mit mir selbst ins Reine zu kommen, andererseits um interessierte Leser an den wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx und Friedrich Engels heranzuführen.
Neben ideologischen Fragen werden hier bei Bedarf auch Themen aus der Alltagspolitik versucht darzustellen.

Sonntag, 24. Oktober 2010

Historischer Materialismus (4/6)

IV.)Die kapitalistische, bürgerliche Gesellschaft, in welcher der Proletarier seine Arbeitskraft als seinen einzigen Wert an die Bourgeoisie, das besitzende Bürgertum, verkauft und sich somit abhängig macht. Die Bourgeoisie besitzt die Produktionsmittel und verfügt über das Finanzkapital, sie entstand aus der Industrialisierung und der Entwicklung des Handels. Der Kapitalismus steht für eine bedeutende Produktivitätssteigerung auf Kosten der Arbeiter, welche Armut, Krankheit, soziale Abgrenzung und Abhängigkeit erdulden müssen.

Der Kapitalismus ist die gegenwärtige Wirtschaftsform der menschlichen Gesellschaft – von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Da diesmal nicht die Vergangenheit beschrieben, sondern die Gegenwart erklärt wird, bin ich gezwungen, auf dieses Kapital ausführlicher einzugehen.

Ökonomische Basis

Industrielle Revolution

Vollends durchsetzen konnte sich der Kapitalismus erst mit der Industriellen Revolution. Mit der Erfindung der Dampfmaschine konnte nun Arbeit durch Maschinen verrichtet werden, die zuvor noch durch Menschen hätte ausgeführt werden müssen.
Wurde im Feudalismus noch wirklich privat produziert, d.h. die Produzenten waren gleichsam im Besitz ihrer Produktionsmittel, so änderte sich dies mit der Etablierung industrieller Produktion: Die Besitzer der Produktionsmittel arbeiten nicht mehr selbst, sondern lassen andere für sich arbeiten, welche einen Lohn vom Eigentümer der Produktionsmittel (Kapitalist oder Bourgeois) ausgezahlt bekommen.

„Diese industrielle Revolution wurde herbeigeführt durch die Erfindung der Dampfmaschine, der verschiedenen Spinnmaschinen, des mechanischen Webstuhls und einer ganzen Reihe anderer mechanischer Vorrichtungen. Diese Maschinen, welche sehr teuer waren und also nur von großen Kapitalisten angeschafft werden konnten, veränderten die ganze bisherige Weise der Produktion und verdrängten die bisherigen Arbeiter, indem die Maschinen die Waren wohlfeiler und besser lieferten, als die Arbeiter sie mit ihren unvollkommenen Spinnrädern und Webstühlen herstellen konnten.
Diese Maschinen lieferten dadurch die Industrie gänzlich in die Hände der großen Kapitalisten und machten das wenige Eigentum der Arbeiter (Werkzeuge, Wegstühle usw.) völlig wertlos, so daß die Kapitalisten bald alles in ihre Hände bekamen und die Arbeiter nichts übrigbehielten. Damit war in der Verfertigung von Kleidungsstoffen das Fabriksystem eingeführt. - Als der Anstoß zur Einführung der Maschinerie und des Fabriksystems einmal gegeben war, wurde dieses System auch sehr bald auf alle übrigen Industriezweige, namentlich auf die Zeug- und Buchdruckerei, die Töpferei, die Metallwarenindustrie angewandt. Die Arbeit wurde immer mehr unter die einzelnen Arbeiter geteilt, so daß der Arbeiter, der früher ein ganzes Stück Arbeit gemacht hatte, jetzt nur einen Teil dieses Stücks machte.
Diese Teilung der Arbeit machte es möglich, daß die Produkte schneller und daher wohlfeiler geliefert werden konnten. Sie reduzierte die Tätigkeit eines jeden Arbeiters auf einen sehr einfachen, jeden Augenblick wiederholten, mechanischen Handgriff, der nicht nur ebensogut, sondern noch viel besser durch eine Maschine gemacht werden konnte. Auf diese Weise gerieten alle diese Industriezweige, einer nach dem anderen, unter die Herrschaft der Dampfkraft, der Maschinerie und des Fabriksystems, gerade wie die Spinnerei und Weberei. Damit gerieten sie aber zugleich vollständig in die Hände der großen Kapitalisten, und den Arbeitern wurde auch hier der letzte Rest von Selbständigkeit entzogen. Allmählich gerieten außer der eigentlichen Manufaktur auch die Handwerke mehr und mehr unter die Herrschaft des Fabriksystems, indem auch hier große Kapitalisten durch Anlegung großer Ateliers, bei denen viele Kosten gespart werden und die Arbeit ebenfalls sehr geteilt werden kann, die kleinen Meister mehr und mehr verdrängten.
So sind wir jetzt dahin gekommen, daß in den zivilisierten Ländern fast alle Arbeitszweige fabrikmäßig betrieben werden, daß in fast allen Arbeitszweigen das Handwerk und die Manufaktur durch die große Industrie verdrängt worden sind.“
(MEW 4, S. 361-380)

Kapital

Wie der Name schon sagt, basiert der Kapitalismus auf dem Kapital. Kapital sind Geld, Waren und Produktionsmittel zusammengenommen, aber auch nur, wenn diese im Privatbesitz sind und durch den Kauf der Ware Arbeitskraft der Erzeugung und Aneignung des Mehrwerts dienen. Sein Ziel ist die Verwertung des vorgeschossenen Werts, nicht die Bedürfnisbefriedigung der Gesellschaft. Die Produktion und Aneignung von Mehrwert ist somit das absolute ökonomische Grundgesetz des Kapitalismus. Im Einzelfall müssen wir zwischen fünf Kapitalsorten unterscheiden:
→ Das Warenhandlungskapital (Gewinn = Handelsspanne)
→ Geldhandlungskapital (Gewinn = Zins)
→ Industriekapital (Gewinn = Mehrwert)
→ Dienstleistungskapital (Gewinn = Mehrwert)
→ Börsenspekulationskapital (Gewinn = positive Kursdifferenzen)

Lohnarbeit

Die Arbeiter einer Fabrik bekommen Lohn für ihre Arbeit, man nennt sie Lohnarbeiter. Allerdings verkaufen sie nicht ihre „Arbeit“ an den Kapitalisten – das würde bedeuten, dass der Arbeiter zumindest kurzzeitig in Besitz des von ihm gefertigten Produkts wäre. Er verkauft vielmehr seine Arbeitskraft an den Kapitalisten. Seine Arbeitskraft ist im Kapitalismus eine Ware. Der Preis der Ware ist immer gleich den Produktionskosten einer Ware, und so ist der Preis bzw. der Lohn der Ware Arbeitskraft auch identisch mit dem, was ein Arbeiter zu seiner eigenen bzw. familiären Reproduktion ausgeben muss, um am nächsten Tag wieder fit genug für einen weiteren Arbeitstag zu sein. Der Lohn ist also entsprechend dem, was der Arbeiter braucht, um seine Arbeitskraft zu erhalten.

