Willkommen in der virtuellen Welt in Rot

Dieser Blog dient mehrerer Funktionen:
Einerseits um mit mir selbst ins Reine zu kommen, andererseits um interessierte Leser an den wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx und Friedrich Engels heranzuführen.
Neben ideologischen Fragen werden hier bei Bedarf auch Themen aus der Alltagspolitik versucht darzustellen.

Samstag, 30. Oktober 2010

Historischer Materialismus (5/6)

V.)Laut Marx soll der Sozialismus als den Kapitalismus ablösende Gesellschaftsform die nächste Entwicklungsstufe bilden. Hier soll die Diktatur des Proletariats herrschen und den Kommunismus vorbereiten.

Ab jetzt findet an dieser "Broschüre" ein Einschnitt statt. Ziel ist nunmehr nicht mehr die wissenschaftliche Beschreibung der bisherigen Gesellschaftszustände, sondern eine Vorausdeutung der künftigen menschlichen Entwicklung, soweit sie sich an der bisherigen Entwicklung ablesen lässt.

Strategie & Taktik zum Erreichen des Sozialismus

Das Mittel zum Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ist der Klassenkampf. Dabei gilt es, die objektiven Bestandteile des Klassenkampfes zu analysieren und demnach den Klassenkampf einen subjektiven Charakter zu Gunsten der Arbeiterklasse zu geben.
Hauptinteresse des revolutionären Marxismus muss es sein, alle revolutionären Kräfte zumindest auf nationaler Ebene in einer Organisation zu bündeln. Sowohl Zersplitterung der revolutionären Kräfte als auch Einheit mit reformistisch-opportunistischen Kräften erweist sich für das Erreichen des großen Ziels als schädlich. Die Eigentumsfrage steht im Mittelpunkt jeder revolutionären Bewegung.
Viel konkreter lassen sich Strategie und Taktik allgemein nicht benennen. Letztendlich muss jede revolutionär-sozialistische Bewegung selbst entscheiden, wie sie vorgeht. Ihre Strategie und Taktik sind verknüpft an objektive wie subjektive Bedingungen, das derzeitige Klassenverhältnis und die Form des zu stürzenden Staates in ihrem jeweiligen Land.
Strategie & Taktik einer Revolutionsbewegung dürfen nicht starr sein. Das Kräfteverhältnis zwischen den antagonistischen Klassen ist einem beständigen Wandel unterworfen, deren Veränderung sich die Bewegung anpassen muss.
Allgemeines Ziel sollte aber stets sein, die Arbeiterklasse mit anderen progressiven Bewegungen unterdrückter Klassen zu verbünden. Je breiter das Bündnis mit anderen Teilen der Volksmasse, desto leichter und friedlicher wird der Kampf um die soziale Befreiung sein.
"Die marxistische Taktik besteht in der Verbindung verschiedener Kampfmethoden, im geschickten Übergang von einer zur anderen, in der beständigen Erhöhung des Bewusstseins der Massen und des Umfangs ihrer kollektiven Aktionen." (Lenin, Werke, Bd. 20, S. 206)
Die verschiedenen Kampfmethoden können jeweils gänzlich unterschiedlich sein: Parlamentarisch oder außerparlamentarisch, friedlich oder gewalttätig, legal und illegal – je nachdem, wie es die konkret-historische Situation aktuell für am besten hält.
Angesichts der weiter zunehmenden Internationalisierung ökonomischer (z.B. Globalisierung), politischer (z.B. Europäische Union) und sozialer (z.B. Attac) Prozesse in der Welt gewinnt der proletarische Internationalismus der sozialistischen Bewegung für die Strategie & Taktik der einzelnen nationalen Abteilungen der Arbeiterklasse und ihrer revolutionär-marxistischen Kräfte sowie der internationalen sozialistischen Bewegung insgesamt außerordentlich an Bedeutung.

Sozialistische Revolution

Eine Revolution ist eine grundlegende qualitative Umgestaltung der Gesellschaft als Ganzes oder einzelner und wesentlicher gesellschaftlicher Bereiche, eine der wichtigsten Phasen und Formen der gesellschaftlichen Entwicklung.
Wie wir bereits feststellen konnten, sind soziale Revolutionen in antagonistischen Klassengesellschaften eine gesetzmäßige Erscheinung. Ursache einer solchen Revolution sind die weiterentwickelten Produktivkräfte, welche mit den herrschenden Produktionsverhältnissen nicht länger vereinbar sind. Die herrschende Klasse versucht dennoch mit allen Mitteln -vorallem mit dem der Staatsgewalt- ihre überlebte Herrschaft trotzdem durch reaktionäre Politik abzusichern und zu verteidigen.

Während der sozialistischen Revolution muss die proletarische Klasse die politische Macht erobern, den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen und diesen durch einen eigenen Ersetzen. Deshalb ist jede soziale auch zugleich eine politische Revolution – denn nur so kann sie ihre Interessen endgültig durchsetzen. Erst danach können sich auch die Eigentumsverhältnisse den Zustand der Produktivkräfte anpassen, das heisst hier konkret: Können die Produktions- und Zirkulationsmittel vergesellschaftet werden.

Aber selbst nach einer sozialistischen Revolution ist die gesetzmäßige Entwicklung nicht sichergestellt. Bei Fehlern in der politischen Führung des revolutionären Staates kann es passieren, dass die bereits entmachtete Klasse doch noch ihre Herrschaft zurück erkämpfen kann. Dies nennt man dann Konterrevolution (Vgl. 1973 in Chile, 1989/1990 in Europa).

Der Unterschied der sozialistischen Revolution zu allen anderen vorherigen Revolutionen ist der, dass die sozialistische Revolution erstmals wirklich eine Volksrevolution ist. Sie versucht, die Interessen der Mehrzahl der Bevölkerung – nämlich die der Werktätigen – durchzusetzen. Vorangegangene Revolutionen, wie die bürgerliche Revolution, wurden zwar von der Mehrzahl der Bevölkerung getragen, dienten letztendlich aber nur dem Interesse einer Minderheit (wie der Bourgeoisie). Deswegen können künftige Revolutionen nur demokratisch sein. Verläuft die postrevolutionäre Entwicklung dennoch nicht demokratisch -z.B. durch eine Ein-Parteiendiktatur mit einem mächtigen Mann an der Spitze- so verfängt sie sich in einem soziopolitischen Widerspruch und wird an diesem letztendlich auch zu Gunsten des konterrevolutionären Bürgertums zu Grunde gehen (Vgl. 1989/1990).
Desweiteren unterscheidet sich die sozialistische Revolution weiterhin durch ein markantes Moment von den übrigen Revolutionstypen: Dank der wissenschaftlichen Erarbeitung der menschlichen Entwicklungsgeschichte durch Karl Marx und Friedrich Engels sind sich die revolutionären Kräfte ihrer Ziele und Absichten erstmals vor Ausbruch der Revolution bewusst. Sie läuft so darauf hinaus, jede Form der Ausbeutung ein Ende zu setzen, sowie die klassen-, herrschafts- und staatenlose Gesellschaft einzuleiten.

Führer der sozialistischen Revolution ist das Proletariat, das sich auf das feste Bündnis mit allen werktätigen Klassen und Schichten des Volkes stützt und die Diktatur des Proletariats errichtet. Dazu ist es notwendig, die Bourgeoisie politisch zu entmachten, den alten Staatsapparat vollständig zu beseitigen, ihn durch eine völlig neue politische Organisation der Gesellschaft, deren Hauptinstrument der sozialistische Staat ist, zu ersetzen. Während die bürgerliche Revolution im Wesentlichen mit der Erringung der politischen Macht endet, beginnt die sozialistische Revolution mit diesem Akt. Das sozialistische (gesellschaftliche) Eigentum an den Produktionsmitteln, die ökonomische Grundlage der sozialistischen Produktionsweise, kann erst mit Hilfe der Diktatur des Proletariats hergestellt werden. Die sozialistische Staatsmacht ist nicht nur ein Mittel zur Vernichtung der alten Ordnung, sondern vor allem Instrument, um die sozialistische Umgestaltung politisch, ökonomisch und kulturell zu vollziehen.

Die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Revolution sind:
-Errichtung der Diktatur des Proletariats in der einen oder anderen Form
-Führung der werktätigen Massen durch die Arbeiterklasse
-Bündnis der Arbeiterklasse mit anderen werktätigen Schichten
-Beseitigung der eventuell vorhandenen nationalen Unterdrückung
-Herstellung von Gleichberechtigung zwischen den Völkern
-Verteidigung der Errungenschaften des Sozialismus gegen die Anschläge äußerer und innerer Feinde
-Solidarität der Arbeiterklasse des gegebenen Landes mit der Arbeiterklasse der anderen Länder
-proletarischer Internationalismus
-Beseitigung des kapitalistischen Eigentums und Herstellung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln
-planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft
-Aufbau des Sozialismus, Hebung des Lebensniveaus der Werktätigen
-Revolution auf dem Gebiet der Ideologie und Kultur
-Heranbildung einer sozialistischen Intelligenz aus der Arbeiterklasse
-maximale Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts

Daraus wird ersichtlich, dass die sozialistische Revolution einen langen historischen Prozess umfasst und die Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ebenfalls revolutionären Charakter trägt. Der Sozialismus hat die Aufgabe, die Widersprüche des Kapitalismus und die von ihm erzeugten Widersprüche zu überwinden und so den Kommunismus vorzubereiten.

Zu den Elementen des subjektiven Faktors der Revolution gehören:
-das revolutionäre Bewusstsein der Werktätigen, ihre Bereitschaft und Entschlossenheit, den Kampf bis zum Ende zu führen
-die Hegemonie der Arbeiterklasse
-die Organisiertheit der Klasse, die es ermöglicht, alle Kräfte zu konzentrieren, die in der Lage sind, für den Sieg der Revolution zu kämpfen, solidarisch und einheitlich, nicht zersplittert zu handeln
-Schutz der Errungenschaften des Sozialismus gegen Anschläge äußerer und innerer Feinde
-die Führung der Werktätigen durch eine marxistische Kampforganisation, die erfahren, kampfgestählt und fähig ist, die richtige Strategie und Taktik des Kampfes auszuarbeiten und sie in die Tat umzusetzen

Diktatur des Proletariats

Von allen Punkten scheint der Begriff „Diktatur des Proletariats“ am zwiespältigsten zu sein. Worum es sich bei diesen Begriff handelt und warum diese notwendig für die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft ist, wird nun behandelt.
Nach der erfolgreichen sozialistischen Revolution errichtet die siegreiche Arbeiterklasse die Diktatur des Proletariats.
Warum nun Diktatur? Diktatur scheint ein Begriff zu sein, welcher für großes Entsetzen sorgt. Dabei ist gerade die Diktatur des Proletariats zentraler und notwendiger Bestandteil einer sozialistischen Gesellschaft. „Diktatur des Proletariats“ bezeichnet ursprünglich eine rein auf ökonomische Prinzipien reduzierte Herrschaftsform. Der Arbeiterklasse wird durch Sozialisierung der Produktionsmittel, des Grundeigentums und des Finanzkapitals die Möglichkeit gegeben, als herrschende, d.h. als aktiv gestaltende Klasse die Verantwortung über sämtliche Wirtschaftsbereiche des Staates zu übernehmen.
Damit löst sie die Bourgeoisie als herrschende Klasse ab. Kapitalismus, ob in einer demokratischen oder faschistischen Staatsform integriert, ist daher notwendigerweise gleichzeitig eine Diktatur der Bourgeoisie. Die eine Diktatur löst nur die andere Diktatur ab, aber mit den großen Unterschied, dass die ökonomische Diktatur des Proletariats erstmals in der Geschichte der Menschheit von der Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt ist, also identisch ist und sein muss mit einer politischen Demokratie. Der Beweis hierfür liegt bei Marx selbst: In seiner Schrift „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ preist er die Pariser Kommune als Gesellschaftsmodell der Zukunft und bezeichnete sie als Diktatur, obwohl sie rätedemokratisch organisiert war. Für Marxisten sind Diktatur, Herrschaft und Staat identische Begriffe.
Der sozialistische Staat wird damit auch zum Hauptinstrument zur Niederhaltung der bürgerlichen Konterrevolution und zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Mit der Errichtung der Diktatur des Proletariats befreit sich die Arbeiterklasse selbst sowie alle anderen werktätigen Klassen und Schichten aus der ökonomischen Unterdrückung durch die ehemaligen Ausbeuterklassen. Die Arbeiterklasse benutzt ihre Diktatur, um die Hauptproduktionsmittel der Gesellschaft in gesellschaftliches Eigentum zu überführen und die ökonomische Macht des Kapitals zu brechen. Daher bedeutet die Errichtung der Diktatur des Proletariats zugleich die Einführung der bis dahin umfassendsten Demokratie, der sozialistischen Demokratie für die werktätigen Massen des Volkes.
Besonders das letzte Jahrhundert hat gezeigt, dass sich die gestürzte Bourgeoisie mit dem Verlust ihrer Macht nicht abfinden will, sondern alle möglichen offenen und versteckten Versuche unternimmt, ihre verlorenen Positionen zurückzugewinnen, die alten Machtverhältnisse wiederherzustellen und die Diktatur des Proletariats zu beseitigen. Diese Bedrohung muss die herrschende Arbeiterklasse durch staatliche Zwangsmaßnahmen zur Selbstverteidigung begegnen: Sie kann vom Entzug politischer Rechte über gerichtliche Verfahren bis zum Einsatz militärischer Mittel reichen, um den zuverlässigen Schutz der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung zu gewährleisten.
Diese Auffassung über die Notwendigkeit einer „Diktatur des Proletariat“ unterscheidet Marxisten von allen sonstigen bürgerlichen wie utopisch-sozialistischen Ideologen: Marxisten sind nur diejenigen, die die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats erstrecken.
Wegen ihrer zentralen Bedeutung für den siegreichen Kampf der Arbeiterklasse um ihre sozioökonomische Befreiung ist die Diktatur des Proletariats bis heute Gegenstand wütender Angriffe und Verleumdungen der Bourgeoisie und der ihr zur Verfügung stehenden Manipulationsinstrumente sowie ihrer loyal gegenüberstehen politischen Organisationen einschließlich der rechten Sozialdemokratie. Sie versuchen durch die mechanische und undialektische, vom Klasseninhalt der Macht abstrahierende Gegenüberstellung der Begriffe "Diktatur" und "Demokratie" den demokratischen Charakter der Diktatur des Proletariats in Abrede zu stellen und den Klassencharakter des bürgerliche Staates als Diktatur der Bourgeoisie zu verschleiern.

"Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats." (MEW 19, S. 28)

Der Sozialismus

Der Sozialismus ist die erste (niedere) Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation, die auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln und der politischen Herrschaft der Arbeiterklasse im Bündnis mit anderen werktätigen Klassen und Schichten beruht. Der Sozialismus muss vollständig verwirklicht werden, um auf dieser Basis eine tatsächlich klassenfreie Gesellschaft zu erreichen.

Folgende Merkmale kennzeichnen des Sozialismus:
-das Ziel der Produktion: die immer bessere Befriedigung der wachsenden materiellen und geistigen Bedürfnisse der Werktätigen
-die Herrschaft des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, die Beseitigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen
-die Planmäßigkeit der Beziehungen zwischen den Menschen und Kollektiven in der Produktion, in der Verteilung, in der Gestaltung der gesellschaftlichen Beziehungen
-die Allgemeinheit der Arbeit, die Einbeziehung jedes arbeitsfähigen Mitglieds der Gesellschaft entsprechend seinen Fähigkeiten in den Arbeitsprozess

Im Sozialismus zählt das Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“. Jeder macht das, was er kann und wird entsprechend entlohnt – und das schließt unterschiedliche Entlohnungen selbst im Sozialismus mit ein.

Auch im Sozialismus wird es Missstände geben und werden Missstände erzeugt – das System bleibt ein menschliches System, und ist somit selbstverständlich auch mit Fehlern behaftet. Die Menschen werden nicht zu Göttern, nur weil sie im Sozialismus leben. Auch wird nicht aus dem Nichts Milch und Honig fließen. Im Gegenteil, jedes Gesellschaftsmitglied wird mehr soziale Freiheit bekommen, was aber auch mehr Verantwortung sich selbst und den anderen Gesellschaftsmitgliedern gegenüber mit einschließt – kurz, der Sozialismus wird anstrengend.

"Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt." (MEW 19, S. 20)

Sonntag, 24. Oktober 2010

Historischer Materialismus (4/6)

IV.)Die kapitalistische, bürgerliche Gesellschaft, in welcher der Proletarier seine Arbeitskraft als seinen einzigen Wert an die Bourgeoisie, das besitzende Bürgertum, verkauft und sich somit abhängig macht. Die Bourgeoisie besitzt die Produktionsmittel und verfügt über das Finanzkapital, sie entstand aus der Industrialisierung und der Entwicklung des Handels. Der Kapitalismus steht für eine bedeutende Produktivitätssteigerung auf Kosten der Arbeiter, welche Armut, Krankheit, soziale Abgrenzung und Abhängigkeit erdulden müssen.

Der Kapitalismus ist die gegenwärtige Wirtschaftsform der menschlichen Gesellschaft – von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Da diesmal nicht die Vergangenheit beschrieben, sondern die Gegenwart erklärt wird, bin ich gezwungen, auf dieses Kapital ausführlicher einzugehen.

Ökonomische Basis

Industrielle Revolution

Vollends durchsetzen konnte sich der Kapitalismus erst mit der Industriellen Revolution. Mit der Erfindung der Dampfmaschine konnte nun Arbeit durch Maschinen verrichtet werden, die zuvor noch durch Menschen hätte ausgeführt werden müssen.
Wurde im Feudalismus noch wirklich privat produziert, d.h. die Produzenten waren gleichsam im Besitz ihrer Produktionsmittel, so änderte sich dies mit der Etablierung industrieller Produktion: Die Besitzer der Produktionsmittel arbeiten nicht mehr selbst, sondern lassen andere für sich arbeiten, welche einen Lohn vom Eigentümer der Produktionsmittel (Kapitalist oder Bourgeois) ausgezahlt bekommen.

„Diese industrielle Revolution wurde herbeigeführt durch die Erfindung der Dampfmaschine, der verschiedenen Spinnmaschinen, des mechanischen Webstuhls und einer ganzen Reihe anderer mechanischer Vorrichtungen. Diese Maschinen, welche sehr teuer waren und also nur von großen Kapitalisten angeschafft werden konnten, veränderten die ganze bisherige Weise der Produktion und verdrängten die bisherigen Arbeiter, indem die Maschinen die Waren wohlfeiler und besser lieferten, als die Arbeiter sie mit ihren unvollkommenen Spinnrädern und Webstühlen herstellen konnten.
Diese Maschinen lieferten dadurch die Industrie gänzlich in die Hände der großen Kapitalisten und machten das wenige Eigentum der Arbeiter (Werkzeuge, Wegstühle usw.) völlig wertlos, so daß die Kapitalisten bald alles in ihre Hände bekamen und die Arbeiter nichts übrigbehielten. Damit war in der Verfertigung von Kleidungsstoffen das Fabriksystem eingeführt. - Als der Anstoß zur Einführung der Maschinerie und des Fabriksystems einmal gegeben war, wurde dieses System auch sehr bald auf alle übrigen Industriezweige, namentlich auf die Zeug- und Buchdruckerei, die Töpferei, die Metallwarenindustrie angewandt. Die Arbeit wurde immer mehr unter die einzelnen Arbeiter geteilt, so daß der Arbeiter, der früher ein ganzes Stück Arbeit gemacht hatte, jetzt nur einen Teil dieses Stücks machte.
Diese Teilung der Arbeit machte es möglich, daß die Produkte schneller und daher wohlfeiler geliefert werden konnten. Sie reduzierte die Tätigkeit eines jeden Arbeiters auf einen sehr einfachen, jeden Augenblick wiederholten, mechanischen Handgriff, der nicht nur ebensogut, sondern noch viel besser durch eine Maschine gemacht werden konnte. Auf diese Weise gerieten alle diese Industriezweige, einer nach dem anderen, unter die Herrschaft der Dampfkraft, der Maschinerie und des Fabriksystems, gerade wie die Spinnerei und Weberei. Damit gerieten sie aber zugleich vollständig in die Hände der großen Kapitalisten, und den Arbeitern wurde auch hier der letzte Rest von Selbständigkeit entzogen. Allmählich gerieten außer der eigentlichen Manufaktur auch die Handwerke mehr und mehr unter die Herrschaft des Fabriksystems, indem auch hier große Kapitalisten durch Anlegung großer Ateliers, bei denen viele Kosten gespart werden und die Arbeit ebenfalls sehr geteilt werden kann, die kleinen Meister mehr und mehr verdrängten.
So sind wir jetzt dahin gekommen, daß in den zivilisierten Ländern fast alle Arbeitszweige fabrikmäßig betrieben werden, daß in fast allen Arbeitszweigen das Handwerk und die Manufaktur durch die große Industrie verdrängt worden sind.“
(MEW 4, S. 361-380)

Kapital

Wie der Name schon sagt, basiert der Kapitalismus auf dem Kapital. Kapital sind Geld, Waren und Produktionsmittel zusammengenommen, aber auch nur, wenn diese im Privatbesitz sind und durch den Kauf der Ware Arbeitskraft der Erzeugung und Aneignung des Mehrwerts dienen. Sein Ziel ist die Verwertung des vorgeschossenen Werts, nicht die Bedürfnisbefriedigung der Gesellschaft. Die Produktion und Aneignung von Mehrwert ist somit das absolute ökonomische Grundgesetz des Kapitalismus. Im Einzelfall müssen wir zwischen fünf Kapitalsorten unterscheiden:
→ Das Warenhandlungskapital (Gewinn = Handelsspanne)
→ Geldhandlungskapital (Gewinn = Zins)
→ Industriekapital (Gewinn = Mehrwert)
→ Dienstleistungskapital (Gewinn = Mehrwert)
→ Börsenspekulationskapital (Gewinn = positive Kursdifferenzen)

Lohnarbeit

Die Arbeiter einer Fabrik bekommen Lohn für ihre Arbeit, man nennt sie Lohnarbeiter. Allerdings verkaufen sie nicht ihre „Arbeit“ an den Kapitalisten – das würde bedeuten, dass der Arbeiter zumindest kurzzeitig in Besitz des von ihm gefertigten Produkts wäre. Er verkauft vielmehr seine Arbeitskraft an den Kapitalisten. Seine Arbeitskraft ist im Kapitalismus eine Ware. Der Preis der Ware ist immer gleich den Produktionskosten einer Ware, und so ist der Preis bzw. der Lohn der Ware Arbeitskraft auch identisch mit dem, was ein Arbeiter zu seiner eigenen bzw. familiären Reproduktion ausgeben muss, um am nächsten Tag wieder fit genug für einen weiteren Arbeitstag zu sein. Der Lohn ist also entsprechend dem, was der Arbeiter braucht, um seine Arbeitskraft zu erhalten.

Und eben der Verkauf der Ware Arbeitskraft unterscheidet den modernen Lohnarbeiter von dem Status eines Sklaven:
„Der Sklave ist ein für allemal verkauft; der Proletarier muß sich täglich und stündlich selbst verkaufen. Der einzelne Sklave, Eigentum eines Herrn, hat schon durch das Interesse dieses Herrn eine gesicherte Existenz, so elend sie sein mag; der einzelne Proletarier, Eigentum sozusagen der ganzen Bourgeoisklasse, dem seine Arbeit nur dann abgekauft wird, wenn jemand ihrer bedarf, hat keine gesicherte Existenz. Diese Existenz ist nur der ganzen Proletarierklasse gesichert. Der Sklave steht außerhalb der Konkurrenz, der Proletarier steht in ihr und fühlt alle ihre Schwankungen. Der Sklave gilt für eine Sache, nicht für ein Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft; der Proletarier ist als Person, als Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft anerkannt.
Der Sklave kann also eine bessere Existenz haben als der Proletarier, aber der Proletarier gehört einer höheren Entwicklungsstufe der Gesellschaft an und steht selbst auf einer höheren Stufe als der Sklave. Der Sklave befreit sich, indem er von allen Privateigentumsverhältnissen nur das Verhältnis der Sklaverei aufhebt und dadurch erst selbst Proletarier wird; der Proletarier kann sich nur dadurch befreien, daß er das Privateigentum überhaupt aufhebt.“
(MEW 4, S. 361-380)

Marktwirtschaft

Der gesellschaftliche Ort, an denen Waren verkauft und gekauft werden, nennt man Markt. Auf dem Markt stehen die verschiedenen Anbieter des gleichen Sektors in einem Konkurrenz- bzw. Wettbewerbsverhältnis zueinander. Sie versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen und sich gegebenerfalls aus den Markt zu drängen. Dieses Prinzip der „freien Konkurrenz“ ist Grundbedingung kapitalistischer Ökonomie. Freiheit und Marktwirtschaft/Kapitalismus sind also untrennbar miteinander verbunden (Monopole, Oligopole u.ä. schadet diesem Prinzip verständlicherweise und wird deshalb durch politische Institutionen, z.B. in Form eines Kartellamtes, bekämpft).
Einmal fördert dieser Wettbewerb die Innovation. Unternehmen sind an billigere, effizientere und schnellere Verfahrensweisen zur Warenproduktion bzw. an bessere Waren überhaupt interessiert. Davon profitieren sie als Anbieter in Form eines Wettbewerbsvorsprunges vor anderen Anbietern (in der Zeit, in der die Konkurrenz noch nicht über diese neuartigen Techniken verfügt, kann der innovative Unternehmer auf ein Extra-Profit hoffen) sowie die Nachfrager, denen diese neuartigen Waren erstmals zur Verfügung stehen.