Und eben der Verkauf der Ware Arbeitskraft unterscheidet den modernen Lohnarbeiter von dem Status eines Sklaven:
„Der Sklave ist ein für allemal verkauft; der Proletarier muß sich täglich und stündlich selbst verkaufen. Der einzelne Sklave, Eigentum eines Herrn, hat schon durch das Interesse dieses Herrn eine gesicherte Existenz, so elend sie sein mag; der einzelne Proletarier, Eigentum sozusagen der ganzen Bourgeoisklasse, dem seine Arbeit nur dann abgekauft wird, wenn jemand ihrer bedarf, hat keine gesicherte Existenz. Diese Existenz ist nur der ganzen Proletarierklasse gesichert. Der Sklave steht außerhalb der Konkurrenz, der Proletarier steht in ihr und fühlt alle ihre Schwankungen. Der Sklave gilt für eine Sache, nicht für ein Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft; der Proletarier ist als Person, als Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft anerkannt.
Der Sklave kann also eine bessere Existenz haben als der Proletarier, aber der Proletarier gehört einer höheren Entwicklungsstufe der Gesellschaft an und steht selbst auf einer höheren Stufe als der Sklave. Der Sklave befreit sich, indem er von allen Privateigentumsverhältnissen nur das Verhältnis der Sklaverei aufhebt und dadurch erst selbst Proletarier wird; der Proletarier kann sich nur dadurch befreien, daß er das Privateigentum überhaupt aufhebt.“
(MEW 4, S. 361-380)

Marktwirtschaft

Der gesellschaftliche Ort, an denen Waren verkauft und gekauft werden, nennt man Markt. Auf dem Markt stehen die verschiedenen Anbieter des gleichen Sektors in einem Konkurrenz- bzw. Wettbewerbsverhältnis zueinander. Sie versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen und sich gegebenerfalls aus den Markt zu drängen. Dieses Prinzip der „freien Konkurrenz“ ist Grundbedingung kapitalistischer Ökonomie. Freiheit und Marktwirtschaft/Kapitalismus sind also untrennbar miteinander verbunden (Monopole, Oligopole u.ä. schadet diesem Prinzip verständlicherweise und wird deshalb durch politische Institutionen, z.B. in Form eines Kartellamtes, bekämpft).
Einmal fördert dieser Wettbewerb die Innovation. Unternehmen sind an billigere, effizientere und schnellere Verfahrensweisen zur Warenproduktion bzw. an bessere Waren überhaupt interessiert. Davon profitieren sie als Anbieter in Form eines Wettbewerbsvorsprunges vor anderen Anbietern (in der Zeit, in der die Konkurrenz noch nicht über diese neuartigen Techniken verfügt, kann der innovative Unternehmer auf ein Extra-Profit hoffen) sowie die Nachfrager, denen diese neuartigen Waren erstmals zur Verfügung stehen.

Zwangsgesetze der Konkurrenz

Durch die massive Produktivitätssteigerung dient Ausbeutung im Kapitalismus erstmals nicht allein der unmittelbaren Bedarfsdeckung der Oberschicht, der durch Ausbeutung entstandene Gewinn dient hier dazu, vorrangig in Investitionen gesteckt zu werden, damit sich der Betrieb erweitern kann und vor Konkurrenz sich schützen kann. Sprich, es soll noch mehr Gewinn gemacht werden. Nicht Bedarfsdeckung, sondern Kapitalverwertung ist der unmittelbare Zweck kapitalistischer Produktion. Auch wenn es sich verrückt anhört, dass kapitalistische Ökonomie darauf abzielt, ständig noch mehr, noch mehr und nochmal noch mehr Gewinn zu erzielen; es ist keine individuelle Verrücktheit – besonders beruht dies nicht auf einen moralische Missstand des einzelnen Kapitalisten – sondern es ist das Wesen des Kapitalismus selbst, hervorgerufen durch den Zwang der Konkurrenz. Wird nicht akkumuliert (d.h., wird nicht ständig die Produktion ausgeweitet, neue Techniken eingeführt, Arbeitsplätze rationalisiert etc.), droht das eigene Unternehmen von anderen Unternehmen, die billiger produzieren oder bessere Produkte herstellen, überrolt zu werden. Will sich einer den Zwang zur Akkumulation und Investition entziehen, so droht der Bankrott. „Gier“, „maßloses Gewinnstreben“ u.ä. Eigenschaften sind also nicht als moralischen Mangel aufzufassen, sondern als ökonomische Notwendigkeit zur Sicherstellung des eigenen Überlebens.

Mehrwert

Die Ware Arbeitskraft unterscheidet sich von Waren anderer Natur: Arbeitskraft ist die einzige Form der Ware, die selbst Quelle von Wert ist! Sie erzeugt also mehr Wert, als sie selbst besitzt. Diese Erzeugung von neuen Wert ist also der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft, während der Tauschwert der Ware Arbeitskraft der ist, den der Arbeiter in Form seines Lohnes wieder zurückerhält.
Der Gewinn eines Unternehmens entsteht nicht durch einen besonders gelungenen Verkaufspreis seiner Produkte, sondern durch die Aneignung von Mehrwert. Mehrwert bedeutet letztendlich nichts als das Einkommen des Kapitalisten, d.h. des Unternehmers. Während eines Produktionsprozesses wird mehr Wert von dem Arbeiter erzeugt, als der Wert der Arbeitskraft beträgt. Beispiel: Wenn ein Arbeiter für einen Unternehmer täglich zehn Stunden arbeitet, so entsteht auch ein Arbeitswert von zehn Stunden. Um sein Leben materiell abzusichern, d.h. Nahrung und sonstige lebensnotwendige Sachen zu kaufen, bedarf es des Wertes von fünf Arbeitsstunden. In dieser Zeit vollführt der Arbeiter konkrete Arbeit. Dies ist auch der Wert, den der Arbeiter in Form seines Lohnes wieder zurückerhält. Der Kapitalist achtet dabei nun darauf, dass sein Lohn nicht so hoch ist, dass er am nächsten Tag nicht arbeiten müsste. Den restlichen Wert von fünf Arbeitsstunden, welcher der Arbeiter durch abstrakte Arbeit leistet, behält der Kapitalist für sich als eigenen Verdienst, den Mehrwert. Der Proletarier arbeitet demnach einen halben Tag für sich, für seinen Lohn, dies ist die bezahlte, notwendige Arbeit. Den restlichen Tag arbeitet der Proletarier für unbezahlte Mehrarbeit, das Einkommen des Unternehmers.
Die Erringung von Mehrwert ist also objektives Ziel & Wesen des kapitalistischen Produktionsprozesses. Es ist unter dem Kapitalismus eine ökonomische Notwendigkeit und hat nichts zu tun mit falschen Moralvorstellungen einzelner Kapitalisten.