Zwangsgesetze der Konkurrenz

Durch die massive Produktivitätssteigerung dient Ausbeutung im Kapitalismus erstmals nicht allein der unmittelbaren Bedarfsdeckung der Oberschicht, der durch Ausbeutung entstandene Gewinn dient hier dazu, vorrangig in Investitionen gesteckt zu werden, damit sich der Betrieb erweitern kann und vor Konkurrenz sich schützen kann. Sprich, es soll noch mehr Gewinn gemacht werden. Nicht Bedarfsdeckung, sondern Kapitalverwertung ist der unmittelbare Zweck kapitalistischer Produktion. Auch wenn es sich verrückt anhört, dass kapitalistische Ökonomie darauf abzielt, ständig noch mehr, noch mehr und nochmal noch mehr Gewinn zu erzielen; es ist keine individuelle Verrücktheit – besonders beruht dies nicht auf einen moralische Missstand des einzelnen Kapitalisten – sondern es ist das Wesen des Kapitalismus selbst, hervorgerufen durch den Zwang der Konkurrenz. Wird nicht akkumuliert (d.h., wird nicht ständig die Produktion ausgeweitet, neue Techniken eingeführt, Arbeitsplätze rationalisiert etc.), droht das eigene Unternehmen von anderen Unternehmen, die billiger produzieren oder bessere Produkte herstellen, überrolt zu werden. Will sich einer den Zwang zur Akkumulation und Investition entziehen, so droht der Bankrott. „Gier“, „maßloses Gewinnstreben“ u.ä. Eigenschaften sind also nicht als moralischen Mangel aufzufassen, sondern als ökonomische Notwendigkeit zur Sicherstellung des eigenen Überlebens.

Mehrwert

Die Ware Arbeitskraft unterscheidet sich von Waren anderer Natur: Arbeitskraft ist die einzige Form der Ware, die selbst Quelle von Wert ist! Sie erzeugt also mehr Wert, als sie selbst besitzt. Diese Erzeugung von neuen Wert ist also der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft, während der Tauschwert der Ware Arbeitskraft der ist, den der Arbeiter in Form seines Lohnes wieder zurückerhält.
Der Gewinn eines Unternehmens entsteht nicht durch einen besonders gelungenen Verkaufspreis seiner Produkte, sondern durch die Aneignung von Mehrwert. Mehrwert bedeutet letztendlich nichts als das Einkommen des Kapitalisten, d.h. des Unternehmers. Während eines Produktionsprozesses wird mehr Wert von dem Arbeiter erzeugt, als der Wert der Arbeitskraft beträgt. Beispiel: Wenn ein Arbeiter für einen Unternehmer täglich zehn Stunden arbeitet, so entsteht auch ein Arbeitswert von zehn Stunden. Um sein Leben materiell abzusichern, d.h. Nahrung und sonstige lebensnotwendige Sachen zu kaufen, bedarf es des Wertes von fünf Arbeitsstunden. In dieser Zeit vollführt der Arbeiter konkrete Arbeit. Dies ist auch der Wert, den der Arbeiter in Form seines Lohnes wieder zurückerhält. Der Kapitalist achtet dabei nun darauf, dass sein Lohn nicht so hoch ist, dass er am nächsten Tag nicht arbeiten müsste. Den restlichen Wert von fünf Arbeitsstunden, welcher der Arbeiter durch abstrakte Arbeit leistet, behält der Kapitalist für sich als eigenen Verdienst, den Mehrwert. Der Proletarier arbeitet demnach einen halben Tag für sich, für seinen Lohn, dies ist die bezahlte, notwendige Arbeit. Den restlichen Tag arbeitet der Proletarier für unbezahlte Mehrarbeit, das Einkommen des Unternehmers.
Die Erringung von Mehrwert ist also objektives Ziel & Wesen des kapitalistischen Produktionsprozesses. Es ist unter dem Kapitalismus eine ökonomische Notwendigkeit und hat nichts zu tun mit falschen Moralvorstellungen einzelner Kapitalisten.

Wert der Ware und Mehrwertrate

Mit der marxistischen Analyse der politischen Ökonomie lassen sich wissenschaftliche Formeln aufstellen. Dabei betrachten wir die Produktionsmittel (Rohstoffe, Maschinen, Anlagen), die jeder Kapitalist kaufen muss. Dieses vorgeschossene Kapital bleibt konstant, da sein Wert nicht von Verteilungsauseinandersetzungen bestimmt wird: Wir nennen es konstantes Kapital, abgekürzt mit c. Desweiteren gibt es den Arbeitslohn, den jeder Kapitalist an seine Arbeiter auszahlen muss. Dieses Kapital kann ist flexibel, der Wert kann sich ändern. Wir nennen es variables Kapital (da von der Verteilung des Volkseinkommens abhängig), abgekürzt mit v. Wie wir aber schon oben gesehen haben, wird während des Produktionsprozesses auch Mehrwert erzeugt. Wir kürzen diesen Wert mit m ab. Wir unterscheiden zudem zwischen konstantes zirkulierendes Kapital (dieses geht während des Produktionsprozesses restlos in das fertige Produkt ein) und konstantes fixes Kapital (dessen Wert bleibt erhalten und meint Maschinen, welche sich nur almählich abnutzen).
Jetzt können wir den genauen Wert einer jeden Ware ausrechnen, die erzeugt worden ist. Sie ist gleich c+v+m.
Desweiteren können wir die Mehrwertrate bzw. den Grad der Ausbeutung berechnen, indem wir m/v dividieren. Beispiel: Ein Arbeiter arbeitet 10 Stunden, aufgeteilt in 5 Stunden notwendige Arbeitszeit und in 5 Stunden Mehrarbeit. Der Wert, der pro Stunde erzeugt wird, ist jedesmal gleich, nämlich z.B. 3. Dann ist das Ausbeutungsverhältnis 15/15= 1 bzw. 100%. Ist m=20 und v=40, so beträgt die Mehrwertrate 20/40=0,5 bzw. 50%.
Wie jeder von uns entweder durch theoretisches Wissen oder durch empirische Aneignung bereits erfahren hat, besitzt das Kapital die Tendenz, möglichst viel Mehrwert zu produzieren und anzueignen. Dies kann durch die Verlängerung des Arbeitstages gefördert werden (absoluter Mehrwert), oder durch die Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit, d.h. indem die Arbeitsproduktivität steigt und die zur Reproduktion nötigen Lebensmittel sich somit verbilligen, sodass auch die Reproduktionskosten des Lohnarbeiters sich verbilligen und die notwendige Arbeitszeit somit sinkt (relativer Mehrwert).
Das Gesetz über Angebot und Nachfrage regelt nicht den Wert einer Ware -wie liberale Ökonomen noch heute zum Teil annehmen-, sondern nur die durch Hoch- und Niedrigkonjunktur bedingten Schwankungen um den Durchschnittswert der Ware. Die Identität von Wert und Preis ist stochastisch nachgewiesen, d.h. sie gilt gesamtgesellschaftlich, in Einzelfällen ist sie aber eben jenen Schwankungen unterworfen.

Allgemein anerkanntes Prinzip des Kapitalismus ist die Formel Geld-Ware-mehr Geld. Der Profit des Unternehmens entsteht aber nicht im Verkauf der Ware – dies ist zwar notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Er entsteht, wie bereits erklärt wurde, bereits im Produktionsakt selbst, also zwischen Geld-Ware. Dass der Gewinn nicht aus dem Akt des Warentausches/-verkaufes besteht, ist leicht nachzuweisen: Jeder Anbieter ist zugleich Nachfrager. Wer jetzt eine Ware zu einen höheren Preis verkauft, als sie eigentlich wert ist, wird diesen Aufpreis wieder dann zahlen müssen, wenn er später als Nachfrager selbst wieder eine Ware kaufen muss.

Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung

Der große Grundwiderspruch des Kapitalismus ist die gesellschaftliche Produktion (die große Mehrheit des Volkes ist an der Warenproduktion oder der Erbringung von Dienstleistungen direkt beteiligt) und die private Aneignung des Produktes durch den Bourgeois bzw. der Unternehmensleitung. Die einen arbeiten und produzieren somit fremdes Eigentum - und von diesem Dienst
am fremden Eigentum sind sie abhängig – ,die anderen haben Eigentum und lassen arbeiten,
um ihr Eigentum zu vermehren.
Die Arbeitsteilung sorgt dafür, dass nur noch gesellschaftliche Produktion vorhanden ist: Keiner produziert mehr ein Proukt alleine, keiner kann mehr sagen: Dies ist mein Produkt. Das industrielle Produkt ist vielmehr das gemeinsame Produkt vieler Arbeiter. Gesellschaftlich erzeugte Produkte können auf dem Markt billiger verkauft werden als gleiche Produkte eines Einzelproduzenten, sodass diese schnell vom Markt verschwinden.
Im Kapitalismus konzentrieren sich die privaten Produktionsmittel in große Industrien / Unternehmen. Die Produktionsmittel sind im Kapitalismus also vergesellschaftet, denn viele Arbeiter benutzen ein Produktionsmittel gemeinsam. Trotzdem werden sie nach wie vor so behandelt, als wären sie die Produktionsmittel einzelner Privatproduzenten. War es in präkapitalistischen Gesellschaften noch üblich, dass sich der Erzeuger des Produktes auch dieses Produkt selbst aneignetete, so funktioniert der Kapitalismus durch permanente Enteignung: Der Besitzer der Produktionsmittel eignet sich das Produkt an, auch wenn es nicht das Produkt seiner, sondern fremder Arbeit ist. Gesellschaftlich erzeugte Produkte werden also angeeignet durch private Kapitalisten. Während die Produktin selbst also gesellschaftliche verläuft, werden sie einer Aneignungsform unterworfen, die die Privatproduktion Einzelner zur Voraussetzung hat. Hierdrin liegt die langfristige Unverträglichkeit zwischen kapitalistischer Ökonomie und sozialer Wirklichkeit. Dies ist der Grundwiderspruch des Kapitalismus, aus den alle anderen Widersprüche entspringen.

Dieser Grundwiderspruch hat Folgen: Aus dieser kapitalistischen Aneigungsform ergibt sich zwangsweise eine soziale Polarisierung der Gesellschaft, d.h. er führt zu immer stärkerer Konzentration und Zentralisation von Produktion und Kapital auf der einen Seite und zur wachsenden Existenzunsicherheit und zur Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse auf der anderen Seite. Er hat periodische Wirtschaftskrisen, im schlimmsten Fall auch Kriege zur Folge.

Widerspruch zwischen fabrikmäßige Organisation der Produktion und gesamtgesellschaftliche Anarchie der Produktion

Dieser Widerspruch kennzeichnet das Wesen der Marktwirtschaft:
„Jedes Unternehmen produziert für sich mit seinen zufälligen Produktionsmitteln und für sein besondres Austauschbedürfnis. Keiner weiß, wieviel von seinem Artikel auf den Markt kommt, wieviel davon überhaupt gebraucht wird, keiner weiß, ob sein Einzelprodukt einen wirklichen Bedarf vorfindet, ob er seine Kosten herausschlagen oder überhaupt wird verkaufen können. Es herrscht Anarchie der gesellschaftlichen Produktion. Aber die Warenproduktion, wie jede andere Produktionsform, hat ihre eigentümlichen, inhärenten, von ihr untrennbaren Gesetze; und diese Gesetze setzen sich durch, trotz der Anarchie, in ihr, durch sie. Sie kommen zum Vorschein in der einzigen, fortbestehenden Form des gesellschaftlichen Zusammenhangs, im Austausch, und machen sich geltend gegenüber den einzelnen Produzenten als Zwangsgesetze der Konkurrenz. Sie sind diesen Produzenten also anfangs selbst unbekannt und müssen erst durch lange Erfahrung nach und nach von ihnen entdeckt werden. Sie setzen sich also durch, ohne die Produzenten und gegen die Produzenten, als blindwirkende Naturgesetze ihrer Produktionsform. Das Produkt beherrscht die Produzenten.
Mit dem Kapitalismus traten auch die bisher schlummernden Gesetze der Warenproduktion offner und mächtiger in Wirksamkeit. Die alten Verbände wurden gelockert, die alten Abschließungsschranken durchbrochen, die Produzenten mehr und mehr in unabhängige, vereinzelte Warenproduzenten verwandelt. Die Anarchie der gesellschaftlichen Produktion trat an den Tag und wurde mehr und mehr auf die Spitze getrieben. Das Hauptwerkzeug aber, womit die kapitalistische Produktionsweise diese Anarchie in der gesellschaftlichen Produktion steigerte, war das gerade Gegenteil der Anarchie: die steigende Organisation der Produktion, als gesellschaftlicher, in jedem einzelnen Produktionsetablissement. Mit diesem Hebel machte sie der alten friedlichen Stabilität ein Ende. Wo sie in einem Industriezweig eingeführt wurde, ließ sie keine ältre Methode des Betriebs neben sich. Das Arbeitsfeld wurde ein Kampfplatz. Die große Industrie endlich und die Herstellung des Weltmarkts haben den Kampf universell gemacht und gleichzeitig ihm eine unerhörte Heftigkeit gegeben. Zwischen einzelnen Kapitalisten wie zwischen ganzen Industrien und ganzen Ländern entscheidet die Gunst der natürlichen oder geschaffnen Produktionsbedingungen über die Existenz. Der Unterliegende wird schonungslos beseitigt. Es ist der Darwinsche Kampf ums Einzeldasein, aus der Natur mit potenzierter Wut übertragen in die Gesellschaft. Der Naturstandpunkt des Tiers erscheint als Gipfelpunkt der menschlichen Entwicklung.“
(leicht geändert nach: MEW 19, S. 210-228)

Periodische Wirtschaftskrisen

Ein bedeutendes Charaktermerkmal kapitalistischer Ökonomie sind die periodisch auftretenden Krisen, welche wie folgt zu definieren sind:
„(...) und in kurzer Zeit wurde mehr produziert, als gebraucht werden konnte. Die Folge davon war, daß die fabrizierten Waren nicht verkauft werden konnten und daß eine sogenannte Handelskrisis eintrat. Die Fabriken mußten stillstehen, die Fabrikanten machten Bankerott, und die Arbeiter kamen außer Brot. Das größte Elend trat überall ein. Nach einiger Zeit waren die überflüssigen Produkte verkauft, die Fabriken fingen wieder an zu arbeiten, der Lohn stieg, und allmählich gingen die Geschäfte wieder besser als je. Aber nicht lange, so waren wieder zuviel Waren produziert, und eine neue Krisis trat ein, die gerade wieder denselben Verlauf nahm wie die vorige. So hat seit dem Anfang dieses Jahrhunderts der Zustand der Industrie fortwährend zwischen Epochen der Prosperität und Epochen der Krise geschwankt, und fast regelmäßig alle fünf bis sieben Jahre ist eine solche Krisis eingetreten, welche jedesmal mit dem größten Elend der Arbeiter, mit allgemeiner revolutionärer Aufregung und mit der größten Gefahr für den ganzen bestehenden Zustand verknüpft war.“ (MEW 4, S. 361-380)
Die Krisen lassen sich im Kapitalismus nach folgendem Schema beschreiben:
Gewinn des Unternehmers → Maschinen ersetzen Arbeiter um Mehrwert zu steigern → quantitative Steigerung der Produktion, um möglichst viele Waren zu verkaufen, damit sich die Rationalisierung lohnt → Markt wird von den Produkten überschwemmt → Angebot höher als Nachfrage, insbesondere auch deshalb, weil die breite Masse durch Lohnkürzungen und Entlassungen kein Geld mehr hat, die Angebotsfülle aufzunehmen (Schwund an Kaufkraft), d.h. durch die Zahlung möglichst niedriger Löhne an den Arbeitern sind diese nicht in der Lage, genügend Waren zu kaufen → Überproduktion → Bankrotten und weitere Arbeitslosigkeit.
Aus diesen obligatorischem Teufelskreis gehen kleine Unternehmen schneller zu Bruch und Großunternehmen können sich besser behaupten (Zusammenschluss, Erschließung neuer Absatzmärkte und Rohstoffe). Die Wirtschaftskrisen werden also paradoxerweise nur durch eine Konzentration des Kapitals und die Expansion der Großbetrieben gemeistert, dabei aber gleichzeitig die Voraussetzung für die nächste, noch heftigere Krise gelegt.
In den Krisen kommt ein weiterer Widerspruch hellauf zu Tage: Kapitalistische Wirtschaftskrisen entstehen durch einen Überfluss an Warenangebot. Das heisst konkret, die Bevölkerung verarmt, -nicht obwohl- weil (!) zu viele Güter auf dem Markt sind. Es ist nicht nur paradox, es ist kompletter Irrsinn. „Der Überfluss wird Quelle der Not und des Mangels“ (Fourier). Die Produktionsweise rebelliert so periodisch gegen die Austauschform.

Akkumulation

Ein weiteres wichtiges Charaktermerkmal des Kapitalismus ist die Akkumulation, also die permanente Anhäufung von Kapitalmasse. Erzielter Gewinn wird nicht ausschließlich in die private Konsumtion des Kapitalisten geschleudert, sondern wird dem bislang bestehenden Kapital zugeschlagen. Dies erfolgt in Form von
-technischen Verbesserungen und Modernisierungen
-Rationalisierungen (Einsparen von Arbeitskräften und Ersetzung durch Maschinenkraft)
-gewerbliche Erweiterung
und dient der Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens.

Rationalisierungsbestrebungen haben natürlich gesamtgesellschaftliche Auswirkungen. Arbeitskräfte werden eingespart und es kommt zu einem Überschuss an Arbeitslosen, die Nachfrage an Arbeitskräften sinkt, während das quantitative Angebot an Arbeitskräften steigt. Die Folgen für die Arbeiter sind Lohnsenkungen, Kurzarbeit ohne Lohnausgleich oder unmenschlich lange Arbeitszeiten und die stetige Gefahr der Arbeitslosigkeit. Dies führt nicht nur zu Armut, Krankheit und Lebensunlust auf Seiten der Arbeitnehmer, sondern zwangsläufig zu einem Teufelskreis, indem die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, gleichzeitig nimmt auch die Anzahl der Reichen ab und die Anzahl der Armen zu (Schere zwischen Arm und Reich).

Akkumulation ist natürlich auch mit erheblichen Materialumsatz verbunden: Der Erde werden Rohstoffe entnommen, sie werden verarbeitet und Artefakte davon bleiben übrig: In Form von Gebäuden, aber auch durch Abstoffe im Boden, im Gewässer, in der Atmosphäre. Mit der Akkumulation werden immer mehr Menschen in die Lohnarbeit mit einbezogen – ebenso werden naturbelassene Ressourcen immer mehr zu konstanten Kapital verarbeitet.
Das „allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation“ beschreibt, dass sich konstantes Kapital schneller ausdehnt als variables Kapital.

Arbeitslosigkeit

Rationalisierungen zur Einsparung von Arbeitslohn bzw. zur Erhöhung der Mehwertrate sind festgeschrieben durch die Zwangsgesetze der Konkurrenz. Rationalisierung heisst zuerst nur, Arbeitskraft durch Maschinenkraft zu ersetzen. Die daraus resultierenden Folgen lassen sich am besten unverändert durch Friedrich Engels beschreiben:
„Aber Vervollkommnung der Maschinerie, das heißt Überflüssigmachung von Menschenarbeit. Wenn die Einführung und Vermehrung der Maschinerie Verdrängung von Millionen von Handarbeitern durch wenige Maschinenarbeiter bedeutet, so bedeutet Verbesserung der Maschinerie Verdrängung von mehr und mehr Maschinenarbeitern selbst und in letzter Instanz Erzeugung einer das durchschnittliche Beschäftigungsbedürfnis des Kapitals überschreitenden Anzahl disponibler Lohnarbeiter, einer vollständigen industriellen Reservearmee, disponibel für die Zeiten, wo die Industrie mit Hochdruck arbeitet, aufs Pflaster geworfen durch den notwendig folgenden Krach, zu allen Zeiten ein Bleigewicht an den Füßen der Arbeiterklasse in ihrem Existenzkampf mit dem Kapital, ein Regulator zur Niederhaltung des Arbeitslohns auf dem dem kapitalistischen Bedürfnis angemeßnen niedrigen Niveau. So geht es zu, daß die Maschinerie, um mit Marx zu reden, das machtvollste Kriegsmittel des Kapitals gegen die Arbeiterklasse wird, daß das Arbeitsmittel dem Arbeiter fortwährend das Lebensmittel aus der Hand schlägt, daß das eigne Produkt des Arbeiters sich verwandelt in ein Werkzeug zur Knechtung des Arbeiters. So kommt es, daß die Ökonomisierung der Arbeitsmittel von vornherein zugleich rücksichtsloseste Verschwendung der Arbeitskraft und Raub an den normalen Voraussetzungen der Arbeitsfunktion wird; daß die Maschinerie, das gewaltigste Mittel zur Verkürzung der Arbeitszeit, umschlägt in das unfehlbarste Mittel, alle Lebenszeit des Arbeiters und seiner Familie in disponible Arbeitszeit für die Verwertung des Kapitals zu verwandeln; so kommt es, daß die Überarbeitung der einen die Voraussetzung wird für die Beschäftigungslosigkeit der andern und daß die große Industrie, die den ganzen Erdkreis nach neuen Konsumenten abjagt, zu Hause die Konsumtion der Massen auf ein Hungerminimum beschränkt und sich damit den eignen innern Markt untergräbt. "Das Gesetz, welches die relative Surpluspopulation oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Kapitalakkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Bestialisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert." (Marx, "Kapital", S. 671.) Und von der kapitalistischen Produktionsweise eine andre Verteilung der Produkte erwarten hieße verlangen, die Elektroden einer Batterie sollten das Wasser unzersetzt lassen, solange sie mit der Batterie in Verbindung stehn, und nicht am positiven Pol Sauerstoff entwickeln und am negativen Wasserstoff.“ (MEW 19, S.210-228)

Entfremdung

Im Kapitalismus wird die Arbeitsteilung perfektioniert. Im Konkreten heisst dies, dass im Kapitalismus dem Arbeiter das Resultat seiner Arbeit entzogen wird, d.h. er produziert für Interessen eines Anderen, eines Kapitalisten. Desweiteren wird er auf bestimmte Aufgaben spezialisiert, er übernimmt also nur noch eine Teilfunktion im gesamten Produktionsprozess (z.B. produziert er kein Auto, sondern nur die Tür des Autos). Dies nimmt dem Arbeiter den Sinn des Arbeitens, denn er produziert Produkte, ohne den umfassenden Einblick in die Art und Weise zu haben, die Frage nach dem Warum taucht auf. Dies kann sogar so weit führen, dass der Arbeiter seine eigene Arbeit verneint, also ablehnt, er sich aber dennoch gezwungen fühlt, diese nicht zu ihm passende Arbeit durchzuführen, um überleben zu können. Die Entfremdung des Arbeiters von seiner Arbeit führt demnach zur Selbstentfremdung.

Ebenfalls zur Entfremdung des Menschen von seiner eigenen Logik führt die systemimmanente Logik des kapitalistischen Verwertungszwanges: Unternehmer haben ursprünglich kein Interesse an Umweltzerstörung, aber die Notwendigkeit, ihre Produktionskosten zu senken, zwingt sie dazu. Jeder würde sozial Schwachen gerne helfen, aber die Notwendigkeit zur Senkung von Sozialkosten führt zu deren Ausgrenzung.

Durchschnittliche & notwendige Arbeitszeit

Zudem muss noch der Unterschied zwischen durchschnittliche und notwendige Arbeitszeit erklärt werden.
Die durchschnittliche Arbeitszeit entsteht durch die Konkurrenz der Unternehmen. Das Unternehmen, welches mit dem geringsten Aufwand produzieren kann, definiert die durchschnittliche Arbeitszeit. Jedes andere Unternehmen muss sich, um mitzuhalten, diesen Durchschnitt anpassen, oder es geht wirtschaftlich zugrunde, weil es mehr Aufwand betreibt, dazu mehr Kosten verursacht und so auch teurer verkaufen muss. Der geringste Aufwand im Vergleich zum Aufwand anderer Unternehmen bildet also den Durchschnitt. Dabei muss beachtet werden, dass es nicht Sinn und Zweck der Unternehmen ist, möglichst mit geringem Aufwand zu produzieren, um seine Arbeiter zu schonen, sondern um den möglichen Profit zu maximieren.
Die notwendige Arbeitszeit ermittelt sich durch den Verkauf, der Nachfrage, die das hergestellte Produkt am Markt erzeugt. Wird das erarbeitete Produkt verkauft, war die dafür geleistete Arbeitszeit notwendig, wird das Produkt nicht verkauft, war die Arbeitszeit auch nicht notwendig, also umsonst. Sobald ein Produkt auf dem Markt nicht verkauft wird, waren sämtliche Produktionsbemühungen und damit auch sämtliche Kosten Null und nichtig.

Kapitalistische Klassengesellschaft


Die kapitalistische Industrialisierung erfasste ganz Europa und Amerika, der Welthandel erreicht bis dahin ungeahnte Ausmaße. Doch das Bürgertum hatte gegen den Feudalismus nur deswegen siegen können, weil es sich zunächst an die Spitze aller durch die Feudallasten Leidenden stellte. Gab es in der Feudalgesellschaft eine mannigfaltige Abstufung der gesellschaftlichen Stellungen, so spaltet sich nun die ganze Gesellschaft mehr und mehr in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat.

Bürgertum

Der Adel wurde als ausbeuterische Klasse vom Bürgertum -welches sich aus der Schicht der Handwerker und Kaufleute entwickelte- abgelöst:
„Die Bourgeoisie vernichtete die Macht der Aristokratie, des Adels, indem sie die Majorate oder die Unverkäuflichkeit des Grundbesitzes und alle Adelsvorrechte aufhob. Sie zerstörte die Macht der Zunftbürger, indem sie alle Zünfte und Handwerksprivilegien aufhob. An die Stelle beider setzte sie die freie Konkurrenz, d.h. den Zustand der Gesellschaft, worin jeder das Recht hat, jeden beliebigen Industriezweig zu betreiben, und worin ihn nichts an dem Betriebe eines solchen verhindern kann als der Mangel des dazu nötigen Kapitals.“ (MEW 4, S. 361-364)
Das Bürgertum kämpfte dabei gegen den dogmatischen Einfluss der Kirche an und unterstützte die naturwissenschaftliche Forschung, welche ab dem 16. Jh. einen überwältigten Aufschwung feiern konnte. Die direkten Besitzer der Produktionsmittel einer Fabrik nennt man Bourgeois.