Wert der Ware und Mehrwertrate

Mit der marxistischen Analyse der politischen Ökonomie lassen sich wissenschaftliche Formeln aufstellen. Dabei betrachten wir die Produktionsmittel (Rohstoffe, Maschinen, Anlagen), die jeder Kapitalist kaufen muss. Dieses vorgeschossene Kapital bleibt konstant, da sein Wert nicht von Verteilungsauseinandersetzungen bestimmt wird: Wir nennen es konstantes Kapital, abgekürzt mit c. Desweiteren gibt es den Arbeitslohn, den jeder Kapitalist an seine Arbeiter auszahlen muss. Dieses Kapital kann ist flexibel, der Wert kann sich ändern. Wir nennen es variables Kapital (da von der Verteilung des Volkseinkommens abhängig), abgekürzt mit v. Wie wir aber schon oben gesehen haben, wird während des Produktionsprozesses auch Mehrwert erzeugt. Wir kürzen diesen Wert mit m ab. Wir unterscheiden zudem zwischen konstantes zirkulierendes Kapital (dieses geht während des Produktionsprozesses restlos in das fertige Produkt ein) und konstantes fixes Kapital (dessen Wert bleibt erhalten und meint Maschinen, welche sich nur almählich abnutzen).
Jetzt können wir den genauen Wert einer jeden Ware ausrechnen, die erzeugt worden ist. Sie ist gleich c+v+m.
Desweiteren können wir die Mehrwertrate bzw. den Grad der Ausbeutung berechnen, indem wir m/v dividieren. Beispiel: Ein Arbeiter arbeitet 10 Stunden, aufgeteilt in 5 Stunden notwendige Arbeitszeit und in 5 Stunden Mehrarbeit. Der Wert, der pro Stunde erzeugt wird, ist jedesmal gleich, nämlich z.B. 3. Dann ist das Ausbeutungsverhältnis 15/15= 1 bzw. 100%. Ist m=20 und v=40, so beträgt die Mehrwertrate 20/40=0,5 bzw. 50%.
Wie jeder von uns entweder durch theoretisches Wissen oder durch empirische Aneignung bereits erfahren hat, besitzt das Kapital die Tendenz, möglichst viel Mehrwert zu produzieren und anzueignen. Dies kann durch die Verlängerung des Arbeitstages gefördert werden (absoluter Mehrwert), oder durch die Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit, d.h. indem die Arbeitsproduktivität steigt und die zur Reproduktion nötigen Lebensmittel sich somit verbilligen, sodass auch die Reproduktionskosten des Lohnarbeiters sich verbilligen und die notwendige Arbeitszeit somit sinkt (relativer Mehrwert).
Das Gesetz über Angebot und Nachfrage regelt nicht den Wert einer Ware -wie liberale Ökonomen noch heute zum Teil annehmen-, sondern nur die durch Hoch- und Niedrigkonjunktur bedingten Schwankungen um den Durchschnittswert der Ware. Die Identität von Wert und Preis ist stochastisch nachgewiesen, d.h. sie gilt gesamtgesellschaftlich, in Einzelfällen ist sie aber eben jenen Schwankungen unterworfen.

Allgemein anerkanntes Prinzip des Kapitalismus ist die Formel Geld-Ware-mehr Geld. Der Profit des Unternehmens entsteht aber nicht im Verkauf der Ware – dies ist zwar notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Er entsteht, wie bereits erklärt wurde, bereits im Produktionsakt selbst, also zwischen Geld-Ware. Dass der Gewinn nicht aus dem Akt des Warentausches/-verkaufes besteht, ist leicht nachzuweisen: Jeder Anbieter ist zugleich Nachfrager. Wer jetzt eine Ware zu einen höheren Preis verkauft, als sie eigentlich wert ist, wird diesen Aufpreis wieder dann zahlen müssen, wenn er später als Nachfrager selbst wieder eine Ware kaufen muss.

Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung

Der große Grundwiderspruch des Kapitalismus ist die gesellschaftliche Produktion (die große Mehrheit des Volkes ist an der Warenproduktion oder der Erbringung von Dienstleistungen direkt beteiligt) und die private Aneignung des Produktes durch den Bourgeois bzw. der Unternehmensleitung. Die einen arbeiten und produzieren somit fremdes Eigentum - und von diesem Dienst
am fremden Eigentum sind sie abhängig – ,die anderen haben Eigentum und lassen arbeiten,
um ihr Eigentum zu vermehren.
Die Arbeitsteilung sorgt dafür, dass nur noch gesellschaftliche Produktion vorhanden ist: Keiner produziert mehr ein Proukt alleine, keiner kann mehr sagen: Dies ist mein Produkt. Das industrielle Produkt ist vielmehr das gemeinsame Produkt vieler Arbeiter. Gesellschaftlich erzeugte Produkte können auf dem Markt billiger verkauft werden als gleiche Produkte eines Einzelproduzenten, sodass diese schnell vom Markt verschwinden.
Im Kapitalismus konzentrieren sich die privaten Produktionsmittel in große Industrien / Unternehmen. Die Produktionsmittel sind im Kapitalismus also vergesellschaftet, denn viele Arbeiter benutzen ein Produktionsmittel gemeinsam. Trotzdem werden sie nach wie vor so behandelt, als wären sie die Produktionsmittel einzelner Privatproduzenten. War es in präkapitalistischen Gesellschaften noch üblich, dass sich der Erzeuger des Produktes auch dieses Produkt selbst aneignetete, so funktioniert der Kapitalismus durch permanente Enteignung: Der Besitzer der Produktionsmittel eignet sich das Produkt an, auch wenn es nicht das Produkt seiner, sondern fremder Arbeit ist. Gesellschaftlich erzeugte Produkte werden also angeeignet durch private Kapitalisten. Während die Produktin selbst also gesellschaftliche verläuft, werden sie einer Aneignungsform unterworfen, die die Privatproduktion Einzelner zur Voraussetzung hat. Hierdrin liegt die langfristige Unverträglichkeit zwischen kapitalistischer Ökonomie und sozialer Wirklichkeit. Dies ist der Grundwiderspruch des Kapitalismus, aus den alle anderen Widersprüche entspringen.

Dieser Grundwiderspruch hat Folgen: Aus dieser kapitalistischen Aneigungsform ergibt sich zwangsweise eine soziale Polarisierung der Gesellschaft, d.h. er führt zu immer stärkerer Konzentration und Zentralisation von Produktion und Kapital auf der einen Seite und zur wachsenden Existenzunsicherheit und zur Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse auf der anderen Seite. Er hat periodische Wirtschaftskrisen, im schlimmsten Fall auch Kriege zur Folge.

Widerspruch zwischen fabrikmäßige Organisation der Produktion und gesamtgesellschaftliche Anarchie der Produktion

Dieser Widerspruch kennzeichnet das Wesen der Marktwirtschaft:
„Jedes Unternehmen produziert für sich mit seinen zufälligen Produktionsmitteln und für sein besondres Austauschbedürfnis. Keiner weiß, wieviel von seinem Artikel auf den Markt kommt, wieviel davon überhaupt gebraucht wird, keiner weiß, ob sein Einzelprodukt einen wirklichen Bedarf vorfindet, ob er seine Kosten herausschlagen oder überhaupt wird verkaufen können. Es herrscht Anarchie der gesellschaftlichen Produktion. Aber die Warenproduktion, wie jede andere Produktionsform, hat ihre eigentümlichen, inhärenten, von ihr untrennbaren Gesetze; und diese Gesetze setzen sich durch, trotz der Anarchie, in ihr, durch sie. Sie kommen zum Vorschein in der einzigen, fortbestehenden Form des gesellschaftlichen Zusammenhangs, im Austausch, und machen sich geltend gegenüber den einzelnen Produzenten als Zwangsgesetze der Konkurrenz. Sie sind diesen Produzenten also anfangs selbst unbekannt und müssen erst durch lange Erfahrung nach und nach von ihnen entdeckt werden. Sie setzen sich also durch, ohne die Produzenten und gegen die Produzenten, als blindwirkende Naturgesetze ihrer Produktionsform. Das Produkt beherrscht die Produzenten.
Mit dem Kapitalismus traten auch die bisher schlummernden Gesetze der Warenproduktion offner und mächtiger in Wirksamkeit. Die alten Verbände wurden gelockert, die alten Abschließungsschranken durchbrochen, die Produzenten mehr und mehr in unabhängige, vereinzelte Warenproduzenten verwandelt. Die Anarchie der gesellschaftlichen Produktion trat an den Tag und wurde mehr und mehr auf die Spitze getrieben. Das Hauptwerkzeug aber, womit die kapitalistische Produktionsweise diese Anarchie in der gesellschaftlichen Produktion steigerte, war das gerade Gegenteil der Anarchie: die steigende Organisation der Produktion, als gesellschaftlicher, in jedem einzelnen Produktionsetablissement. Mit diesem Hebel machte sie der alten friedlichen Stabilität ein Ende. Wo sie in einem Industriezweig eingeführt wurde, ließ sie keine ältre Methode des Betriebs neben sich. Das Arbeitsfeld wurde ein Kampfplatz. Die große Industrie endlich und die Herstellung des Weltmarkts haben den Kampf universell gemacht und gleichzeitig ihm eine unerhörte Heftigkeit gegeben. Zwischen einzelnen Kapitalisten wie zwischen ganzen Industrien und ganzen Ländern entscheidet die Gunst der natürlichen oder geschaffnen Produktionsbedingungen über die Existenz. Der Unterliegende wird schonungslos beseitigt. Es ist der Darwinsche Kampf ums Einzeldasein, aus der Natur mit potenzierter Wut übertragen in die Gesellschaft. Der Naturstandpunkt des Tiers erscheint als Gipfelpunkt der menschlichen Entwicklung.“
(leicht geändert nach: MEW 19, S. 210-228)

Periodische Wirtschaftskrisen

Ein bedeutendes Charaktermerkmal kapitalistischer Ökonomie sind die periodisch auftretenden Krisen, welche wie folgt zu definieren sind:
„(...) und in kurzer Zeit wurde mehr produziert, als gebraucht werden konnte. Die Folge davon war, daß die fabrizierten Waren nicht verkauft werden konnten und daß eine sogenannte Handelskrisis eintrat. Die Fabriken mußten stillstehen, die Fabrikanten machten Bankerott, und die Arbeiter kamen außer Brot. Das größte Elend trat überall ein. Nach einiger Zeit waren die überflüssigen Produkte verkauft, die Fabriken fingen wieder an zu arbeiten, der Lohn stieg, und allmählich gingen die Geschäfte wieder besser als je. Aber nicht lange, so waren wieder zuviel Waren produziert, und eine neue Krisis trat ein, die gerade wieder denselben Verlauf nahm wie die vorige. So hat seit dem Anfang dieses Jahrhunderts der Zustand der Industrie fortwährend zwischen Epochen der Prosperität und Epochen der Krise geschwankt, und fast regelmäßig alle fünf bis sieben Jahre ist eine solche Krisis eingetreten, welche jedesmal mit dem größten Elend der Arbeiter, mit allgemeiner revolutionärer Aufregung und mit der größten Gefahr für den ganzen bestehenden Zustand verknüpft war.“ (MEW 4, S. 361-380)
Die Krisen lassen sich im Kapitalismus nach folgendem Schema beschreiben:
Gewinn des Unternehmers → Maschinen ersetzen Arbeiter um Mehrwert zu steigern → quantitative Steigerung der Produktion, um möglichst viele Waren zu verkaufen, damit sich die Rationalisierung lohnt → Markt wird von den Produkten überschwemmt → Angebot höher als Nachfrage, insbesondere auch deshalb, weil die breite Masse durch Lohnkürzungen und Entlassungen kein Geld mehr hat, die Angebotsfülle aufzunehmen (Schwund an Kaufkraft), d.h. durch die Zahlung möglichst niedriger Löhne an den Arbeitern sind diese nicht in der Lage, genügend Waren zu kaufen → Überproduktion → Bankrotten und weitere Arbeitslosigkeit.
Aus diesen obligatorischem Teufelskreis gehen kleine Unternehmen schneller zu Bruch und Großunternehmen können sich besser behaupten (Zusammenschluss, Erschließung neuer Absatzmärkte und Rohstoffe). Die Wirtschaftskrisen werden also paradoxerweise nur durch eine Konzentration des Kapitals und die Expansion der Großbetrieben gemeistert, dabei aber gleichzeitig die Voraussetzung für die nächste, noch heftigere Krise gelegt.
In den Krisen kommt ein weiterer Widerspruch hellauf zu Tage: Kapitalistische Wirtschaftskrisen entstehen durch einen Überfluss an Warenangebot. Das heisst konkret, die Bevölkerung verarmt, -nicht obwohl- weil (!) zu viele Güter auf dem Markt sind. Es ist nicht nur paradox, es ist kompletter Irrsinn. „Der Überfluss wird Quelle der Not und des Mangels“ (Fourier). Die Produktionsweise rebelliert so periodisch gegen die Austauschform.