Proletariat

Die zu der Bourgeoisie antagonistischen Klasse nennt man Proletariat. bzw Arbeiterklasse. Proletariat deshalb, weil sie eigentumslos sind und somit nur in Besitz ihrer Nachfahren/Kinder sind (von lat. proles = die Nachkommenschaft). Engels antwortete auf die Frage, was das Proletariat sei mit
„Das Proletariat ist diejenige Klasse der Gesellschaft, welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus dem Verkauf ihrer Arbeit und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitals zieht; deren Wohl und Wehe, deren Leben und Tod, deren ganze Existenz von der Nachfrage nach Arbeit, also von dem Wechsel der guten und schlechten Geschäftszeiten, von den Schwankungen einer zügellosen Konkurrenz abhängt.“ (MEW 4, S. 361-364)
Die Arbeiter sind also gezwungen, ihre Arbeitskraft an einem beliebigen Kapitalisten verkaufen zu müssen, da sie sonst nicht überleben können. Marx bezeichnet die Arbeiter deshalb zynisch als „doppelt freie Lohnarbeiter“, doppelt frei deshalb, weil sie einmal frei sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, an wen sie wollen, und einmal frei von Produktionsmitteln selbst sind, so dass sie ihre Arbeitskraft verkaufen müssen an denjenigen, der in Besitz der Produktionsmittel ist und sich demnach von ihnen ausbeuten (d.h. Mehrwert erschaffen) lassen müssen.
Es sind nicht mehr die Arbeiter, welche die Produktionsmittel -wie in früheren Gesellschaftsepochen- anwenden, sondern es sind die Produktionsmittel, die in ihrer Kapitaleigenschaft die Arbeiter anwenden, sie zu einem bloßen Objekt der Verwertung des Werts degradieren, ihre Persönlichkeit deformieren und ihre Leben nur gelten lassen, solange es für die Produktion des Mehrwerts notwendig ist.
Proletariat und Lohnarbeit sind identisch.
Zu der Klasse des Proletariats zählen also nicht nur die klassischen Industriearbeiter, sondern alle, die eigentumslos sind und somit ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Da heute die Existenz des Proletariats zum Teil geleugnet, zum Teil verwischt wird, benötigen wir eine exakte Definierung des Begriffs „Proletariat“:

Diese Definition beinhaltet auch Arbeitslose. Arbeitslose gibt es, weil es Kapital gibt, sind also dessen notwendige Folge. Sie bilden die sogenannte „industrielle Reservearmee“. Dass sie nicht von einem einzelnen Kapitalisten bezahlt werden, sondern über den Staat, ist gleichgültig. Das Kapital zahlt ihren Lohn, ohne sie direkt auszubeuten - und dieser Lohn heißt „Arbeitslosengeld“. Es dient dazu, die Arbeitskraft des Arbeitslosen weiterhin in einem verwertbaren Zustand zu halten.
Ebenso zum Proletariat gehören Familienangehörige (auch arbeitslose Frauen, Kinder) des Arbeiters. Sie gehören nicht zum produktiven Teil des Proletariats, aber zum konsumierenden Teil.
Der lohnabhängige Teil der Intelligenz -Ingenieure, Ärzte, Lehrer, Professoren etc.- gehören ebenso zum Proletariat. Auch wenn dieser Teil rein psychische Arbeitskraft verwerten lässt, ist dies kein qualitatives Unterscheidungsmerkmal zum Proletariat. Selbstständige Ingenieure wiederum, welche Mitarbeiter beschäftigen, gehören zur Bourgeoisie – wichtig ist also die ökonomische Bestimmung, und nicht die Berufsbezeichnung.
Migranten gehören zum Proletariat, sofern sie eigentumslos sind. Dies gilt auch, wenn sie durch den Nationalstaat diskriminierende Auflagen erhalten (Residenzpflicht, Arbeitsverbot etc.).

Manager als Grenzfall

Ein Grenzfall zwischen Bourgeoisie & Proletariat bildet der Manager. Streng definitorisch gehören sie zum Proletariat (eigentumslos und lohnabhängig). Allerdings beinhalten sie bedeutende Merkmale, die sie vom restlichen Proletariat abgrenzen:
Das Führungspersonal organisiert die Leitung und Planung der Produktion. Von dieser ist das Proletariat als Klasse ausgeschlossen.
Sein Lohn, bzw. Gehalt, hat eine andere Qualität (bezogen auf den Gewinn und Anteilsscheine am Unternehmen) und Quantität (Höhe) als der anderer Lohnabhängigen.
Dies ist letztlich auch die Ursache für ihr spezifisches Verhalten, die Mentalität usw. Manager sehen das Proletariat als Humankapital, als fleichschliche Zugabe zu den Maschinen in der Produktion. Ein Verbrauchsstoff unter vielen und ein Kostenfaktor unter vielen. Da lässt sich schwer ein proletarisches Klassenbewusstsein entwickeln.

Ideologischer Überbau

Staat

Die Bourgeoisie ist auch die politisch herrschende Klasse. Um dieses bedeutende Thema aber ausführlich behandeln zu können, wird eine Abhandlung über die Funktion und das Wesen des bürgerlichen Staates extern etwas geschrieben werden.

Ehtische Missstände

Trotz Aufklärung und Humanismus ist die bürgerliche Gesellschaft geprägt von zahlreichen ethischen Missständen, die sich auch konkret auf die Wirklichkeit ausüben: Asymetrische Geschlechterverhältnisse, rassistische Diskriminierungen, enorme Besitzunterschiede, Unterschiede in der Möglichkeit der gesellschaftlichen Einflussnahme, antisemitische Stereotypen, Diskriminierungen bestimmter sexueller Orientierungen.

Freiheit & Gleichheit

(Ökonomische) Freiheit und (rechtliche) Gleichheit sind die zwei Grundprinzipien der bürgerlichen Gesellschaft. Dies wird meistens auch konkret in den jeweiligen Verfassungen (als Rechtsstaat) festgelegt: Jeder (also auch Lohnarbeiter) ist formell frei – d.h., es gibt keine äußere Gewalt, die sie zum Vertragsabschluss zwingt, Verträge können gekündigt werden. Ebenso sind sowohl Kapitalist als auch Lohnarbeiter formell gleichgestellt: Zwar gibt es faktische Vorteile eines großen Besitzers, allerdings keine angeborenen rechtlichen Privilegien.
Beides war in präbürgerlichen Gesellschaften nicht der Fall – weswegen für viele der Kapitalismus heute noch für das Gegenteil zum Feudalismus gilt. Rechtliche Freiheit war auch Grundvoraussetzung für den Kapitalismus: Die Arbeitskräfte, welche die städtische Industrie zur Verwertung benötigte, waren auf dem Land und z.T. unter feudaler Abhängigkeit. Erst die formelle Freiheit gab den verarmten und landlosen Bauern die Möglichkeit, zu Lohnarbeitern zu werden.
Und das ist der ganze freiheitliche Akt: Lohnarbeiter entscheiden selbst, ob sie für niedrigen Lohn arbeiten oder eben doch verhungern oder woanders arbeiten, wo es aber wahrscheinlich auch nicht viel besser ist.
Inwiefern diese abstrakte rechtliche Gleichheit und Freiheit konkrete soziale Ungleichheit und Unfreiheit produziert, liegt auf der Hand: Ein reicher Besitzbürger kann seine formellen Möglichkeiten zur Ausnutzung seiner Freiheit viel mehr nutzen als ein besitzloser Lohnarbeiter, der sich tagtäglich um sein zukünftiges Leben sorgen muss.
Freiheit und all die Erscheinungsweisen des Kapitalismus gehören zusammen und die staatlich garantierte Freiheit ist der Titel dieser Eigentumsgesellschaft. Freiheit hat im Kapitalismus aber nur im Eigentum auch ihr materielles Mittel.
Im Kapitalismus sind die Armen genau so formell frei wie die Reichen. Unabhängig davon nutzt den Armen -welche den Großteil dieser bürgerlichen Gesellschaft ausmachen - diese Freiheit herzlich wenig, da sie von den Mitteln ausgeschlossen sind, mit denen sie überhaupt ihren Willen verwirklichen können. Sie können dies nur in Maße ihres Eigentums. Und wenn das einzige Eigentum, das man irgendwie verwenden kann um an Geld zu kommen, die eigene Arbeitskraft ist, dann bleibt einen von der bürgerlichen Freiheit nicht viel übrig.

Bürgerlicher Klassenkampf

Der Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat ist der letzte aller antagonistischen Klassenkämpfen. Er entfaltet sich auf drei Ebenen: Auf der ökomonischen, der politischen und der ideologischen Ebene.
Der ökonomische Klassenkampf wird auf Seiten der Arbeiter mithilfe einer gewerkschaftlichen Organisation ausgetragen. Er dient der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung der Arbeiter. Ein erfolgreicher ökonomischer Klassenkampf ist somit Grundlage für einen Erfolg auch auf der politischen und ideologischen Ebene. Im Mittelpunkt steht die Erhöhung des Arbeitslohnes bzw. die Kürzung des Arbeitstages. Mit der Dauer des ökonomischen Klassenkampfes erhöht sich der Grad an innerer Organisation sowie an Klassenbewusstsein. Doch auch wenn dies Grundlage für einen erweiterten Klassenkampf ist, so darf man nicht auf dieser Ebene stehen bleiben. Bleibt man im ökonomischen Klassenkampf stehen, so endet man bei Reformismus und Opportunismus, sprich bei der rechten Sozialdemokratie.
Die zweite Ebene bildet die Politik. Dies ist die alles entscheidende Ebene, denn nur hier kann die Diktatur der Bourgeoisie gestürzt werden und durch eine die des Proletariats ersetzt werden. Das politische Ziel jeder proletarischen Bewegung muss die Eroberung der politischen Macht für die Arbeiterklasse sein. Erst dann kann die Arbeiterklasse auch ökonomisch befreit werden. Der politische Klassenkampf kennt viele Formen, z.B. Demonstrationen, Protestkundgebungen, politische Streiks, Wahlen, parlamentarische Arbeit, Generalsstreik und bewaffneten Kampf. Welche Formen des Kampfes wann angewandt werden müssen, das herauszufinden ist Hauptaufgabe der revolutionären Arbeiterpartei.
Die dritte Ebene ist die des ideologischen Kampfes. Die Aufgabe der proletarischen Bewegung hier ist es, den Druch und Einfluss bürgerlicher Propaganda, z.B. in den Medien, zurück zu drängen. Desweiteren kommt es hier auch auf den Grad des Klassenbewusstseins an. Die Arbeiterklasse muss sich ihrer historischen Mission bewusst und somit mit dem Marxismus vertraut sein. Auch dies kann als Aufgabe der Arbeiterpartei verstanden werden, aber ebenso ist es Aufgabe der revolutonären Intelligenz; denn nur sie ist aus zeitlichen und bildungstechnischen Gründen imstande, sich zuerst mit den Lehren des wissenschaftlichen Sozialismus vertraut zu machen.

Ökonomische & gesellschaftliche Entwicklung

Diensleistungsgesellschaft

Im Lauf des 21. Jh. verliert sich das Bild der Industriegesellschaft immer mehr zu Gunsten einer sg. „Dienstleistungsgesellschaft“. Damit soll ausgedrückt werden, dass nicht mehr industriell bedingte Fließbandarbeit im Kern des nationalstaatlichen Wirtschaftens steht, sondern die Erbringung von Dienstleistungen. Mit Dienstleistung wird all das bezeichnet, was kein materielles, neues Produkt zum Vorschein bringt und doch der Bedürfnisdeckung der Bevölkerung dient. Darunter fallen ärztliche Behandlungen, Werkstatt-Reparaturen, Telefon-Service, Restaurants, Hotels, Kino... Dienstleistungen gab es also schon immer, seit der Etablierung des Personal Computers aber in einem bedeutenderen Maße als zuvor.
Allerdings ändert dies nichts am Wesen des Kapitalismus. Die Arbeiter im Dienstleistungssektor -im bürgerlichen Sprachgebrauch gerne abgeschwächt als „Angestellte“ bezeichnet- müssen genauso ihre Arbeitskraft an ihren „Arbeitgeber“ verkaufen, wie ein Industriearbeiter auch. Es gibt nur zwei Unterschiede zwischen Industrie- und Dienstleistungssektor:
Im Dienstleistungssektor wird die psychische Arbeitskraft verbraucht, während es im Industriebereich eher die physische Arbeitskraft ist
Anders als im Industriesektor sind Produktion und Konsumtion der Ware im Dienstleistungssektor zeitlich identisch
Wir sehen, es besteht nur ein stofflicher Unterschied. Trotzdem bleiben Dienstleistungen Waren, die ausgetauscht werden – und damit ändert sich nicht das Prinzip kapitalistischen Wirtschaftens. Die Gesetze bleiben gleich.

Organisierung der Arbeiterbewegung

Gegen die Missstände des Frühkapitalismus (Verarmung trotz Arbeit, Kinder- und Frauenarbeit, gesundheitsgefährdende Arbeit, Arbeitszeiten jenseits der 12 Stunden) organisierte sich schon bald Widerstand. Teile der Intelligenz nahmen sich den Sorgen der Arbeiter an und setzten sich an die Spitze ihrer Bewegung. Gewerkschaften gründeten sich. Gewerkschaften sind organisierte innerbetriebliche Vertretungen der Interessen der Lohnarbeiter. Sie versuchen ihr Interesse nach Lohnerhöhung bzw. Arbeitszeitverkürzung durchzusetzen. Der Streik ist die mächtigste Waffe der Gewerkschaft in Lohnkämpfen gegen die Unternehmer. Diese Ziele und Mittel der Gewerkschaften sind bis ins 21. Jh. die gleichen geblieben.
Zusätzlich bildeten sich Arbeiterparteien. Besonders diese wurden von der Intelligenz angeführt und versuchten, die Interessen der Lohnarbeiter politisch und schließlich gesetzlich durchzusetzen.

Sozialstaat

Die Durchsetzung des Sozialstaates ist nicht Folge einer Ablehnung der sozialen Missstände vonseiten der herrschenden Elemente, auch der oppositonelle Druck der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften ist nicht primär für den Sozialstaat verantwortlich. Er entspringt vielmehr der simplen Logik, dass der Kapitalismus -will er möglichst reibungslos funktionieren- genügend Lohnarbeiter zu seiner Akkumulation benötigt.
Dies geschieht durch z.B. staatlich geregelte feste Arbeitszeiten, Mindestlöhne, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, aber auch durch die Errichtung staatlicher Krankenkassen und den Ausbau öffentlicher Krankenhäuser. Der Sozialstaat sorgt demnach dafür, dass Arbeiter, wenn sie krank, vorübergehend körperlich beschädigt oder arbeitslos sind, trotzdem in arbeitsfähigen Zustand erhalten bleiben, sodass ihre Arbeitskraft erneut verwertbar wird.
Die finanziellen Mittel des Sozialstaates kommen aus Sozialversicherungsbeiträgen und Steuereinnahmen. Jeder Bürger zahlt an seinem Staat die nötigen Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Leistungen; Leistungen, die zur Reproduktion und somit zur kapitalistischen Produktionsweise notwendig sind.
Eine ebenso wichtige Funktion des Sozialstaates ist die Disziplinierung des Arbeiters: Leistungen des Arbeitslosengeldes oder der Rente hängen vom vorherigen Lohn ab, Auszahlung des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe hängen von den Bemühungen ab, wie sich der Arbeitslose aktiv selbst um Beschaffung von einem neuen Arbeitsplatz bemüht. Der Sozialstaat entbindet nicht, sondern fördert noch den Zwang des Proletariers zum Verkauf seiner Arbeitskraft an einen Privateigentümer.

Übergang zum Sozialismus


Der Kapitalismus schafft mächtigere Produktivkräfte als alle früheren Produktionsweisen zusammengenommen, erhöht die gesellschaftliche Produktivität der Arbeit bedeutend und verwirklicht die gesellschaftliche Produktion im großen Maßstab. Er brachte die modernen Wissenschaften hervor. Die von der Bourgeoisie verkündeten Ideen der Freiheit der Persönlichkeit offenbarten sich in der gesellschaftlichen Praxis jedoch als die Freiheit des kapitalistischen Wirtschaftens. Die Idee der Gleichheit aller Bürger trat als die Gleichheit aller Warenbesitzer in Erscheinung, die Idee der Brüderlichkeit aller Menschen als Kampf aller gegen alle. Der Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen spitzen sich schließlich so zu, dass seine Lösung objektiv unerlässlich wird. Der Kapitalismus muss gesetzmäßig vom Sozialismus abgelöst werden. Diese Ablösung zu vollziehen ist die historische Mission der Arbeiterklasse.

Montag, 11. Oktober 2010

Historischer Materialismus (3/6)

III.)Die Feudalgesellschaft des Mittelalters, in der das Lehenswesen und die Leibeigenschaft die Bauern als unterster Stand zugunsten einzelner Feudalherren ausbeuteten. Die Bauern hatten zwar Existenzrecht, aber keine Grundrechte. So genügte es, wenn der besitzende Feudalherr seine Abhängigen am Leben erhielt. Fließender Übergang zum Kapitalismus.

Der Mangel an weiteren Arbeitskräften infolge dem Ende der Eroberungsfeldzüge Roms und die Vernichtung des freien Bauerntums durch die Sklavenwirtschaft sind verantwortlich für die nächsthöhere Entwicklungsebene des menschlichen Zusammenlebens. Die materiellen Ansprüche der römischen Oberschicht konnten nichtmehr befriedigt werden, woraus sich erschließen lässt, dass dieser wirtschaftliche Rückgang auch verantwortlich ist für die geistig-kulturelle Rückentwicklung. Der grobe zeitliche Rahmen für den Feudalismus europäischer Art erstreckt sich vom 6. Jh. bis zum 15. Jh., wovon sich die letzten Reste aber erst in Frankreich 1789, in Deutschland im 19. Jh. und in Russland erst 1917 auflösten.

Ökonomische Basis

Der Start in das Feudalsystem ist geprägt von Versorgungsengpässen, Verarmung auch bisher reicher Landstriche, einem Massenelend sowohl auf dem Land als auch in der Stadt und der Völkerwanderung, welche zwar Produkt dieser Entwicklung ist, diese Entwicklung damit aber nochmal verschlimmerte.
Die Produktion konzentrierte sich -wie die vorherige Entwicklungsstufe auch- auf die Landwirtschaft.
Als Reaktion auf die neuen Verhältnisse warben zahlreiche Großgrundbesitzer Bauern an, die auf ihrem Gebiet wirtschaften konnten und die den Bauern die Pflicht zum Kriegsdienst nahmen. Als Gegenleistung sollten diese „Kolonnenbauern“ einen bestimmten und vorher festgelegten Anteil an ihrer Ernte und Erzeugnisse an den Großgrundbesitzer ihres Gebietes abgeben. Die Feudalherren hatten also Verfügungsgewalt über die Bauern. Die Abgabenleistungen wurden so gelegt, dass der Bauer all das behalten durfte, was er über die erforderten Abgaben hinaus produziert hatte. Dieser Anreiz ist mit Ursache für die Produktivkraftssteigerung in der Hochphase des Mittelalters.

Nachdem sich die Abhängigkeit vom landlosen Bauern zum Feudalherren etabliert hatte, wurde die Fronarbeit eingeführt. D.h. die Bauern mussten zusätzlich zur Bewirtschaftung ihren eigenes Ackerfeldes und der damit verbundenen Abgabe auch noch (unter Aufsicht) auf dem Ackerfeld ihres Grundherren arbeiten. Die Erträge hierraus gingen ausschließlich an den Feudalherren. Die Leibeigenschaft ist der Ausdruck dieser feudalen Produktionsverhältnisse.
Etwas komplexer ist das System des Lehenswesen gewesen. Der König verlieh Grundbesitz und Ämter an Herzöge, Grafen, Bischöfe und Äbte (Kronvasallen) und stand ihnen mit Rat und Hilfe, Schutz und Treue zur Seite.
Dagegen leisteten die Kronvasallen dem König Hof-, Amts- und Kriegsdienste und Treue. Die Kronvasallen konnten Königsgüter, Ämter und Eigenbesitz an kleinere Vasallen (Untervasallen) weiterverleihen. Diese Untervasallen schworen nur dem unmittelbaren Lehnsherren den Treueid, nicht aber dem König. Sie leisteten den Kronvasallen Amts- und Kriegsdienste und Treue. Die unterste Stufe bildeten die Abhängigen (leibeigene Bauern und Knechte), die von den Untervasallen Land, Schutz und Treue erhielten. Im Gegenzug leisteten sie denjenigen Frondienste, Naturalabgaben und Treue. Die so entstandene Rangordnung war vielfach abgestuft und ungenau bestimmt, sie wird meistens mit einer Lehnspyramide (An ihrer Spitze steht der König, eine Stufe unterhalb folgen seine Kronvasallen, also Herzöge, Grafen, Bischöfe und Reichsäbte. Ein weitere Stufe darunter befanden sich die sogenannten Aftervasallen [Ritter, Ministerialen, Äbte]. Ganz unten befanden sich die Bauern in Form von freien, hörigen und leibeigenen) dargestellt. Ein Personenverband mit vielfältigen Bindungen, an dessen Spitze der König stand, hatte sich gebildet. So war der fränkische Feudalstaat zu einem Lehnstaat und zu einem Personenverbandsstaat geworden. Heerwesen und Verwaltung konnten fast nur noch über den Abschluss von Lehnsverträgen realisiert werden. Gleichzeitig beruhte der Staat nicht primär auf der Herrschaft über ein Gebiet, sondern über einen Verband von Personen.

Die Geldwirtschaft fand im Mittelalter wenig Bedeutung, es herrschte vorwiegend Naturalwirtschaft.
In den im Spätfeudalismus kolonialisierten Gebieten außerhalb Europas kam es zu einem Coming-Back der Sklavenarbeit, welche bis weit in den Frühkapitalismus hineinwirkte.

Feudale Klassengesellschaft

Das wirtschaftliche Leben während des Mittelalters fand zum größten Teil auf dem Land statt. Dort standen sich die ausbeutende Herrschaftsklasse (Krone, Adel, Klerus) der Großgrundbesitzer der ausgebeuteten, arbeitenden Klasse der Bauern als antagonistische Klassen gegenüber. Bemerkenswert ist, dass in dieser Epoche das Eigentum an Grund und Boden und später das persönliche Besitzrecht ausschlaggebend ist für die feudalen Herrschaftsverhältnisse (Leibeigenschaft und Lehenswesen). Die agrarischen Produktionsmittel befanden sich teils in Besitz der Großgrundbesitzer, teils aber auch im Besitz der werktätigen Bauern – ein gewaltiger sozialer Fortschritt im Vergleich zur antiken Sklavengesellschaft. Dies hatte zur Konsequenz, dass die Bauern erstmals an der technischen Fortentwicklung ihrer Produktionsmittel interessiert und bereit waren, diese zu fördern.

Die ökonomisch herrschende Klasse ist identisch mit der politisch herrschenden Klasse. Zu ihr gehörten König, Adel und Klerus (zusammengefasst in „Feudalherren“). Der König wiederum erhielt eine extra Stellung an der Spitze der Gesellschaftspyramide, seine Interessen standen meist in Widerspruch zu den Interessen des Adels und des Klerus.

Die Adligen bzw. die Kronvasallen betrachteten das Lehen als ein Besitzrecht und nicht mehr wie im ursprünglichen Sinn als ein Amt mit festgelegten Diensten und Pflichten. Neben den Lehen besaßen die Adligen auch eigene Ländereien (Allod). Der Adel stellte eine wesentliche Stütze der königlichen Macht dar. Er hatte das „gottgewollte“ Vorrecht zur Herrschaft über niedrigere Gruppen. Der König konnte aufgrund des Lehneides durch den Adel über das Volk herrschen. Diese Form des Herrschens war nötig, da es keine Verwaltungsorganisation im Reich gab. Der Adel dominierte seit dem 8. Jahrhundert in hohen kirchlichen und weltlichen Ämtern.
Desweiteren gab es die Schicht der Untervasallen, welche zumeist die Funktion eines Ritters hatten. Die Anfänge des Rittertums liegen im 9. Jahrhundert. Die Ritter gewannen als Beschützer und Verteidiger der Landbevölkerung an Bedeutung. Sie wurden damals noch als wild, ungestüm und ohne jede Mäßigung bezeichnet. Mitte des 11. Jahrhundert wandelte sich das Bild des Ritters zum Positiven, wobei die Beschreibungen in der Dichtung auch nicht der Wirklichkeit entsprachen, sondern nur das Ideal des Ritters wiedergaben, welches es nur selten gegeben hat.
Unter dem Einfluss der Kronvasallen (z.B. Fürsten) traten die Ritter in den Dienst für Gott, den König oder den Kaiser. So entstand das Leitbild des christlichen Ritters, welcher zur Zeit der Kreuzzüge die Verteidigung des christlichen Glaubens gegen die Heiden zu seinem Lebensinhalt machte, ebenso wie den Dienst für die Lehnsherrn. Zum Ritter wurde man gemacht, indem man als Sohn eines Adligen im Alter von 10 Jahren in die Hände eines Edelmannes gegeben wurde. Dieser unterwies den Jungen im Umgang mit den Waffen und im höfischen Benehmen. Bewährte er sich im Turnier, Krieg oder in der Jagd, wurde er im Alter zwischen 10 und 25 Jahren zum Ritter geschlagen.