Akkumulation

Ein weiteres wichtiges Charaktermerkmal des Kapitalismus ist die Akkumulation, also die permanente Anhäufung von Kapitalmasse. Erzielter Gewinn wird nicht ausschließlich in die private Konsumtion des Kapitalisten geschleudert, sondern wird dem bislang bestehenden Kapital zugeschlagen. Dies erfolgt in Form von
-technischen Verbesserungen und Modernisierungen
-Rationalisierungen (Einsparen von Arbeitskräften und Ersetzung durch Maschinenkraft)
-gewerbliche Erweiterung
und dient der Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens.

Rationalisierungsbestrebungen haben natürlich gesamtgesellschaftliche Auswirkungen. Arbeitskräfte werden eingespart und es kommt zu einem Überschuss an Arbeitslosen, die Nachfrage an Arbeitskräften sinkt, während das quantitative Angebot an Arbeitskräften steigt. Die Folgen für die Arbeiter sind Lohnsenkungen, Kurzarbeit ohne Lohnausgleich oder unmenschlich lange Arbeitszeiten und die stetige Gefahr der Arbeitslosigkeit. Dies führt nicht nur zu Armut, Krankheit und Lebensunlust auf Seiten der Arbeitnehmer, sondern zwangsläufig zu einem Teufelskreis, indem die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, gleichzeitig nimmt auch die Anzahl der Reichen ab und die Anzahl der Armen zu (Schere zwischen Arm und Reich).

Akkumulation ist natürlich auch mit erheblichen Materialumsatz verbunden: Der Erde werden Rohstoffe entnommen, sie werden verarbeitet und Artefakte davon bleiben übrig: In Form von Gebäuden, aber auch durch Abstoffe im Boden, im Gewässer, in der Atmosphäre. Mit der Akkumulation werden immer mehr Menschen in die Lohnarbeit mit einbezogen – ebenso werden naturbelassene Ressourcen immer mehr zu konstanten Kapital verarbeitet.
Das „allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation“ beschreibt, dass sich konstantes Kapital schneller ausdehnt als variables Kapital.

Arbeitslosigkeit

Rationalisierungen zur Einsparung von Arbeitslohn bzw. zur Erhöhung der Mehwertrate sind festgeschrieben durch die Zwangsgesetze der Konkurrenz. Rationalisierung heisst zuerst nur, Arbeitskraft durch Maschinenkraft zu ersetzen. Die daraus resultierenden Folgen lassen sich am besten unverändert durch Friedrich Engels beschreiben:
„Aber Vervollkommnung der Maschinerie, das heißt Überflüssigmachung von Menschenarbeit. Wenn die Einführung und Vermehrung der Maschinerie Verdrängung von Millionen von Handarbeitern durch wenige Maschinenarbeiter bedeutet, so bedeutet Verbesserung der Maschinerie Verdrängung von mehr und mehr Maschinenarbeitern selbst und in letzter Instanz Erzeugung einer das durchschnittliche Beschäftigungsbedürfnis des Kapitals überschreitenden Anzahl disponibler Lohnarbeiter, einer vollständigen industriellen Reservearmee, disponibel für die Zeiten, wo die Industrie mit Hochdruck arbeitet, aufs Pflaster geworfen durch den notwendig folgenden Krach, zu allen Zeiten ein Bleigewicht an den Füßen der Arbeiterklasse in ihrem Existenzkampf mit dem Kapital, ein Regulator zur Niederhaltung des Arbeitslohns auf dem dem kapitalistischen Bedürfnis angemeßnen niedrigen Niveau. So geht es zu, daß die Maschinerie, um mit Marx zu reden, das machtvollste Kriegsmittel des Kapitals gegen die Arbeiterklasse wird, daß das Arbeitsmittel dem Arbeiter fortwährend das Lebensmittel aus der Hand schlägt, daß das eigne Produkt des Arbeiters sich verwandelt in ein Werkzeug zur Knechtung des Arbeiters. So kommt es, daß die Ökonomisierung der Arbeitsmittel von vornherein zugleich rücksichtsloseste Verschwendung der Arbeitskraft und Raub an den normalen Voraussetzungen der Arbeitsfunktion wird; daß die Maschinerie, das gewaltigste Mittel zur Verkürzung der Arbeitszeit, umschlägt in das unfehlbarste Mittel, alle Lebenszeit des Arbeiters und seiner Familie in disponible Arbeitszeit für die Verwertung des Kapitals zu verwandeln; so kommt es, daß die Überarbeitung der einen die Voraussetzung wird für die Beschäftigungslosigkeit der andern und daß die große Industrie, die den ganzen Erdkreis nach neuen Konsumenten abjagt, zu Hause die Konsumtion der Massen auf ein Hungerminimum beschränkt und sich damit den eignen innern Markt untergräbt. "Das Gesetz, welches die relative Surpluspopulation oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Kapitalakkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Bestialisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert." (Marx, "Kapital", S. 671.) Und von der kapitalistischen Produktionsweise eine andre Verteilung der Produkte erwarten hieße verlangen, die Elektroden einer Batterie sollten das Wasser unzersetzt lassen, solange sie mit der Batterie in Verbindung stehn, und nicht am positiven Pol Sauerstoff entwickeln und am negativen Wasserstoff.“ (MEW 19, S.210-228)

Entfremdung

Im Kapitalismus wird die Arbeitsteilung perfektioniert. Im Konkreten heisst dies, dass im Kapitalismus dem Arbeiter das Resultat seiner Arbeit entzogen wird, d.h. er produziert für Interessen eines Anderen, eines Kapitalisten. Desweiteren wird er auf bestimmte Aufgaben spezialisiert, er übernimmt also nur noch eine Teilfunktion im gesamten Produktionsprozess (z.B. produziert er kein Auto, sondern nur die Tür des Autos). Dies nimmt dem Arbeiter den Sinn des Arbeitens, denn er produziert Produkte, ohne den umfassenden Einblick in die Art und Weise zu haben, die Frage nach dem Warum taucht auf. Dies kann sogar so weit führen, dass der Arbeiter seine eigene Arbeit verneint, also ablehnt, er sich aber dennoch gezwungen fühlt, diese nicht zu ihm passende Arbeit durchzuführen, um überleben zu können. Die Entfremdung des Arbeiters von seiner Arbeit führt demnach zur Selbstentfremdung.

Ebenfalls zur Entfremdung des Menschen von seiner eigenen Logik führt die systemimmanente Logik des kapitalistischen Verwertungszwanges: Unternehmer haben ursprünglich kein Interesse an Umweltzerstörung, aber die Notwendigkeit, ihre Produktionskosten zu senken, zwingt sie dazu. Jeder würde sozial Schwachen gerne helfen, aber die Notwendigkeit zur Senkung von Sozialkosten führt zu deren Ausgrenzung.