Die ländliche Bevölkerung machte ca. 75 bis 80 % der Gesamtbevölkerung aus. Die Masse von ihnen bestand aus unfreien Bauern. Ihr Leben war gekennzeichnet durch harte Arbeit und ständige Existenzangst. Der Frondienst für die Untervasallen musste unabhängig vom Erfolg der Ernte geleistet werden. So konnte eine schlechte Ernte, z.B. aufgrund eines Naturereignisses, die Einkünfte einer Bauernfamilie unter das Existenzminimum sinken lassen. Der Bauer blieb vertraglich festgeschrieben sein ganzes Leben in Abhängigkeit zu einem Grundherren oder seines Nachfolgers.
Die Bauern konnten aber nicht -im Gegensatz zur Antike- selbst als Waren behandelt werden.
Man unterteilt die feudale Bauernklasse nocheinmal in drei weiteren Ständen. Die freien Bauern, welche nur eine geringe Minderheit waren, konnten unabhängig von einem Herrn wirtschaften, sie besaßen Grund, Boden und Produktionsmittel selbst. Die hörigen Bauern waren diejenigen, welche auf dem Grund & Boden eines adligen Gutsherren wirtschaften und dafür Abgaben leisten mussten. Die unfreien Bauern allerdings waren „Leibeigene“, d.h. sie mussten zusätzlich zu den Abgabenleistungen noch Frondienst leisten -also auf der landwirtschaftlichen Fläche des Herrn selbst ohne Verdienste arbeiten-, waren völlig rechtlos, durften ohne Zustimmung ihres Grundherren weder die Grundherrschaft wechseln, noch heiraten oder als Zeugen vor Gericht aussagen.

Erst später (ca. ab dem 11./12. Jh.) entstand zeitgleich mit der Herausbildung der Städte das Bürgertum. Als Bürger bezeichnete man deshalb ursprünglich einen Stadtbewohner. Man differenzierte zwischen den „burgaere“, welcher alle politischen Rechte besaß, und dem „medewoner“ (Einwohner), welcher keine politischen Rechte besaß. Alle Stadtbewohner waren aber im Gegensatz zu der Landbevölkerung frei. Löste sich eine Person aus der Landbevölkerung von seinem Grundherren und wanderte ab in die Stadt, so konnte er das Bürgerrecht erlangen, vorausgesetzt sein Grundherr machte keine Ansprüche geltend. Um seine persönliche Freiheit zu erlangen musste er im allgemeinen ein Jahr und ein Tag in der Stadt leben („Stadtluft macht frei“). Das volle Bürgerrecht erlangte er jedoch erst, wenn er den Bürgereid leistete und sich verpflichtete seine bürgerlichen Pflichten zu beachten.
Speziell behandelt werden muss der Stand des Handwerkers, auf dessen die Klasse des Bürgertums basierte. Die Handwerker waren freie Leute. Zunächst hatte es in der Stadt nur solche Handwerker gegeben, die auch auf dem Lande vorhanden waren: Schmiede, Drechsler, Böttcher, Lederarbeiter. Je weniger sich aber die Städter um ihre Äcker vor den Toren kümmerten, desto mehr kam das Nahrungsmittelgewerbe auf: Bäcker, Brauer, Fleichhauer. Da die Kaufleute ihren Reichtum immer mehr auf der Straße zeigten, wurden Weberei und Bekleidungsgewerbe zunehmend wichtiger. Als die Städte selbstständiger geworden waren und für ihre Ruhe und Freiheit sorgen mussten, wurden auch die Metallhandwerker, die Messerschmiede, Helmschmiede, Bogner, Panzerschmiede, Huf- und Nagelschmiede wichtiger und zunehmend wohlhabender. Durch diesen Aufschwung stieg auch die Zahl der Handwerker in den Städten. Je größer die Städte wurden, desto weniger beschränkten sich die Handwerker darauf, nur das herzustellen, was gerade ein Kunde bei ihnen bestellt hatte. Sie begannen auf Vorrat zu arbeiten und wollten ihre Waren wie die Kaufleute auch auf dem Marktplatz verkaufen dürfen. Dabei stießen sie auf erheblichen Widerstand seitens der Patrizier, d.h. des Orts- und Ministerialadels.
Dagegen schlossen sich die Handwerker zu Zünften zusammen, wobei die Stadtregierungen zunächst vergeblich versuchten, sie zu verbieten. Schließlich, nach teils blutigen Kämpfen, einigten sie sich darauf, dass sich die Zünfte der Stadt gegenüber verpflichteten, den Bürgern für einen „gerechten Preis“ nur „gute Ware“ zu liefern. Im Gegenzug durfte der Bürger seine Ware nur bei den städtischen Handwerkern kaufen.
Im 14. Jahrhundert beanspruchten die Zunftmeister ihren Platz im Rat der Stadt. In manchen Städten gab der Rat nach und die Zünfte erhielten einen Anteil am Stadtregiment. In anderen Städten suchte der Geschlechteradel sich im Alleinbesitz der Macht zu behaupten. Dabei kam es zu Kämpfen, die oft mit Massenhinrichtungen oder Austreibungen endeten. In den Städten Oberdeutschlands und an Main und Rhein, deren Reichtum zum größten Teil dem Gewerbefleiß der Handwerker zu verdanken war, siegten meistens die Zünfte. In den Hansestädten Norddeutschlands behielt das kaufmännische Patriziat das Regiment.
Der Vollständigkeit wegen hier auch eine kurze Beschreibung des sg. Fahrenden Volkes, welches für die Entwicklung im Mittelalter aber keine Rolle spielte. Vagabunden wurden ungeachtet ihrer unterschiedlichen Herkunft und den verschiedenen Gründen für ihr Wanderleben als fahrendes Volk oder fahrende Leute bezeichnet. Eine wichtige Gruppe unter den Fahrenden waren die wandernden Berufsleute, wie Sänger, Spielleute, Schausteller, Herolde und Gaukler, Quacksalber und Chirurgen. Sie zogen von Stadt zu Stadt und verdienten ihren Lebensunterhalt auf den Märkten. Mit ihnen zogen Prostituierte, die so genannten fahrenden Frauen und Töchter. Zeitweise ortsansässig waren dagegen emigrierende Handwerker wie Kessler und Hafner sowie Vertreter von Bauberufen wie Steinhauer und Steinmetzen. Ebenfalls nur temporär auf Reisen waren Fernkaufleute und Markthändler sowie Gesellen.

Die Geburt bestimmte die soziale Stellung, ein Wechsel zwischen den einzelnen Ständen war nicht möglich (Ausnahme: entlaufene Bauern konnten Bürger werden).

Ökonomische Entwicklung

Die erste große wirtschaftliche Errungenschaft war die Einführung der Dreifelderwirtschaft. In der Dreifelderwirtschaft wurde ein Ackerfeld periodisch abwechselnd mit Sommergetreide, Wintergetreide und Brache bewirtschaftet, was die Bodenfruchtbarkeit und damit auch die Produktivität enorm steigerte. Zusätzlich sind technische Neuerungen für eine gewaltige Ertragssteigerung verantwortlich, welches den Grundstein legte für ein anschließend einsetzendes Bevölkerungswachstum.
Einen großen Sprung machte die regionale Arbeitsteilung. Diese führte zu einer regional abgegrenzten Warenproduktion. Lebensmittel wurden auf dem Land produziert, während sich die handwerkliche Produktion auf die Städte beschränkte.
Die Vorstufen des Kapitalismus entwickelten sich deutlich heraus: Als ausschlagebend gilt das enorme Anwachsen des Handelskapitals nach der Eroberung Konstantinopels durch Venedig (1204), das damit verbundene Aufkommen neuer Handelsverkehrswege nach Asien und das Aufkommen neuer Märkte in den Städten. Die gestiegene agrarische Arbeitsproduktivität war die materielle Grundlage zum Aufstieg des Handels. Mitentscheidend war auch die Verdrängung (handels-)kulturfeindlicher Zivilisationen wie die Sarazenen im Süden und die Wikinger im Norden.
Das mittelalterliche Handelsdreieck meint den Handel zwischen dem Tuch-Produktionszentrum in Großbritannien und den Niederlanden, der Handelsstädte Venedig und Genua sowie den Handelsstädten der Deutschen Hanse (z.B. Bremen, Hamburg, Danzig, Lübeck, Rostock). Zentraler Bezugspunkt des mittelalterlichen Handels war aber bis zur Eroberung durch die Türken 1453 Konstantinopel. Selbst Skandinavier trieben mit der Stadt über russische Flüsse Handel.
Hierraus resultiert auch die stets steigende Bedeutung der Geldwirtschaft. Lieferung und Bezahlung konnten nicht immer zeitlich identisch sein, sodass das Aufkommen der Kreditwirtschaft die passende Lösung zu sein schien. Bald schon wurden auf Kredite Zinsen veranschlagt, um den Gläubiger für die Wartezeit zu entschädigen. Die Folgen nahmen ihren Lauf: In Italien gründeten sich die ersten Banken. Für den besonders gefährdeten Schiffsverkehr entstanden Versicherungen. In Norditalien formten sich auch erste Börsen heraus. Staatspapiere (Schuldscheine von Staaten) mit einem Anteil an einer Handelsgesellschaft oder einem Bergwerk waren die Vorläufer der Aktie.

Wie bereits oben angekündigt, entwickelte sich neben der klassischen Schichten der Feudalherren und der Bauern eine neue Schicht heraus: Das städtische Bürgertum. Diese bestanden aus hauptsächlich Kaufleuten und Handwerker.
Innerhalb der Stadt entwickelte sich das Handwerk. Die Struktur des Handwerks ist bereits mit heutigen kapitalistischen Strukturen zu vergleichen: Ein Meister bschäftigte mehrere Gesellen, welche-solange sie keine Aufstiegsmöglichkeiten hatten- zu der Vorgängerschicht des modernen Proletariats gehörten. Der Gewinn kam sowohl durch Monopolpreise (Zünfte konnten das Angebot soweit regulieren, dass der Preis höher gehalten werden konnte als die Produktionskosten) als auch bereits durch Mehrwert zustande.
Ebenso entwickelte sich der Stand der Kaufleute, welcher sich aber auf das des Handwerks gründete. Neben der Organisation in Zünften fand Handwerk vorallem in der Form der Heimarbeit statt. Kaufleute vesorgten diese nun kostenlos mit den nötigen Ressourcen, wofür diese sich aber auch das fertige Produkt kostengünstig erwerben und anschließend weniger kostengünstig weiterverkaufen konnten. Während des Produktionsprozesses waren die Heimarbeiter quasi Schuldner der Kaufleute. Verstärkt wurde dieser Prozess durch die allgemeine Einführung des stehenden Heeres Ende des 15. Jh. Lokal begrenzt enstand eine große Nachfrage, was vor allem Kaufleuten nutzte, welche die benötigten Waren von Handwerkern kauften und an den Armeen gewinnbringend weitergaben. Desweiteren konnten Kaufleute ressourcenreiche Gebiete von Fürsten pachten, soweit diese bei ihnen verschuldet waren. Charakteristisch für diese Phase des Spätfeudalismus war die Monopolpreisstellung einzelner Kaufleute. Typische Produkte, die durch Kaufleuten gehandelt wurden, waren Textilien, Gegenstände staatlichen Militärbedarfs, Getreide und Schlachtvieh für urbane Gegenden, die nicht durch die angrenzende Landwirtschaft ausreichend versorgt werden konnten, später auch Sklaven für Kolonien besonders in Amerika. Nicht umsonst wird die Phase des Spätfeudalismus auch als Phase des Handelskapitalismus bezeichnet.

Im Spätfeudalismus entwickelten sich die Manufakturen heraus. Diese waren ähnlich organisiert wie moderne Industriebetriebe, aber arbeiteten ohne den Einsatz von durch Wasserkraft, Dampf oder Elektrizität angetriebene Maschinen. Die Produktion beschränkte sich also auf die reine Form der Handarbeit. Allerdings entwickelte sich hier bereits die heute typische Form der Arbeitsteilung. Arbeiter fertigten von Hand Teile des Produkts bzw. fügten anschließend die Teile des Produkts zu dem Gesamtprodukt zusammen.
Mit dieser Produktvkräfteentwicklung in den Städten bildete sich eine ausgeprägte Form der Warenwirtschaft heraus, die zunehmend wieder auf der Geldwirtschaft basierte.

Zwei Momente bedingten einen enormen Rückgang der feudalen Produktivität: Der um 1300 u.Z. einsetzende Klimawandel und die Pest. Beide sorgten für einen Bevölkerungsrückgang und demnach auch Arbeitskräfterückganges, was auch die Abgaben als Lebensgrundlage des Adels verminderte. Mit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 wurde zudem auch der Handelsweg nach Asien versperrt.
Ab dem 16. Jh. ging die Produktivität allerdings wieder bergauf: Die Erfindung des Spinnrades, des Webstuhles sowie die Anwendung von Baumwoll-Technik trug zu einer enormen Produktivkrafterweiterung bei. Passend hierzu konnten durch Entdeckungen auf geographischer Ebene neue Absatzmärkte und neue Handelsmöglichkeiten hinzugewonnen werden.