Durchschnittliche & notwendige Arbeitszeit

Zudem muss noch der Unterschied zwischen durchschnittliche und notwendige Arbeitszeit erklärt werden.
Die durchschnittliche Arbeitszeit entsteht durch die Konkurrenz der Unternehmen. Das Unternehmen, welches mit dem geringsten Aufwand produzieren kann, definiert die durchschnittliche Arbeitszeit. Jedes andere Unternehmen muss sich, um mitzuhalten, diesen Durchschnitt anpassen, oder es geht wirtschaftlich zugrunde, weil es mehr Aufwand betreibt, dazu mehr Kosten verursacht und so auch teurer verkaufen muss. Der geringste Aufwand im Vergleich zum Aufwand anderer Unternehmen bildet also den Durchschnitt. Dabei muss beachtet werden, dass es nicht Sinn und Zweck der Unternehmen ist, möglichst mit geringem Aufwand zu produzieren, um seine Arbeiter zu schonen, sondern um den möglichen Profit zu maximieren.
Die notwendige Arbeitszeit ermittelt sich durch den Verkauf, der Nachfrage, die das hergestellte Produkt am Markt erzeugt. Wird das erarbeitete Produkt verkauft, war die dafür geleistete Arbeitszeit notwendig, wird das Produkt nicht verkauft, war die Arbeitszeit auch nicht notwendig, also umsonst. Sobald ein Produkt auf dem Markt nicht verkauft wird, waren sämtliche Produktionsbemühungen und damit auch sämtliche Kosten Null und nichtig.

Kapitalistische Klassengesellschaft


Die kapitalistische Industrialisierung erfasste ganz Europa und Amerika, der Welthandel erreicht bis dahin ungeahnte Ausmaße. Doch das Bürgertum hatte gegen den Feudalismus nur deswegen siegen können, weil es sich zunächst an die Spitze aller durch die Feudallasten Leidenden stellte. Gab es in der Feudalgesellschaft eine mannigfaltige Abstufung der gesellschaftlichen Stellungen, so spaltet sich nun die ganze Gesellschaft mehr und mehr in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat.

Bürgertum

Der Adel wurde als ausbeuterische Klasse vom Bürgertum -welches sich aus der Schicht der Handwerker und Kaufleute entwickelte- abgelöst:
„Die Bourgeoisie vernichtete die Macht der Aristokratie, des Adels, indem sie die Majorate oder die Unverkäuflichkeit des Grundbesitzes und alle Adelsvorrechte aufhob. Sie zerstörte die Macht der Zunftbürger, indem sie alle Zünfte und Handwerksprivilegien aufhob. An die Stelle beider setzte sie die freie Konkurrenz, d.h. den Zustand der Gesellschaft, worin jeder das Recht hat, jeden beliebigen Industriezweig zu betreiben, und worin ihn nichts an dem Betriebe eines solchen verhindern kann als der Mangel des dazu nötigen Kapitals.“ (MEW 4, S. 361-364)
Das Bürgertum kämpfte dabei gegen den dogmatischen Einfluss der Kirche an und unterstützte die naturwissenschaftliche Forschung, welche ab dem 16. Jh. einen überwältigten Aufschwung feiern konnte. Die direkten Besitzer der Produktionsmittel einer Fabrik nennt man Bourgeois.

Proletariat

Die zu der Bourgeoisie antagonistischen Klasse nennt man Proletariat. bzw Arbeiterklasse. Proletariat deshalb, weil sie eigentumslos sind und somit nur in Besitz ihrer Nachfahren/Kinder sind (von lat. proles = die Nachkommenschaft). Engels antwortete auf die Frage, was das Proletariat sei mit
„Das Proletariat ist diejenige Klasse der Gesellschaft, welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus dem Verkauf ihrer Arbeit und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitals zieht; deren Wohl und Wehe, deren Leben und Tod, deren ganze Existenz von der Nachfrage nach Arbeit, also von dem Wechsel der guten und schlechten Geschäftszeiten, von den Schwankungen einer zügellosen Konkurrenz abhängt.“ (MEW 4, S. 361-364)
Die Arbeiter sind also gezwungen, ihre Arbeitskraft an einem beliebigen Kapitalisten verkaufen zu müssen, da sie sonst nicht überleben können. Marx bezeichnet die Arbeiter deshalb zynisch als „doppelt freie Lohnarbeiter“, doppelt frei deshalb, weil sie einmal frei sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, an wen sie wollen, und einmal frei von Produktionsmitteln selbst sind, so dass sie ihre Arbeitskraft verkaufen müssen an denjenigen, der in Besitz der Produktionsmittel ist und sich demnach von ihnen ausbeuten (d.h. Mehrwert erschaffen) lassen müssen.
Es sind nicht mehr die Arbeiter, welche die Produktionsmittel -wie in früheren Gesellschaftsepochen- anwenden, sondern es sind die Produktionsmittel, die in ihrer Kapitaleigenschaft die Arbeiter anwenden, sie zu einem bloßen Objekt der Verwertung des Werts degradieren, ihre Persönlichkeit deformieren und ihre Leben nur gelten lassen, solange es für die Produktion des Mehrwerts notwendig ist.
Proletariat und Lohnarbeit sind identisch.
Zu der Klasse des Proletariats zählen also nicht nur die klassischen Industriearbeiter, sondern alle, die eigentumslos sind und somit ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Da heute die Existenz des Proletariats zum Teil geleugnet, zum Teil verwischt wird, benötigen wir eine exakte Definierung des Begriffs „Proletariat“:

Diese Definition beinhaltet auch Arbeitslose. Arbeitslose gibt es, weil es Kapital gibt, sind also dessen notwendige Folge. Sie bilden die sogenannte „industrielle Reservearmee“. Dass sie nicht von einem einzelnen Kapitalisten bezahlt werden, sondern über den Staat, ist gleichgültig. Das Kapital zahlt ihren Lohn, ohne sie direkt auszubeuten - und dieser Lohn heißt „Arbeitslosengeld“. Es dient dazu, die Arbeitskraft des Arbeitslosen weiterhin in einem verwertbaren Zustand zu halten.
Ebenso zum Proletariat gehören Familienangehörige (auch arbeitslose Frauen, Kinder) des Arbeiters. Sie gehören nicht zum produktiven Teil des Proletariats, aber zum konsumierenden Teil.
Der lohnabhängige Teil der Intelligenz -Ingenieure, Ärzte, Lehrer, Professoren etc.- gehören ebenso zum Proletariat. Auch wenn dieser Teil rein psychische Arbeitskraft verwerten lässt, ist dies kein qualitatives Unterscheidungsmerkmal zum Proletariat. Selbstständige Ingenieure wiederum, welche Mitarbeiter beschäftigen, gehören zur Bourgeoisie – wichtig ist also die ökonomische Bestimmung, und nicht die Berufsbezeichnung.
Migranten gehören zum Proletariat, sofern sie eigentumslos sind. Dies gilt auch, wenn sie durch den Nationalstaat diskriminierende Auflagen erhalten (Residenzpflicht, Arbeitsverbot etc.).