Ideologischer Überbau


Die bekannteste politische Herrschaftsform des Feudalismus ist der Absolutismus, welcher sich im Spätfeudalismus bildete und bis zum Frühkapitalismus überdauerte. Er ist das notwendige Produkt der ökonomischen Entwicklung, welche neue Anforderungen an das gesellschaftliche Zusammenleben stellte. Die Zersplitterung der politischen Landschaft in unzählige Klein- und Kleinststaaten mit eigenen Steuern, Zöllen und Abgaben, eigenen Gesetzen und eigenen Währungen verhinderten die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Die permanente Kriegsführung zwischen den europäischen Königshäusern -mit dem 100jährigen Krieg als Höhepunkt- machte eine zentrale Staatsgewalt notwendig, um die Kosten für Militär und Kriege finanzieren zu können. Vorformen des modernen Steuersystems etablierten sich, der Staat wiederum verschuldete sich bei reichen Privatpersonen.
Da der Einfluss des Adels aufgrund des Aufkommens des städtischen Bürgertums und des Strebens der Bauern nach Unabhängigkeit zu schwinden drohte, war dieser bereit, eine zentrale Staatsmacht zu etablieren, welcher seine ökonomischen Herrschaftsansprüche besser durchsetzen und verteidigen konnte – auch unter dem Eingeständnis der politischen und militärischen Hegemonie an die Krone.
Das Kennzeichnende des Absolutismus ist, dass der Monarch den Gesetzen nicht unterworfen ist („legibus absolutus“), da er von Gott eingesetzt worden und damit auch nur vor Gott verantwortlich sei (Gottesgnadentum). Das Staatsgebilde modernisierte sich, der Staat umfasste nunmehr ein geschlossenes Gebiet, eine zentrale Staatsgewalt, einem entsprechenden „Staatsvolk“ und mitunter auch eine einheitliche Religion. Zentrale Merkmale des Absolutismus waren:
→ allein verkörpert durch einen König; rechtlich unbeschränkte Fürstenherrschaft
→ organisiert durch neue Institutionen und einen ausgeprägten Beamtenapparat
→ Bildung einer „höfischen Kultur“, die sich durch Glanz, Luxus und Wohlstand auszeichnete
→ Absolutismus zielt auf Rationalität und Effektivität ab
→ Geld- statt Naturalwirtschaft, Steuern als Grundeinnahmemittel für Staaten
→ Konflikt zwischen weltlichen und geistlichen Kräften; religiöser Einfluss auf die Politik
→ regionale Instabilität: Fürsten rangen um regionalen Machtzuwachs, Volksaufstände bei z.B. Missernten, überhöhte Steuern und Arbeitslosigkeit
→ stetiger Konflikt zwischen König und Adel um Machtverhältnisse in der Frühphase des Absolutismus
→ keine städtische Selbstverwaltung
→ keine Gewaltenteilung, der Absolutist hatte stets die volle juristische Kontrolle und bestimmte das Rechtssystem willkürlich (Zentralisierung der Staatsgewalt)
→ keine Religionsfreiheit
→ stehendes, großes Militär als Machtsicherung nach Innen und Außen
→ Rüstung erhielt Prioritätsstellung, Militär war modern und schlagkräftig
→ Einschränkung des adeligen Einflusses auf das Militär, Kontrolle bei König und Kriegsminister
→ Streben nach territorialer Expansion und kontinentaler Hegemonie durch Eroberungsfeldzüge
→ Förderung der nationalen Kultur als Spiegelbild für den absolutistischen Herrscher („französische Klassik“)
→ Prunksucht und architektonischer Größenwahnsinn (Schloss von Versailles)
→ Trennung von Staat und Gesellschaft
Zwei europäische Staaten unterschieden sich seiner politischen Organisation nach vom klassischen Absolutismus: Die Niederlande waren von Ende des 16. Jh. bis zu Beginn des 19. Jh. eine plutokratische Republik, d.h. ein kleiner Teil der Handelsbourgeoisie leitete die Regierung. Ausnahmekandidat Nummer zwei ist Großbritannien, welches zwar auch eine Monarchie war, aber mit Parlamentsherrschaft seit 1688 und eine schnell verbürgerlichten Adelsschicht.
Seit der Reformation durch Martin Luther vermehrten sich Religionskonflikte, der 30jährige Krieg war insbesondere für Deutschland als zentrales Schlachtfeld der internationalen Heerscharen der traurige Höhepunkt. Da entsprechende Religionszugehörigkeit seitdem staatlich erzwungen wird, bildet die Reformation indirekt den Anfang der Diskriminierung und z.T. Verfolung der jüdischen Minderheit.
Wie bereits beschrieben, gründete sich der absolutistische Staat vorallem aufgrund finanzieller Interessen. Erstmals entwickelte der Staat deshalb auch eine spezielle Wirtschaftslehre, den er während seiner gesamten Existenz konsequent verfolgte. Diese absolutistische Wirtschaftslehre nennt sich Merkantilismus.

Der Merkantilismus beschreibt zwei Grundsätze: Handelsförderung und Gewerbeförderung.
Durch massive staatliche Eingriffe in die Wirtschaft wurde versucht, eine aktive Handelsbilanz zu erzielen, das heisst, es sollte durch Handel mit dem Ausland mehr eingenommen werden, als ausgegeben werden wird. Dabei war man sich bewusst, dass es sich um ein Nullsummenspiel handelte, denn was der eine mehr einnahm, nahm der andere weniger ein. Aufgrund diese Gegebenheit stieg das Konfliktpotenzial zwischen Staaten, Kriege häuften sich. Charakteristisch für diese Wirtschaftsepoche waren:
→ Erhöhung der Attraktivität nationaler Warenangebote & handelsbelebende Maßnahmen
→ Erhöhung des staatlichen Anteils an Steuerzahlungen gegenüber dem Steuerpächter
→ Ziel: Geordneter Staatshaushalt, um langfristige Planungen zu ermöglichen
Handelsförderung wurde erreicht durch: Verbesserung der Infrastruktur, Auflösung von Binnenzollen, hohe Einfuhrzölle für ausländische Produkte, Begünstigung von Rohstoffeinfuhr, Benachteiligung für Rohstoffausfuhr, Gründung und Förderung moderner Manufakturen, massive Unterstützung für Neuunternehmer, Kolonialisierung zur Verbreitung der eigenen Rohstoffe.
Allerdings hatte die merkantilistische Wirtschaftspolitik eine Reihe von negativen Folgen, welche die Ablösung des Merkantilismus durch bürgerliche Wirtschaftsformen zur Folge hatte:
Die Schere zwischen Armut und Reichtum breitete sich aus. Während wirtschaftsdenkende Bürger Aufstiegsmöglichkeiten genossen, lebte der Großteil der Bevölkerung ab nun an der untersten Grenze des Existenzminimums, da es keinen sozialen Ausgleich für die Landwirtschaft oder den Opfern von Missernsten und Kriegsfolgen gab.
Auch war zwar das eigentliche Ziel, die Wirtschaftskraft bzw. den Geldzufluss theoretisch zu erhöhen, erreicht, doch wuchs die tatsächliche Staatsverschuldung um mehr als das zwanzigfache an. Gründe hierfür waren fehlerhafte Unternehmensprojekte, Förderung unrentabler Unternehmen, kein einheitlich-nationales Zollrecht, mehrfach ausgeprägte Korruption bei Steuererhebungen, übersteigerte Kriegspolitik.

Feudaler Klassenkampf

Während des Mittelalters änderte sich das Wesen der Stadt grundlegend. Im 13. und 14. Jh. explodierte die Anzahl der Stadtneugründungen förmlich. Eine Stagnation dieser Entwicklung fand erst im 15. Jh. statt, und zwar aufgrund der durch die Urbanisierung gefährdeten Stellung der herrschenden Klasse, dem Aufkommen der Pest und dem Wegfallen der profitablen Handelsroute Norditalien-Orient.
Verorgt wurde die Stadtbevölkerung von Abgaben der ländlichen Bauernklasse. Allerdings entstand innnerhalb der Stadtmauern eine neue produktive Schicht, welche die Grundversorgung der Stadt schon bald durch Gewinne und Investitionen sicherstellte: Das Bürgertum, bestehend aus Handwerkern und Kaufleuten. Die Städte, in denen dieser Prozess am Gewaltigsten zu Tage kam, wurden reichsunmittelbar, d.h. nur der Hoheitsgewalt des Königs/ des Kaisers unterworfen.

Ab der Hochphase des Mittelalters (~14. bis 16. Jh.) wurde die soziale Stellung des Bauern immer unerträglicher. Neben dem bereits beschriebenen Sinken der Produktivität und der Landflucht forderten die Grundherren eine immer wachsende Zahl an Abgaben, da sie sich durch verschiedene Kriege (u.a. Kreuzzüge) selbst verschuldeten. Die Konsequenz war, dass die Bauernklasse ein stets stärkeres Bewusstsein seiner sozialen Stellung erlangte und schließlich sich in gemeinsamen Aufständen gegen ihre Herren organisierte. Der Höhepunkt dieser Bauernaufstände bildeten die Bauernkriege infolge der Reformation durch Martin Luther. Luther lehnte sich gegen die Katholische Kirche auf, welche zugleich der größte und mächtigste Grundherr war. Obwohl Luther nur eine religiöse Reformation wollte, lenkten die Bauern auch durch ihren religiösen Anführer Thomas Münzer die religiösen Forderungen in soziale Forderungen gegen ihre geistlichen wie weltliche Grundherren um. Der Bauernkrieg (1524-1526) begann. Mit religiösen Parolen und unter Führung einiger revolutionär denkenden Geistlichen forderten sie die Abschaffung der Hörigkeit sowie der Leibeigenschaft, da diese nicht mit den Aussagen des Evangeliums vereinbar seien. Zum Teil verbündete sich die Bauernklasse in dieser Zeit mit der armen Stadtbevölkerung und mit dem heruntergewirtschafteten, niederen Adel. Dieses Bündnis aber wies gegensätzliche Interessen auf, sodass keine Einheit entstanden konnte. Auch ließ es die mittelalterliche Infrastruktur nicht zu, dass sich ein flächendeckener Aufstand zentral steuern konnte. Die Aufstände blieben dezentral und verloren damit an Schlagkraft. Ein weiterer wichtiger wie simpler Faktor, warum der Aufstand relativ rasch niedergeschlagen werden konnte, ist, dass während des Kämpfens keine Zeit blieb, sein Feld zu bestellen. Die Nahrung wurde also knapp. Angesichts der Bedrohung der adligen Herrschaft haben sich die wichtigsten Adelsfamilien vereint, um den Aufstand gemeinsam niederzuschlagen.
Die Folgen waren „natürlich“ ebenso furchtbar wie grausam: Aufrüherische Dörfer wurden samt Bewohner niedergebrannt, die Anzahl der geköpften Revolutionäre ging in die Tausende. Der Bauernkrieg als die große Revolution des Mittelalters endete mit einer Niederlage der unterdrückten Bauernklasse. Trotzdem läutete der Bauernkrieg das Ende des Feudalismus in Europa ein, der Kapitalismus -in seinen Grundsäulen bereits sichtbar- übernimmt mehr und mehr das Zepter.

Übergang zum Kapitalismus

Wie wir gesehen haben, begannen sich Vorformen der kapitalistischen Geselschaft bereits ab dem 13. Jh. zu etablieren. Der gesamte Hoch- und Spätfeudalismus bildete entsprechend einen fließenden Übergang zum Kapitalismus. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Kapitalismus seinen Ursprung in Norditalien (Fugger-Konzern) und später in Großbritannien hat. Vorlage für den Kapitalismus bildete die Etablierung des Handelskapitalismus ab 1500, welcher nach der Endteckung und Kolonialisierung Amerikas sowie der Erschließung neuer Handelsrouten nach Asien (über den Kap der Guten Hoffnung) seinen Anfang nahm.
Die Entwicklung der Produktivkräfte vollzog sich nur sehr langsam, die Manufaktur war aber die logische Folge dieser Entwicklung.
Im Verlauf des Feudalismus erlebte die menschliche Entwicklungsgeschichte eine neue zeitliche Qualität. Die Bildung des nationalen und schließlich des globalen Marktes leutete das Zeitalter der Entdeckungen ein.
Die Staatsmacht begann sich zu zentralisieren. Der bürgerliche Staat knüpfte später an diese Zentralmacht des Staates an. Aus zersplitternden Fürstentümer wurden einheitliche Nationalstaaten.
Die Herrschaft des Landes über die Stadt wurde umgekehrt; am Ende des Feudalismus stand die Herrschaft der Stadt und die Abhängigkeit des Landes. Es bildete die soziale Vorraussetzung für die Ansiedlung der Indutrie.
Der Klassenkampf war nicht nur von zwei bestimmenden, antagonistischen Klasse geführt, sondern es entwickelte sich eine dritte Klasse, welche zu den beiden anderen Klassen zwar nicht antagonistisch, aber doch unterschiedlich stand: Das Bürgertum.
Am Deutlichsten zum Ausdruck kam der Umschwung von feudaler in bürgerlicher Gesellschaft natürlich in den bürgerlichen Revolutionen zum Ausdruck. Besonders die britische „Glorius Revolution“ von 1688, die Amerikanische Revolution 1775-1783 und die sich anschließende Französische Revolution 1789-1799 brachen fundamental mit der bestehenden Ordnung zugunsten einer liberalen Gesellschaft. In diesen Revolutionen übernahm das vorher von politischer Herrschaft ausgeschlossene Bürgertum die Staatsgewalt. Sie errichteten parlamentarische Verfassungsstaaten mit liberalen Grundprinzipien (Freiheit und Gleichheit), führten allerdings ein starkes Zensus-Wahlrecht ein, sodass man nur von einer semi-demokratischen Ordnung sprechen kann.