Manager als Grenzfall

Ein Grenzfall zwischen Bourgeoisie & Proletariat bildet der Manager. Streng definitorisch gehören sie zum Proletariat (eigentumslos und lohnabhängig). Allerdings beinhalten sie bedeutende Merkmale, die sie vom restlichen Proletariat abgrenzen:
Das Führungspersonal organisiert die Leitung und Planung der Produktion. Von dieser ist das Proletariat als Klasse ausgeschlossen.
Sein Lohn, bzw. Gehalt, hat eine andere Qualität (bezogen auf den Gewinn und Anteilsscheine am Unternehmen) und Quantität (Höhe) als der anderer Lohnabhängigen.
Dies ist letztlich auch die Ursache für ihr spezifisches Verhalten, die Mentalität usw. Manager sehen das Proletariat als Humankapital, als fleichschliche Zugabe zu den Maschinen in der Produktion. Ein Verbrauchsstoff unter vielen und ein Kostenfaktor unter vielen. Da lässt sich schwer ein proletarisches Klassenbewusstsein entwickeln.

Ideologischer Überbau

Staat

Die Bourgeoisie ist auch die politisch herrschende Klasse. Um dieses bedeutende Thema aber ausführlich behandeln zu können, wird eine Abhandlung über die Funktion und das Wesen des bürgerlichen Staates extern etwas geschrieben werden.

Ehtische Missstände

Trotz Aufklärung und Humanismus ist die bürgerliche Gesellschaft geprägt von zahlreichen ethischen Missständen, die sich auch konkret auf die Wirklichkeit ausüben: Asymetrische Geschlechterverhältnisse, rassistische Diskriminierungen, enorme Besitzunterschiede, Unterschiede in der Möglichkeit der gesellschaftlichen Einflussnahme, antisemitische Stereotypen, Diskriminierungen bestimmter sexueller Orientierungen.

Freiheit & Gleichheit

(Ökonomische) Freiheit und (rechtliche) Gleichheit sind die zwei Grundprinzipien der bürgerlichen Gesellschaft. Dies wird meistens auch konkret in den jeweiligen Verfassungen (als Rechtsstaat) festgelegt: Jeder (also auch Lohnarbeiter) ist formell frei – d.h., es gibt keine äußere Gewalt, die sie zum Vertragsabschluss zwingt, Verträge können gekündigt werden. Ebenso sind sowohl Kapitalist als auch Lohnarbeiter formell gleichgestellt: Zwar gibt es faktische Vorteile eines großen Besitzers, allerdings keine angeborenen rechtlichen Privilegien.
Beides war in präbürgerlichen Gesellschaften nicht der Fall – weswegen für viele der Kapitalismus heute noch für das Gegenteil zum Feudalismus gilt. Rechtliche Freiheit war auch Grundvoraussetzung für den Kapitalismus: Die Arbeitskräfte, welche die städtische Industrie zur Verwertung benötigte, waren auf dem Land und z.T. unter feudaler Abhängigkeit. Erst die formelle Freiheit gab den verarmten und landlosen Bauern die Möglichkeit, zu Lohnarbeitern zu werden.
Und das ist der ganze freiheitliche Akt: Lohnarbeiter entscheiden selbst, ob sie für niedrigen Lohn arbeiten oder eben doch verhungern oder woanders arbeiten, wo es aber wahrscheinlich auch nicht viel besser ist.
Inwiefern diese abstrakte rechtliche Gleichheit und Freiheit konkrete soziale Ungleichheit und Unfreiheit produziert, liegt auf der Hand: Ein reicher Besitzbürger kann seine formellen Möglichkeiten zur Ausnutzung seiner Freiheit viel mehr nutzen als ein besitzloser Lohnarbeiter, der sich tagtäglich um sein zukünftiges Leben sorgen muss.
Freiheit und all die Erscheinungsweisen des Kapitalismus gehören zusammen und die staatlich garantierte Freiheit ist der Titel dieser Eigentumsgesellschaft. Freiheit hat im Kapitalismus aber nur im Eigentum auch ihr materielles Mittel.
Im Kapitalismus sind die Armen genau so formell frei wie die Reichen. Unabhängig davon nutzt den Armen -welche den Großteil dieser bürgerlichen Gesellschaft ausmachen - diese Freiheit herzlich wenig, da sie von den Mitteln ausgeschlossen sind, mit denen sie überhaupt ihren Willen verwirklichen können. Sie können dies nur in Maße ihres Eigentums. Und wenn das einzige Eigentum, das man irgendwie verwenden kann um an Geld zu kommen, die eigene Arbeitskraft ist, dann bleibt einen von der bürgerlichen Freiheit nicht viel übrig.

Bürgerlicher Klassenkampf

Der Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat ist der letzte aller antagonistischen Klassenkämpfen. Er entfaltet sich auf drei Ebenen: Auf der ökomonischen, der politischen und der ideologischen Ebene.
Der ökonomische Klassenkampf wird auf Seiten der Arbeiter mithilfe einer gewerkschaftlichen Organisation ausgetragen. Er dient der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung der Arbeiter. Ein erfolgreicher ökonomischer Klassenkampf ist somit Grundlage für einen Erfolg auch auf der politischen und ideologischen Ebene. Im Mittelpunkt steht die Erhöhung des Arbeitslohnes bzw. die Kürzung des Arbeitstages. Mit der Dauer des ökonomischen Klassenkampfes erhöht sich der Grad an innerer Organisation sowie an Klassenbewusstsein. Doch auch wenn dies Grundlage für einen erweiterten Klassenkampf ist, so darf man nicht auf dieser Ebene stehen bleiben. Bleibt man im ökonomischen Klassenkampf stehen, so endet man bei Reformismus und Opportunismus, sprich bei der rechten Sozialdemokratie.
Die zweite Ebene bildet die Politik. Dies ist die alles entscheidende Ebene, denn nur hier kann die Diktatur der Bourgeoisie gestürzt werden und durch eine die des Proletariats ersetzt werden. Das politische Ziel jeder proletarischen Bewegung muss die Eroberung der politischen Macht für die Arbeiterklasse sein. Erst dann kann die Arbeiterklasse auch ökonomisch befreit werden. Der politische Klassenkampf kennt viele Formen, z.B. Demonstrationen, Protestkundgebungen, politische Streiks, Wahlen, parlamentarische Arbeit, Generalsstreik und bewaffneten Kampf. Welche Formen des Kampfes wann angewandt werden müssen, das herauszufinden ist Hauptaufgabe der revolutionären Arbeiterpartei.
Die dritte Ebene ist die des ideologischen Kampfes. Die Aufgabe der proletarischen Bewegung hier ist es, den Druch und Einfluss bürgerlicher Propaganda, z.B. in den Medien, zurück zu drängen. Desweiteren kommt es hier auch auf den Grad des Klassenbewusstseins an. Die Arbeiterklasse muss sich ihrer historischen Mission bewusst und somit mit dem Marxismus vertraut sein. Auch dies kann als Aufgabe der Arbeiterpartei verstanden werden, aber ebenso ist es Aufgabe der revolutonären Intelligenz; denn nur sie ist aus zeitlichen und bildungstechnischen Gründen imstande, sich zuerst mit den Lehren des wissenschaftlichen Sozialismus vertraut zu machen.

Ökonomische & gesellschaftliche Entwicklung

Diensleistungsgesellschaft

Im Lauf des 21. Jh. verliert sich das Bild der Industriegesellschaft immer mehr zu Gunsten einer sg. „Dienstleistungsgesellschaft“. Damit soll ausgedrückt werden, dass nicht mehr industriell bedingte Fließbandarbeit im Kern des nationalstaatlichen Wirtschaftens steht, sondern die Erbringung von Dienstleistungen. Mit Dienstleistung wird all das bezeichnet, was kein materielles, neues Produkt zum Vorschein bringt und doch der Bedürfnisdeckung der Bevölkerung dient. Darunter fallen ärztliche Behandlungen, Werkstatt-Reparaturen, Telefon-Service, Restaurants, Hotels, Kino... Dienstleistungen gab es also schon immer, seit der Etablierung des Personal Computers aber in einem bedeutenderen Maße als zuvor.
Allerdings ändert dies nichts am Wesen des Kapitalismus. Die Arbeiter im Dienstleistungssektor -im bürgerlichen Sprachgebrauch gerne abgeschwächt als „Angestellte“ bezeichnet- müssen genauso ihre Arbeitskraft an ihren „Arbeitgeber“ verkaufen, wie ein Industriearbeiter auch. Es gibt nur zwei Unterschiede zwischen Industrie- und Dienstleistungssektor:
Im Dienstleistungssektor wird die psychische Arbeitskraft verbraucht, während es im Industriebereich eher die physische Arbeitskraft ist
Anders als im Industriesektor sind Produktion und Konsumtion der Ware im Dienstleistungssektor zeitlich identisch
Wir sehen, es besteht nur ein stofflicher Unterschied. Trotzdem bleiben Dienstleistungen Waren, die ausgetauscht werden – und damit ändert sich nicht das Prinzip kapitalistischen Wirtschaftens. Die Gesetze bleiben gleich.

Organisierung der Arbeiterbewegung

Gegen die Missstände des Frühkapitalismus (Verarmung trotz Arbeit, Kinder- und Frauenarbeit, gesundheitsgefährdende Arbeit, Arbeitszeiten jenseits der 12 Stunden) organisierte sich schon bald Widerstand. Teile der Intelligenz nahmen sich den Sorgen der Arbeiter an und setzten sich an die Spitze ihrer Bewegung. Gewerkschaften gründeten sich. Gewerkschaften sind organisierte innerbetriebliche Vertretungen der Interessen der Lohnarbeiter. Sie versuchen ihr Interesse nach Lohnerhöhung bzw. Arbeitszeitverkürzung durchzusetzen. Der Streik ist die mächtigste Waffe der Gewerkschaft in Lohnkämpfen gegen die Unternehmer. Diese Ziele und Mittel der Gewerkschaften sind bis ins 21. Jh. die gleichen geblieben.
Zusätzlich bildeten sich Arbeiterparteien. Besonders diese wurden von der Intelligenz angeführt und versuchten, die Interessen der Lohnarbeiter politisch und schließlich gesetzlich durchzusetzen.

Sozialstaat

Die Durchsetzung des Sozialstaates ist nicht Folge einer Ablehnung der sozialen Missstände vonseiten der herrschenden Elemente, auch der oppositonelle Druck der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften ist nicht primär für den Sozialstaat verantwortlich. Er entspringt vielmehr der simplen Logik, dass der Kapitalismus -will er möglichst reibungslos funktionieren- genügend Lohnarbeiter zu seiner Akkumulation benötigt.
Dies geschieht durch z.B. staatlich geregelte feste Arbeitszeiten, Mindestlöhne, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, aber auch durch die Errichtung staatlicher Krankenkassen und den Ausbau öffentlicher Krankenhäuser. Der Sozialstaat sorgt demnach dafür, dass Arbeiter, wenn sie krank, vorübergehend körperlich beschädigt oder arbeitslos sind, trotzdem in arbeitsfähigen Zustand erhalten bleiben, sodass ihre Arbeitskraft erneut verwertbar wird.
Die finanziellen Mittel des Sozialstaates kommen aus Sozialversicherungsbeiträgen und Steuereinnahmen. Jeder Bürger zahlt an seinem Staat die nötigen Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Leistungen; Leistungen, die zur Reproduktion und somit zur kapitalistischen Produktionsweise notwendig sind.
Eine ebenso wichtige Funktion des Sozialstaates ist die Disziplinierung des Arbeiters: Leistungen des Arbeitslosengeldes oder der Rente hängen vom vorherigen Lohn ab, Auszahlung des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe hängen von den Bemühungen ab, wie sich der Arbeitslose aktiv selbst um Beschaffung von einem neuen Arbeitsplatz bemüht. Der Sozialstaat entbindet nicht, sondern fördert noch den Zwang des Proletariers zum Verkauf seiner Arbeitskraft an einen Privateigentümer.

Übergang zum Sozialismus


Der Kapitalismus schafft mächtigere Produktivkräfte als alle früheren Produktionsweisen zusammengenommen, erhöht die gesellschaftliche Produktivität der Arbeit bedeutend und verwirklicht die gesellschaftliche Produktion im großen Maßstab. Er brachte die modernen Wissenschaften hervor. Die von der Bourgeoisie verkündeten Ideen der Freiheit der Persönlichkeit offenbarten sich in der gesellschaftlichen Praxis jedoch als die Freiheit des kapitalistischen Wirtschaftens. Die Idee der Gleichheit aller Bürger trat als die Gleichheit aller Warenbesitzer in Erscheinung, die Idee der Brüderlichkeit aller Menschen als Kampf aller gegen alle. Der Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen spitzen sich schließlich so zu, dass seine Lösung objektiv unerlässlich wird. Der Kapitalismus muss gesetzmäßig vom Sozialismus abgelöst werden. Diese Ablösung zu vollziehen ist die historische Mission der Arbeiterklasse.

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